Marcus Tullius Cicero
Von der Weissagung
Marcus Tullius Cicero

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37. Ja auch jene Erregung ist ein Beweis von einwirkender göttlicher Kraft in den Menschenseelen. Sagt doch Democritus geradezu, ohne Raserei könne kein Dichter groß seyn; und desselben Ausdrucks bedient sich auch Plato. Mag er es immerhin eine Raserei nennen, wenn nur diese Raserei so gepriesen wird, wie sie in Plato's Phädrus gepriesen ist. Und wie verhält es sich mit euern gerichtlichen Reden? Ja, 848 kann selbst ein Schauspieler Kraft, Nachdruck, Redefülle entwickeln, wenn nicht das Gemüth selbst mehr als gewöhnlich aufgeregt ist? Oft sah ich ja selbst dich stark ergriffen, und (um auch Unwichtigeres zu berühren) an deinem Freunde Aesopus ein so feuriges Mienen- und Geberdenspiel, daß es schien, als hätte ihm eine ihn überwältigende Macht die Besinnung geraubt. Auch stellen sich zuweilen Gestalten dar, die an sich nichtig sind, aber doch in der Erscheinung vor die Seele treten. So Etwas soll dem Brennus begegnet seyn, und seinem Gallischen Heere, als er frevelhafter Weise den Tempel des Delphischen Gottes feindlich angriff. Da soll die Pythia begeistert ausgesprochen haben:

Da helf' ich, und die weisen Jungfrau'n helfen mit.

Und wirklich soll man, diesem Orakelspruch zu Folge, Jungfrauen gegen Jene haben kämpfen sehen, und das Gallische Heer wurde unter Schnee begraben.


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