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1909.

Aus einer Parteitagsrede

Leipzig 1909

Die lebhafte Befürwortung einer zweckmäßigen und nachhaltigen Agitation unter der proletarischen Jugend findet die volle Zustimmung der Parteileitung und der Zentrale für die arbeitende Jugend Deutschlands. Liebknecht ließ durchblicken, daß man mit dem, was bisher geschehen sei, nicht überall zufrieden sei. Wir geben offen zu, daß bei der großen und schwierigen Aufgabe, die für uns vielfach noch neu ist, in der ersten Zeit Schwierigkeiten entstanden sind; Sie wissen auch alle, daß in organisatorischer Hinsicht uns durch das Vereinsgesetz große Schwierigkeiten bereitet worden sind, so daß hier eben wie überall gewisse Kinderkrankheiten überwunden werden müssen. Aber der Nürnberger Beschluß bezüglich der Jugendbewegung hat draußen im Lande bei allen unseren Parteigenossen freudigen Widerhall gefunden wie selten ein Beschluß unserer Parteitage. Und unser Bericht, aus dem sich ergibt, daß in kurzer Zeit an über 300 Orten Jugendausschüsse errichtet worden sind, tut dar, daß die Genossen mit Ernst und Eifer an die Ausführung unserer Beschlüsse gegangen sind. Dabei müssen Sie berücksichtigen, daß die Tätigkeit der Zentrale und der Jugendausschüsse eigentlich erst von Anfang d. J. ab datiert; zwei Drittel der Jugendausschüsse sind erst in den letzten Monaten gegründet worden. Die auf unsere Umfrage über die Tätigkeit der Jugendausschüsse eingegangenen Berichte aus etwa 160 Orten zeigen, daß sehr wohl auf dem beschrittenen Wege Erfolge erzielt werden können. Es sind in der verhältnismäßig kurzen Zeit an 36 Orten bereits Jugendheime errichtet, darunter allein 30 mit einer besonderen Jugendbibliothek. Über 327 Einzelvorträge sind gehalten worden. Unterrichtskurse sind an etwa 20 Orten eingerichtet, künstlerische Darbietungen an 67 Orten gegeben. Führung durch Museen und dergleichen fand in 34 Orten statt. Recht lebhaft war im Laufe des Sommers die Tätigkeit der Jugendausschüsse durch Veranstaltung von Ausflügen und Spielen im Freien, um die proletarische Jugend zu sammeln. Es sind weit über 500 derartige Ausflüge durch unsere Jugendausschüsse veranstaltet worden. Das ist ja gewiß noch herzlich wenig, aber wenn Sie die Schwierigkeiten und die kurze Zeit der Tätigkeit berücksichtigen, dann kann man mit dem Erfolg zufrieden sein. Man ersieht daraus, daß wir uns auf dem richtigen Wege befinden. Das zeigt am besten die Leserzahl der »Arbeiter-Jugend«. Im ersten Quartal hatten wir 25 000 zahlende Abonnenten, im zweiten Quartal über 28 000 und heute zirka 32 000. Also ein äußerst gesunder Fortschritt! Aus den Berichten der Jugendausschüsse geht auch hervor, daß die organisatorischen Schwierigkeiten gar nicht so groß sind. Nur müssen die Jugendausschüsse verstehen, die für die Jugendbewegung in Betracht kommenden Faktoren zusammenzufassen. Auch die Gewerkschaftssektionen haben sich überall den Nürnberger Beschlüssen angepaßt. Erfreulicherweise gehen diese vielfach dazu über, für ihre Mitglieder die »Arbeiter-Jugend« obligatorisch einzuführen.

Im übrigen kann ich auf die Anregungen für die Redaktion und Ausstattung der »Arbeiter-Jugend«, auch auf das, was Gradnauer über die von uns vorgeschlagenen Vortragsthemen gesagt hat, im einzelnen hier nicht eingehen. Wir sind dankbar für alle Anregungen, und die Jugendzentrale hat sich immer bemüht, Anregungen und Erfahrungen möglichst nutzbar zu machen. Ich bitte Sie daher, sowohl die Anregungen wie die Anträge der Jugendzentrale zur Erwägung zu überweisen; ich kann versichern, daß sie dort gründlich und objektiv geprüft und nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Eine Konferenz der Jugendausschüsse hat die Zentrale schon vor längerer Zeit in Aussicht genommen, sie muß aber gut vorbereitet sein, wenn sie fruchtbare Arbeit leisten soll. Es muß daher erst eine gewisse Zeit der Erfahrung hinter uns liegen. Über die Winterveranstaltungen, die ich für das Wesentlichste halte, haben die Jugendausschüsse bis jetzt nur wenig Erfahrung. Wir sind also bereit, sobald wie möglich eine Konferenz zu berufen, um die Erfahrungen der Praktiker entgegenzunehmen. Der erste Teil des Antrages 12 kann schon hier vom Parteitag angenommen werden, denn aus unserer Umfrage hat sich ergeben, daß Partei- und Gewerkschaftsorganisationen an den einzelnen Orten in der materiellen Unterstützung der Jugendausschüsse weit mehr leisten müssen, als sie bisher geleistet haben. Wenn die Annahme des Antrages hier eine Besserung bringt, dann ist das sehr zu begrüßen. Bezüglich des Preises der »Arbeiter-Jugend« geht Liebknecht wohl ebenso wie die Nürnberger von falscher Voraussetzung aus. Der Abonnementspreis beträgt 50 Pf., aber an die Jugendausschüsse, Organisationen und Wiederverkäufer wird sie zum halben Preise abgegeben. Wir knausern nicht, wir wollen keine Überschüsse aus der »Arbeiter-Jugend«, wir leisten selbstverständlich bei diesem geringen Preis erhebliche Zuschüsse. Ganz umsonst die »Arbeiter-Jugend« abzugeben, wäre aber nicht zweckmäßig, denn bei den großen Kosten ihrer Herstellung ist es notwendig, daß man durch einen geringen Preis Sorge trägt, daß sie zweckmäßig verbreitet wird. Alles in allem glaube ich sagen zu können, daß sich der Nürnberger Beschluß und die von der Zentrale zu seiner Ausführung getroffenen Maßnahmen bewährt haben und daß es wünschenswert ist, daß man überall im Lande kräftig Hand ans Werk legt, um diese Beschlüsse in die Tat umzusetzen.


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