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Rotterdam

Die grünen Ebnen hatte der Zug durchschnitten
mit Gräben regelgrad und fern im Feld
den Mühlen, dort gebietrisch aufgestellt, –
großoffne Schleusen glänzten und verglitten,
wie Teiche breit, gefüllt mit einer Welt

von Schwermut und im blutigen Goldgeflamm
des schwarzen Horizonts fast unheilvoll.
Dort, nieder durch die Abendseen – wie soll
ichs sagen? – schwankt' und tanzte ein schwarzer Damm,
ein schwarzes Segel ... Jetzt mit höllischem Groll

und Frechheit tanzt' und schwankte auch der Zug
– darf ich so sagen? – plötzlich unterm Monde
und dröhnt' und tönte plötzlich in die lohnde
Lichtglut – wie eines Ofens, die aufschlug

so sanft und bräunlich wie ein Rosenblatt,
wie eine süß befriedigte Hetäre. –
Durch Brückengeländer jetzt, in Kreuz und Quere,
und zwischen Dächern, auch in Kreuz und Quere,
stürmt' er dahin, hoch über einer Stadt,

wo nun das Leben vorkam hinterm Glas
der Fenster: sanft, kräftig in Biederkeit,
im Grunde rein und wie mit Sicherheit
mir hold, der ich das Schreckensübermaß
der Himmel und Gewässer gern vergaß,

in dieser Schlucht der Simse und Altane
hinrasend mit der trunknen Karawane.

Albrecht Schaeffer


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