Marcus Tullius Cicero
Von der Weissagung
Marcus Tullius Cicero

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50. Siehst du, wie Epicur, dem die Stoiker Mangel an Scharfsinn und Bildung vorwerfen, durch eine Schlußfolge heraus gebracht hat, daß, was wir in der Natur das All nennen, unendlich sey? »Was endlich ist, sagt er, hat einen 951 Endpunkt.« Wer sollte Das nicht zugeben? »Was aber einen Endpunkt hat, das muß von einem andern aus von aussen gesehen werden können.« Auch Das muß man zugeben. »Aber was Alles [das All] ist, läßt sich nicht von aussen von einem andern aus sehen.« Auch Das läßt sich nicht einmal läugnen. »Da es also keinen Endpunkt hat, so muß es unendlich seyn.« Siehst du wie er auf einen (vorher) zweifelhaften Satz aus zugestandenen Vordersätzen gekommen ist? Das thut ihr Dialektiker nicht, ihr setzt nicht nur keine solchen Sätze voraus, die von Jedermann zugegeben werden müssen; sondern ihr nehmt Dinge (als erwiesen) an, aus deren Annahme sogar nicht einmal folgen würde, was ihr (erschließen) wollt. Eure erste Voraussetzung ist diese: »Gibt es Götter, so sind sie gegen die Menschen zum Wohlthun geneigt.« Wer wird euch Das zugeben? Etwa Epicurus, welcher behauptet, die Götter haben weder Sorge für eigene noch für fremde Angelegenheiten. Oder unser Ennius? der mit großem Beifall im Sinne des Volkes spricht:Die Tragödie des Ennius, aus der diese Verse genommen sind, heißt Telamon.

Immer sprach ich und werd' auch sprechen: Götter walten im Himmel hoch:
Doch sie kümmert, denk' ich, niemals, was das Menschenhäuflein thut.

Und dann gibt er gleich darauf den Grund an, warum er so denkt.In dem Verse:
Sorgten sie, ging's gut den Guten, schlimm den Schlimmen; doch Das fehlt.
Aber ich brauche den folgenden Vers nicht 952 beizusetzen. Ich begnüge mich bewiesen zu haben, daß Jene Etwas als ausgemacht annehmen, was zweifelhaft und streitig ist.


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