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Die Gräfin Wilding-Wild an Ihre Königliche Hoheit,
die Frau Erbgroßherzogin Marie Luise,
Schloß Augustenthal.
Pontresina, am 27. Juli.
Durchlauchtigste Frau Erbgroßherzogin!
Dieser Brief ist ein einziger jubelnder Freudenruf: Meine Fürstin kommt in das Engadin! In drei Tagen ist sie hier! Ich werde sie sehen, werde zu ihr sprechen dürfen. Es wird sein wie in alten Zeiten. Und – auch wie in alten, guten Zeiten – wird sie mich schelten müssen.
Gestern schrieb ich an Königliche Hoheit, sandte den Brief jedoch nicht fort. Ich schrieb viele Briefe, die nicht adressiert wurden. Meine wohlverdiente Strafe ist: Königliche Hoheit sorgen um die Schweigsame! Es ist mein unverdienter Lohn: Königliche Hoheit kommen, um selbst nach dem verstummten, kleinen Hoffräulein zu sehen; um sich selbst zu überzeugen –
Wovon? Daß ich eine glückliche, geliebte Frau bin?
Ich bin es nicht. Das ist ein Schmerzensruf. Aber ich werde es sein. Das ist ein Freudenruf, über Berg und Tal Königliche Hoheit entgegengesandt von dem meiner gnädigsten, gütigsten Frau Erbgroßherzogin glücklichen Sorgenkinde