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Der Meister, der sie baute,
Stand auf dem höchsten Thurm
Vom Blitz umflammt und schaute
Hernieder in den Sturm.
Der Blitz erbrach die Krallen,
Sich an der Felsenzinn',
Umsonst an Säul' und Hallen
Warf sich der Donner hin.
Da rief der alte Meister
Den Bauvers über's Haus,
Daß selbst des Donners Geister
Verstummten voller Graus:
»Von Vesten und Burgen allen
Bist du zu höchst gestellt,
Du sollst nicht brechen noch fallen
Vor'm Untergang der Welt!«
Viel Burgen sind erbauet
Seitdem zu Schutz und Streit;
Doch allesammt erschauet
In Trümmern bald die Zeit.
Nur noch die Eine raget
Zum Himmel mächtig auf,
Roth, wann die Sonne taget,
Roth, wann sie schließt den Lauf.
Felshöhen sind die Dämme,
Die Gräben – blaue See'n,
Die Zinnen – Bergeskämme,
Die Erker – blum'ge Höh'n.
Engpässe sind die Thüren,
Die Zimmer, Thal an Thal;
Und Höf' und Gärten zieren
Springbrunnen ohne Zahl.
Und Männer sind die Hüter,
Ihr Zeichen ist das Kreuz,
Freiheit ihr Gut der Güter,
Ihr Name heißt: Die Schweiz.
Neidet nur, so lang ihr wollt,
Fremde recht- und linkerseits,
Uns'rer Berge altes Gold:
Freiheit durch die ganze Schweiz.
Frei wie unser Gletscherstrom,
Stark wie Uri's mächtiges Thier,
Kühn wie unser Alpendom,
Frei und kühn und stark sind wir.
Leugnet nur, so lang ihr mögt,
Fremde recht- und linkerseits,
Die in unsern Herzen schlägt:
Eintracht durch die ganze Schweiz.
Einig sind wir! kleiner Zwist
Kommt auch in der Liebe Mund.
Wo ein Feind zu schlagen ist,
Da erkennt den Schweizerbund!
Ha, begehrt, so lang ihr wollt,
Fremde recht- und linkerseits,
Nach der Hirtin hehr und hold,
Nach der freigebornen Schweiz.
Nein, will's Gott! euch wird sie nicht,
Da man noch die Kugeln kennt,
Und ein Freiheit-Feuerlicht
In den Hochsignalen brennt.
Prophezeit als sicher wahr,
Fremde links- und rechterseits,
Unserthalb auf's nächste Jahr
Schon den Untergang der Schweiz:
Wenn uns Gott nur nicht verläßt,
Und wir steh'n zu seinem Kreuz,
Steht sie wie die Alpe fest,
Unsre frohe, freie Schweiz.
Der Schreiner hobelt und hämmert froh.
Was freut den jungen Meister so?
Er macht ein Bett für sich und die Braut;
Drum hobelt und hämmert er so laut.
Und zwischen die Schläge sein Lied er singt,
Daß flinker der Hobel und Hammer springt.
Das Bett steht gezimmert schön und blank,
Da wird die Braut zum Sterben krank.
Und wie er eintritt in der Liebsten Haus,
Da ist es mit ihrem Leben schon aus.
Und wie er hobelt den Todtenbaum,
Da umzieht's ihn so seltsam, als wie ein Traum.
Sie kam und sprach: »Du mach'st ihn zu klein
Wir müssen ja alle beide hinein!
Denk' an die Worte zwischen uns zwei'n,
Im Leben und Tod uns treu zu sein!«
So sprach ihn die bleiche Erscheinung an:
Am Morgen – da war's um ihn gethan.
Es steht eine Lind' an des Weges Höh'n,
An deren Stamm zwei Namen steh'n;
Die schnitten vor Jahren zwei deutsche Leutchen,
Ein junger Bursche und sein Bräutchen.
Er sprach: »In drei Jahren bin ich zurück.
Dann bring' ich zur Liebe auch noch das Glück!«
Sie sprach: »Und möchtest du ewig wandern:
Bis du wiederkömmst, nehm' ich keinen Andern!«
Nach drei Jahren ging sie zur Linde hinaus.
Ihr Bräutigam kömmt heute nach Haus;
Und wie sie so saß im grünen Grase,
Da zog ein schmucker Reiter die Straße.
Er war gar braun; sie kannt' ihn nicht,
Da hält er sein Rößlein an und spricht:
»Schöne Jungfrau! wenn ich Euch betrübe,
So muß ich's einem Freunde zu Liebe.
An des Weges Höh', unter dieser Lind
Verließ er vor Jahren ein schmuckes Kind:
Seid Ihr es, so wißt, daß mein Freund mich sendet,
Er hat einer Andern sich zugewendet.
Wohl dacht' er mit Freuden oft an Euch;
Doch das Weib, das er nahm, war eben reich!
