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Drittes Kapitel.

Eines Tages kam der Förster Jorns auf seinem Apfelschimmel vor unserem Hause angeritten. Er war damals noch jung, aber schon in hohen Ehren. Der gute Mann hat auch Schweres auf sich nehmen und nachmals mit seinem Schwiegersohn den Sohn des Bergschinders erschießen müssen. Ich werde vom Bergschinder noch zu erzählen haben.

Der alte Jorns lebt jetzt bei seinem Sohne und seiner Tochter Carla und deren Mann in dem Jagdschlosse, das man zur Forstschule eingerichtet hat. In der Wirtsstube wird oft erzählt, was für ein prächtiger allgeliebter Mann das sei. Ich vergesse es nie, wie ich ihn damals sah, und wo er hinkam, da zog Freude und Ehre mit ihm ein, so auch jetzt in unsere Stube. Der Förster saß am Tisch und sagte: »Schlehhofbauer, rufet Eure Frau, ich hab' euch beiden etwas zu sagen.«

Die Mutter konnte gar nicht aufhören, von der Ehre und Freude solchen Besuches zu reden, aber der Förster sagte schmunzelnd:

»Schon gut. Aber was saget Ihr dazu, daß ich gekommen bin, Euch von Haus und Hof zu treiben? Ja, ich denke, der gerade Weg ist auch bei Euch der beste. Also, ich habe kurzweg die Bevollmächtigung von der Regierung, Euch Euren Hof abzukaufen. Mit Euch braucht's keinen Unterhändler. Ihr seid ein gerader Mann, mit Euch geht man gradaus. Wir schätzen ab, nach Recht und Billigkeit, was der Hof wert ist, und zahlen bar.«

Vater und Mutter sahen einander an, und der Vater sagte:

»Bäuerin, was meinst du dazu?«

Die Mutter hustete arg, und der Förster sagte:

»Der Husten gibt Antwort. Der Hof ist zu kalt, geschlagene fünf Monat, von Winters Anfang bis Lichtmeß, scheint keine Sonne auf Euer Dach. Da können nicht Menschen gedeihen, da gehört Wild her.«

»Wie meinen Sie das?« fragte der Vater.

»Einfach, wir wollen aus Eurem Hof wieder Wald machen.«

»Das wär! Das könnten wir nicht verantworten vor denen, die vor uns da gewohnt haben.«

»Doch, doch,« sagte die Mutter, »wenn's einen guten Schick gibt, warum nicht?«

»Du sagst das?« rief der Vater, »und haben doch deine Voreltern da gesessen, nicht die meinen. Ich für mich sag': Herr Förster, Ihr Antrag in Ehren, aber wer gut sitzt, soll nicht rücken, ich rücke nicht. Wenn meine Frau will . . .«

»Ich . . . ich hab' schon oft gedacht, der Himmel ist überall über der Welt –«

Sie hätte wohl gern mehr gesagt, hat's aber nicht herausgebracht, und der Förster half nicht nach; er bestand aber darauf, daß jetzt nichts Bindendes abgemacht sein solle, die Eltern sollten alles für sich überlegen und ihm Bescheid sagen lassen.

Dabei ist's verblieben, und wie der Förster wieder weg geritten war, ist der Vater in die Stube gekommen und hat der Mutter gesagt, sie hätte auch zäh dagegen sein müssen, dann bekäme man einen höheren Preis. Wie er mich sah, schickte er mich aus der Stube.

Ich stand draußen vor dem Hause und sah mir das Haus und die Felder und den Wald an und mußte denken, das kann man verkaufen und davon fortgehen. Ich verstand das nicht.

Als ich zum Nachtessen in die Stube kam, fragte ich, bis wann wir unsern Hof verkaufen und wohin wir dann ziehen; die Mutter sagte und sah dabei auf den Vater: »Wir verkaufen gar nicht, wir bleiben da, wo unsere Voreltern gehaust haben und bei gesundem Leib alt geworden sind.«


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