Marcus Tullius Cicero
Von der Weissagung
Marcus Tullius Cicero

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39. »Aber es bedienen sich ja alle Könige, Völker und Nationen der Auspicien.« Als ob Etwas so verbreitet wäre, wie die Thorheit! oder als ob du selbst das Urtheil des großen Haufens für einen Beweis der Wahrheit gelten ließest! Wie Viele gibt es denn, die die Sinnenlust nicht für etwas Gutes erklären? Die Meisten nennen sie gar das höchste Gut. Lassen sich darum die Stoiker durch ihre Ueberzahl bestimmen, ihren Grundsatz aufzugeben? oder richtet sich in den meisten Dingen der große Haufe nach ihrem Vorgange? Was Wunder also, wenn in den Auspicien und jeder Art der Weissagung Schwachköpfe nach jenem abergläubischen Zeug greifen, für das Wahre aber keinen Sinn haben? Und wo ist denn unter den Auguren eine feste und sichere Uebereinstimmung? Nach unserer Augurien Weise sagt Ennius: 938

Wenn von der Linken der Donner bei heiterem Himmel erwünscht hallt.Aus den Annalen des Ennius II, 5.

Aber der homerische Ajax, der sich bei Achilles über die Unbändigkeit der Trojaner, ich weiß nicht in welcher Hinsicht, beschwert, meldet auf folgende Weise:

Günstiges deutet uns Zeus so eben durch Blitze zur Rechten.Durch einen Gedächtnißfehler läßt Cicero diese Worte den Ajax sagen, da sie doch dem Ulysses gehören. Il. IX, 236.

So scheinen uns also die linken, den Griechen und Barbaren die rechten (Blitze) die günstigen. Wiewohl ich allerdings weiß, daß, was günstig ist, bei uns links heißt wenn es auch rechts her kommt. Aber sicher haben die Unsrigen das Linke (günstig) genannt, und die andern Nationen das Rechte, weil dieses Diesen, jenes uns meistentheils das Bessere schien. Welcher Widerspruch! Ja, auch andere Vögel erscheinen Jenen bedeutsam und andere Zeichen. Ihre Art zu beobachten und die Deutung auszusprechen, ist eine andere. Muß man nicht gestehen, daß ein Theil davon auf Rechnung des Irrthums, ein Theil auf Rechnung des Aberglaubens, Vieles auf Rechnung des Betrugs kommt?


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