Marcus Tullius Cicero
Von der Weissagung
Marcus Tullius Cicero

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15. Doch selbst Das zugegeben, wenn du willst, wiewohl ich damit meine Sache sehr in Nachtheil setze, wenn ich irgend einen Zusammenhang der Natur mit den Opfereingeweiden zugebe: doch (sage ich) selbst Das zugestanden, wie trifft es sich, daß, Wer ein günstiges Zeichen erhalten will, ein zu seinen Zwecken passendes Opferthier wählt? Das war es eben, was ich für den unauflöslichsten Knoten hielt. Aber wie lustig wird er aufgelöst! Ich schäme mich, zwar nicht für dich (denn ich muß sogar dein gutes Gedächtniß bewundern), aber für den Chrysippus, den Antipater, den Posidonius, die eben gerade Das sagen, was du gesagt hast; es 905 leite bei der Wahl des Opferthieres eine gewisse Ahnungskraft und ein weissagerisches Vermögen, das durch die ganze Welt verbreitet sey. Das ist aber noch viel hübscher, was du auch vorgebracht hast, und Jene behaupten: wenn Einer opfern wolle, da ereigne sich eine Verwandlung der Opfereingeweide, so daß entweder Etwas fehlt oder zu viel ist, denn dem Einwirken der Götter sey Alles unterworfen. So Etwas, glaube mir, fällt nicht einmal alten Weibern ein anzunehmen. Meinst du denn also, wenn der Eine dasselbe Kalb auswählt, so werde er die Leber ohne Kopf finden, wenn es der Andere wählt, mit einem Kopfe? Kann sich dieses Verschwinden des Kopfes oder jenes Zunehmen nur so plötzlich ereignen, so daß sich das Opfereingeweide den Glücksumständen des Opfernden anpaßt! Seht ihr nicht ein, daß bei der Wahl der Opferthiere eine Art von Glückswurf Statt findet, besonders da es die Sache selbst erweist? Denn oft, wenn die Eingeweide ohne Kopf höchst ungünstig waren, fielen die Zeichen bei dem nächsten Opferthiere auf's erfreulichste aus. Wo bleibt dann die Drohung des frühern Eingeweides? oder wie sind die Götter so auf Einmal ganz versöhnt worden?


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