Charitas Bischoff
Amalie Dietrich
Charitas Bischoff

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Rockhampton, 2. 2. 1866.

Liebe Charitas!

In welche Aufregung hat mich Dein letzter Brief versetzt! Ich habe weder Platz noch Zeit Dir jetzt zu schreiben, aber ich bin so erregt, daß ich Dir doch in aller Eile einiges sagen muß. Du bist krank gewesen! – Der Gedanke, Dich verlieren zu können, läßt mich nicht los! Ein Zittern überfiel mich, als ich das las. Ich bin Dir furchtbar böse! Was hast Du für alberne, schlechte Gedanken, daß Du meinst, Du hättest leichter entbehrt werden können als die Pastorentochter! Du hast doch gar nicht an mich gedacht! Ich habe in der weiten Welt niemanden als Dich, und meine Hoffnung ist doch, daß mich Gott gesund erhält, damit ich in ein paar Jahren heimreisen kann. Welchen Sinn hätte meine Heimkehr, wenn ich nicht dann mit Dir zusammen sein könnte! Endlich, endlich gibt's dann keine Trennung mehr für uns! Bis dahin bist Du wohl leicht so weit, daß Du auch verdienen kannst, und ich habe inzwischen so viel gespart, daß wir bei bescheidnen Ansprüchen miteinander leben können. Aber, – das sage Dir doch, ohne Kampf kein Sieg! Selbst dann wird das Leben weiter ein Kämpfen und Ringen sein. – Was für matte Ansichten Du hast! – Es wäre Dir ganz recht gewesen, wenn Du gestorben wärest, so meinst Du! Ja, das glaube ich! Mir wär's auch manchmal bequemer gewesen! Dazu sind wir nicht da, daß wir, wenn wir leiden, gleich die Flinte ins Korn werfen. Du mußt leben wollen! Du mußt Dich fragen: kann ich eine Aufgabe erfüllen? Habe ich vielleicht Gaben und Kräfte in mir, die entfaltet werden müssen, damit sie anderen zugute kommen? – Wenn Du die Krankheit überwunden hast, so werde kampf- und leidenswillig! Schiele nicht nach der Efeulaube! Mein liebes Kind, die kommt noch lange nicht! Sollte Dir wirklich kein Pfund gegeben sein, womit Du zu wuchern hast? Blicke nicht rückwärts! Vielleicht ist Eisenach nur eine Station auf Deinem Lebenswege, die nur dazu da war, Dich vorwärts zu bringen. Vorwärts! Aufwärts!

Alles übrige, was Du mir schreibst, hat mich sehr gefreut und interessiert. Wieder und wieder habe ich Deine Zeilen gelesen, und o, wie glücklich macht es mich, daß Godeffroy mit mir zufrieden ist. Wenn er mir so unbegrenztes Vertrauen entgegenbringt, so freut mich das mehr, als ich sagen kann, aber es befällt mich auch immer ein Gefühl der Bangigkeit. Meine Verantwortung wird dadurch doppelt groß. Bei jedem Unternehmen, was Geld kostet, erwäge ich zaghaft, ob es der Sache dient; wenn ich davon überzeugt bin, so wage ich es. Ich nehme mir Hilfe, denn ich kann dadurch die Zeit meines Hierseins abkürzen. Neulich hat mir Godeffroy angeboten, ich möge mir Pferd und Wagen anschaffen. Ja, ja! Mit Fuhrwerk sollte ich eigentlich Bescheid wissen!

Ich bin mitten im Aufbruch, reise nach dem nördlicher gelegenen Makay. Ich war zwei Jahr hier, da muß alles wegexpediert werden, was ich irgend loswerden kann, damit ich mir die Weiterreise vereinfache. Ich reise mit dem Dampfschiff. Du glaubst nicht, wie es bei mir aussieht, schlimmer noch als gewöhnlich! Was hier alles herumliegt! Vögel, Säugetiere, Muscheln, Korallen, Insekten und Pflanzen. Vieles wartet noch aufs Abbalgen und Präparieren, zwischendurch krabbelt mir noch allerlei lebendiges Getier zwischen den Füßen herum. Die Pflanzen muß ich noch durchsehen. Du weißt, wenn die Stengel nicht trocken sind, schimmeln sie, und sie sollen die lange Reise machen! Die Arbeit brennt mir auf den Fingern, aber es hilft alles nichts, ich mußte Dir noch von hier aus schreiben. Wer weiß, hoffentlich gibt es in Makay recht viel Arbeit für mich, und dann komme ich noch schwerer zum Schreiben. Gib mir bald Nachricht, wie es Dir geht, und gehe Deinen Weg tapfer! Wenn Du dem Kampfe nicht aus dem Wege gehst, wird Dir der Weg leichter, Übung macht auch hier den Meister!

Für heute lebe wohl! Schick' nur wie immer den Brief an Godeffroy, sein Schiff bringt ihn mir, wo ich auch sein mag.

In treuer Liebe
Deine Mutter.


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