Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

XIII.

Joachime an ihren Gatten.

 

St. Moritz Bad, Villa Beausite,
den 28. August.

Geliebter!

Vielleicht – lache mich aus, verspotte, verhöhne mich! – vielleicht kommst Du um einen Tag früher zurück. Es könnte ja doch sein, daß Du –

Jetzt lächelst und spottest Du. Aber – es könnte doch sein, daß Du Dich sehntest, früher zurückzukehren.

Daß Du Dich sehntest nach mir …

Da steht es schwarz auf weiß! Ich schrieb es hin, und es soll geschrieben bleiben. Noch vor einer Woche, vor wenigen Tagen noch, wäre ich dazu nicht imstande gewesen.

Und jetzt?

Geliebter, ach Du, mein Geliebter! Und jetzt –

Kämst Du also um einen Tag früher zurück, so fändest Du das Haus ohne die Hausfrau. (Denn die bin ich auch in unserer Casa Piedermann-Barblan! ) Von Deiner Sehnsucht einen vollen Tag früher zurückgetrieben, könntest Du das Willkommen vermissen, das Deine Hausfrau Dir zujubeln würde, wenn sie nicht gerade Hofdienst hätte.

Zum letzten, allerletzten Mal in diesem hoffentlich recht langen Leben! Denn es muß ein langes Leben sein, damit ich lange, lange bei Dir sein kann.

Dieses wollte ich Dir eigentlich nicht sagen. Ich wollte Dir sagen, daß wenigstens mein Brief Dich begrüßen soll – kehrtest Du um einen Tag, um einige Stunden früher zurück. (Angenommen die Möglichkeit Deiner Sehnsucht nach mir.)

Plötzlich entdecke ich, beständig von Deiner Sehnsucht nach mir zu reden, und mit keinem Wörtlein von der meinen nach Dir.

Ach Du, mein heilig Geliebter – mein ganzes Wesen ist Sehnsucht nach Dir, wie all mein Sein Glück ist, Anbetung, Ergriffenheit.

Bin gar nicht gewöhnt, Dir solche großen Worte zu sagen – bin es noch gar nicht gewöhnt.

Ich sage sie auch nicht, sondern flüstere sie Dir zu. Mir ist selbst jetzt noch zumute, als ob Dir meine leisen, leisen Liebesworte – ich finde nicht gleich den richtigen Ausdruck … Als ob mein Liebesflüstern Dir auch jetzt, selbst jetzt noch –

Du kannst diesen leisen, scheuen Ton der Zärtlichkeit gewiß selbst jetzt noch nicht an mir leiden. Also, kleine Achime –

Also sage ich meinem verehrten Herrn Gemahl: man ist in der Villa Beausite viel, viel, viel netter zu mir als in der Casa Piedermann-Barblan. Die Bescheidenheit verbietet mir zu sagen, wie nett man hier zu mir ist. Geradezu zärtlich! Ueberdies ist es die Zärtlichkeit einer Königlichen Hoheit; ist es die Nettigkeit eines Hofes; ist es besonders die unendlich zarte Ritterlichkeit eines gewissen, noch ziemlich jugendlichen Hofmarschalls, der sein Leben darum geben würde, – wie die Redensart lautet – wenn er seine Ritterlichkeit hätte in Zärtlichkeit umwandeln dürfen: long, long ago! Denn es scheint mir eine Ewigkeit her, daß die Gräfin Wilding-Wild die Freiin von Arnim gewesen.

Wie? Roch immer nicht eifersüchtig, mein Herr Gemahl? Nicht das kleinste, allerkleinste Etwas? Nun, warten Sie!

O weh! Da kommt die Kammerfrau:

»Frau Gräfin möchten heute zum Diner in großer Toilette erscheinen. Es sind Gäste. Die Frau Großherzogin von –«

Also: große Toilette. Und also: ade! ade!

Auf Wiedersehen! Bald! Bald!

In Ewigkeit Deine

Achime.

Natürlich ein Postskriptum!

Mit meinem »Brüflein« an Dich sollte Dir von Deinem Perfekten ein Rosenstrauß feierlichst überreicht werden – falls Du um einige Stunden früher zurückkehrtest.

Der Gärtner schenkte mir weiße Rosen. Sie sind wundervoll; aber –

Weiße Rosen sind so blaß, so traurig, so –

Aber um so glühender ist meine Liebe, um so leuchtender ist mein Glück.

Komme nur ja recht, recht bald!


 << zurück weiter >>