Marcus Tullius Cicero
Von der Weissagung
Marcus Tullius Cicero

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923 27. Der Senat erhielt die Meldung, daß es Blut geregnet habe, daß ein Fluß von Blute geschwärzt geflossen sey, daß Götterbilder geschwitzt haben. Meinst du, solchen Nachrichten würde Thales oder Anaxagoras oder irgend ein Physiker Glauben geschenkt haben? Kann ja weder Schweiß noch Blut anders woher, als aus einem Körper kommen. Aber eine Verfärbung, besonders durch Bespülung irgend einer Erdart kann dem Blute ähnlich seyn, und eine von aussen angeschlagene Feuchtigkeit, wie wir bei'm Südwind an begypsten Wänden sehen, sieht ganz dem Schweiße gleich. In einem Kriege kommen dergleichen Dinge den Leuten häufiger und bedeutsamer vor, im Frieden werden sie weniger beachtet. Ueberdieß wird in (Zeiten) der Furcht und Gefahr so Etwas leichter geglaubt und ungestrafter erdichtet. Sollten wir aber so schwach und gedankenlos seyn, es für eine ausserordentliche Erscheinung zu halten, wenn Mäuse Etwas benagt haben, die ja sonst eben gar Nichts thun? Und wirklich erklärten vor dem Marsischen Kriege die Haruspices es für ein bedenkliches Vorzeichen, daß die Schilde zu Lanuvium, wie du vorhin sagtest, von Mäusen angenagt worden waren. Als 924 ob es nicht einerlei wäre, ob Mäuse, die Tag und Nacht an Etwas herumnagen, Schilde oder Siebe benagt haben. Denn wenn wir aus so Etwas Schlüsse ziehen wollen, so mußte ich, weil neulich in meinem Hause die Mäuse Plato's Republik benagten, wegen der Republik in Sorgen gerathen; oder, wenn Epicur's Buch von den Genüssen benagt worden wäre, müßte ich denken, die Lebensmittel auf dem Speisemarkt werden theurer werden.


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