Habt Ihr ihm etwas auszurichten,
So sagt es, ich will es ihm berichten.«
Das Mädchen ward in den Tod betrübt;
Sie hatte den Knaben so treu geliebt! –
»Sagt ihm, ich wünsche ihm stets das Beste,
So viel Lieb', als an uns'rer Linde nur Aeste!
Auch wünsch' ich ihm so viel gute Zeit,
Als Sand am Meere weit und breit!
Auch wünsch' ich ihm so viel Wohlergehen,
Als Sternlein Nachts am Himmel stehen!«
Da sprang der Reiter von seinem Pferd: –
»O Liebchen, du hast dich ächt bewährt!
Wie konnt' ich dich so schwer versuchen:
Ein Herz, wie deines, kann nicht fluchen!«
Und freundlich steckt er an ihre Hand
Ein Ringlein, d'rauf sein Name stand;
Und zog, ihre Thränen abzuwaschen,
Ein seidenes Tuch aus seiner Taschen.
»Sei getrost! nun bin ich für immer zurück,
Und bringe zur Liebe auch noch das Glück!
Die Welt gab mir Zweifel, nun glaub ich auf's Neue,
Herzlieb! an die alte deutsche Treue.«
Die Königin ließ liegen
Am Fenster ihren Ring;
Ein Falke sah im Fliegen
Das runde, glänzende Ding.
Er trug ihn zu den Lüften,
Ließ ihn fallen in den Rhein;
Da in den feuchten Grüften
Ein Hecht ihn schluckte hinein.
Nichts war der Königin lieber.
Als der Ring, den der Falke stahl,
Sie bekam ihn in Freuden über
Von ihrem nun todten Gemahl.
Da erschien er ihr in Träumen:
»Der den Ring dir wieder fand,
Dem darfst du zu geben nicht säumen
Deine Lieb und deine Hand!« –
Es fuhren in stolzem Kahne
Wohl auf und ab den Rhein
Edle Herrn und Kastellane,
Und tranken gold'nen Wein.
Und wie sie so fröhlich thaten,
Da sprang in's Schiff ein Hecht:
»Ei, wärest du wohl gebraten,
Du kämst uns eben recht!«
»Fort! frei im Rheine schwimm' er!«
Sprach da der Graf Gulik;
– »Nicht doch! verwerfe nimmer,
Was dir zuwirft das Geschick!«
Sprach Karl, der junge Weise;
»Ich bringe den stolzen Fisch
Als eine zarte Speise
An der jungen Königin Tisch.« –
»Ei, seht mir die liebe Gabe!«
Sie sprach's und sah ihn an: –
Ihrem Herzen hatte der Knabe
Stille Liebe angethan.
Man bringt den Hecht zu Tische. –
Was glänzt da für ein Ding?
Ei, seht! sie findet im Fische
Den lieben, verlorenen Ring.
Sie sprach. –»Nun Karl! laßt hören,
Ihr habt gefunden mein Glück,
Nun wünscht, wie zahl' ich in Ehren
Euch so hohen Fund zurück?«
Da erhub sich der junge Weise:
»O Königin, Ihr führt
Mein Herz auf glattem Eise,
Gebt mir, was mir gebührt!«
Drob sprach sie, tief betroffen,
Als sie die Worte fand: –
»Wohlan! ich bekenn' es offen,
– Euch gebührt meine Lieb', meine Hand!«
Mich bedeckte der Wehmuth Flügel,
Mich erregte das Schweigen der Nacht,
Der Mond stieg über die Hügel,
Der Springquell plätscherte sacht.
Da hört' ich Musik und Klänge
Fernher wie hüpfenden Tanz,
Wie fröhliche Brautgesänge,
Durchknüpft mit der Liebe Kranz.
Ein Stein fliegt aus den Händen;
Man weiß nicht, wo er sich legt:
So der Ton nach allen Enden,
Man weiß nicht, was er erregt.
Die Töne geh'n weit im Kreise
Und treffen der Herzen gar viel;
Das stark, das andere leise,
Das zum Weh, das zum heiteren Spiel.
Mir brachen die hellen Thränen
Aus beiden Augen hervor:
Es sprach aus den fröhlichen Tönen
Das Glück, das ich verlor.
Sei du still und laß' das Weinen,
Armes Herz, vergiß die Qual!
Einst noch wird ein Stern dir scheinen.
Deine Liebe reift einmal.
Rosen wird die Zeit dir geben.
Darum wisch' die Thränen ab!
Lächeln keine dir im Leben,
Blüh'n sie doch auf deinem Grab.
Weß Herz geweiht ist zu der Künstlersendung,
Der schwankenden Gesinnung zu erschließen
Ein sanftes Bett, das sie verlockt zu stießen
Zu weiser Lehre segensreicher Spendung:
Der möge nicht verzagen, wenn Verblendung
Und Hohn in seine Gluthen Wasser gießen!
Der möge nicht verlangen, zu genießen
Der großen Menge laute Lobverschwendung.
