Marcus Tullius Cicero
Von der Weissagung
Marcus Tullius Cicero

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51. Es folgt weiter. »Den Göttern sey Nichts unbekannt, weil Alles von ihnen bestimmt sey.« Wie sehr streiten aber dagegen noch Philosophen vom ersten Range, und sagen, die Zukunft sey gar nicht von den unsterblichen Göttern bestimmt! Aber »es ist für uns von Wichtigkeit, zu wissen, was sich ereignen wird.« Es gibt ein dickes Buch von Dicäarchus (worin er darthut), es nicht zu wissen, sey besser, als es zu wissen. Sie sagen, »es vertrage sich wohl mit der Würde der Götter.« Wirklich, in Jedermanns Hütte zu durchspähen, um zu sehen, was Jedem tauge! »Auch können sie das Künftige voraus wissen.« Das läugnen Die, welche annehmen, was geschehen werde, sey gar nicht unabänderlich voraus bestimmt. Siehst du also, daß Das als gewiß vorausgesetzt wird und als zugestanden, was zweifelhaft ist? Dann machen sie eine Wendung und schließen so: »Also gibt es entweder keine Götter, und dann deuten sie auch die Zukunft nicht an.« Das halten sie nämlich für nothwendig aus einander folgende Sätze. Dann kommt der Untersatz: »Es gibt aber Götter;« ein Satz der ihnen auch nicht allgemein zugegeben wird. »Also deuten sie die Zukunft an.« Nicht einmal Das folgt. Denn es kann Götter geben, ohne daß Dieselben die Zukunft andeuten. »Und deuten sie sie an, so geben sie natürlich auch Mittel zum Verständnisse der Andeutung.« Aber möglich bleibt immer, daß sie sie dem Menschen nicht geben, und doch haben. Denn warum sollten sie sie gerade den Tuskern geben, und den Römern nicht? »Und geben sie die Mittel, so ist falsch, daß es keine Weissagung 953 gebe.« Angenommen, die Götter geben die Mittel (was widersinnig ist); was hilft Das, wenn wir sie gar nicht erfassen können? Der Schluß ist: »Folglich gibt es eine Weissagung.« Mag Das ihr Schluß seyn, erschlossen ist es dennoch nicht. Denn aus falschen (Vordersätzen), wie wir von ihnen selbst gelernt haben, läßt sich nichts Wahres erschließen. Es ist also die ganze Folgerung umgestoßen.


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