Marcus Tullius Cicero
Von der Weissagung
Marcus Tullius Cicero

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10. Am Schlusse fügen sie noch bei, es werde, wenn man religiöse Gegenmittel ergreife, alles (Unglück) nicht so schwer ausfallen. Allein wenn Nichts geschieht, ausser was vom Schicksal verhängt ist, so erleichtern jene religiösen Mittel unmöglich Etwas. Das fühlt Homer, wenn er den Jupiter darüber klagen läßt, daß er seinen Sohn Sarpedon gegen den Willen des Schicksals dem Tode nicht entreissen könne.Cicero meint die Stelle Il. XVI, 433. f.; gibt aber, wahrscheinlich durch einen Gedächtnißfehler, die Sache etwas anders an, als sie ist. Und auf Dasselbe deutet auch der Sinn folgendes Verses eines Griechischen Dichters:

Des Schicksals Schluß steht höher selbst als Jupiter.Verse in diesem Sinne finden sich in den Fragmenten des Aeschylus und des Philemon, auch in einem Ausspruche des Delphischen Orakels bei Herodot. I, 91.

899 Auch ist überhaupt das ganze Schicksal, nach meiner Ansicht mit Recht, in einem Atellanischen Verse verspottet worden; doch in so ernsten Dingen ist der Scherz nicht an seinem Orte. Also zum Schlusse der Beweisführung: läßt sich von Dem, was durch Zufall geschieht, Nichts bestimmt voraussehen, daß es geschehen werde, weil es ja nicht bestimmt seyn kann; so gibt es keine Weissagung. Läßt sich aber (das Künftige) darum voraussehen, weil es fest bestimmt und vom Schicksal verhängt ist; so ist wiederum die Weissagung nichts. Denn du hast ihr ja die zufälligen Dinge als ihr Gebiet angewiesen. Doch das Bisherige magst du als ein Vorpostengefecht der leichten Truppen, als den Vortrab und ersten Anlauf meiner Einwendungen betrachten. Jetzt aber soll es an's Handgemenge und Haupttreffen gehen, und der Versuch gewagt seyn, die Flügel deiner Beweisführung zum Weichen zu bringen.


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