Sie murrten ja, als Moses trocknen Fußes
Durch's Meer sie führte zum gelobten Lande,
Als Enderfüllung göttlichen Beschlusses.
Und lös't ein Gottmensch ihre Sklavenbande,
So holen sie mit dem Betrug des Kußes
Zu Kerker ihn und Kreuz und Feuerbrande.
Wenn ich einst sterben werde,
Dann legt auf die todte Brust,
Meine Lieder aus Leid und Lust,
Und senkt mich in die Erde.
Ich will nach dreien Tagen,
Seien kurz sie oder lang,
Beseelt vom göttlichem Drang,
Mein enges Grab zerschlagen.
Und wieder auferstehen.
Und was ich in Liedern sang,
Wird als ein Erinnerungsklang
Neu meinen Geist umwehen.
Dir ward, o Kunst, der Bildung hehre Pflicht,
Daß deiner Priester Hand uns die Bezüge
Des ird'schen Daseins zu des Himmels Licht
In fühlbar lebensvolle Formen füge. –
Zum Seelenaufruhr ward dir – das Gedicht,
Zum Dienst der Wahrheit des Gemäldes Züge;
Und daß der Geist sich recht vom Niedern trennte.
Schufst du der Baukunst ew'ge Monumente.
Beruhigung und fröhliche Belebung
Birgst du, o goldne Kunst, in deinem Schooß;
Ob wir mit Hoffnung nah'n, ob mit Ergebung,
Voll Freundlichkeit beschenkst du Klein und Groß!
Gibst festen Halt dem Starken; dem Ergebung,
Der sein Verzagen klagend dir erschloß; –
Und wo vom Wunsch unmöglich die Vollführung,
Entschädigst du mit hoffnungsvoller Rührung.
So stehst du da, o Kunst, des Lebens Pflicht
Mit Ahnung hohen Lohnes auszugleichen. –
Doch solches Ziel erreichst du scherzend nicht,
Nur Ernst und Würde werden es erreichen;
Und wie die Myrthe um dein Haupt sich sticht,
So sei sie deines Sinnes ächtes Zeichen:
Ob du auch fröhlich in das Leben schauest,
Sei ernst und ruhig, wenn du einsam bauest!
Der großen Schöpfung herrliche Gestaltung
Sei höchstes Muster dir allüberall,
In ihres Wirkens himmlischer Verwaltung
Erforsche der Gesetze Wechselfall.
Es zeigt das Werk der Göttlichkeit Entfaltung,
Schwebt Gott auch ungeseh'n ob seinem All. –
Und bei der großen Bildung wie der kleinen,
Siehst du den Einen Grundzug dir erscheinen:
Den klaren Sinn, der sich so leicht erklärt,
Wenn du die Bildung aufmerksam betrachtest,
Des Sinnes Hoheit, die dir Lust gewährt,
Wenn du der Bildung Einfalt nicht verachtest.
Der Hoheit Frucht, die dir dein Herz bescheert.
Wenn du der Bildung Inhalt wohl beachtest:
So nach und nach wird der Natur Betrachtung
Nicht bloß Genuß, nein! auch des Schönen Achtung.
Hieran, o Kunst, hast du dich erst zu weihen,
Durch Lieb' am klaren Walten der Natur,
Bis nach und nach die Nebel sich zerstreuen
Und dich durchs Dickicht führt die schmale Spur;
Durchstreifst du dann auch ganze Blumenreihen,
Stets findest du die gleiche Regel nur,
Und der Geweihte sieht in jeder Pflanze
In hohem Ebenmaße stets das Ganze. –
So sei dein Wesen auch, o Menschenkunst,
Willst du dich selber und den Geber ehren.
Es ward umsonst dir des Talentes Gunst,
Soll es nur schaffen – aber nicht belehren;
Und deine Schöpferkraft wird eitler Dunst,
Läßt sie von kleinen Zwecken sich bethören:
Zu leichtem Tand und zartem Unterhalten
Nur wohlgefäll'ges Spielzeug zu gestalten.
Weh euch, ihr Meister, die ihr auserkoren.
Der Welt gesteigerte Natur zu sein,
Geht euch die Würde des Berufs verloren
Ob der entnervten Menge Schmeichelei'n!
Wär's besser nicht, ihr wäret nie geboren.
Als eurer Schüler Sclaven so zu sein?
Nein, fasset euch, Ihr habt die Zeit zu leiten,
Erhebt das Werk, und laßt die Welt es deuten!
Ja, die Erhabenheit sei euer Siegel,
Und jedem Werke sei sie aufgedrückt!
Dem großen Bild, dem Weltgeschichtenspiegel,
Dem kleinen Lied, am Thränenbach gepflückt!
Nicht! daß zum Zarten sich der Dichtung Flügel
Nicht senken darf, wenn Adlerflug nicht glückt.
Nur Eines sei euch fremd – das Sünd'ge, Kleine,
Das Menschenherz Entehrende, Gemeine!