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»Da schon der Tag erblüht ...«

Da schon der Tag erblüht, uns Morgenrot erfreut,
vor mir, nach langem Fernesein, die Hoffnung schwebt,
und Jubel sich um mich, durch eignen Ruf, erneut,
will mein sein altes Glück, das wieder in mir lebt.

So sind die traurigen Gedanken ganz verschwunden.
Die bösen Träume mit, auch die sind fort,
besonders spitze Lippen, jedem Spott verbunden,
die Worte, wo die Klugheit herrscht, die Seele dorrt.

Zurück somit, geballte Fäuste, arges Wüten,
weil Bösen oder Toren man begegnen muß!
Zurück, verdammte Rachsucht, wilderquältes Brüten,
Vergessenheit im Trunk, durch ruchlosen Genuß!

Denn nun will ich, da mir ein lichtgebornes Wesen
in meine steile Nacht sein Leuchten hat gesenkt,
das jetzt aus Liebesgunst zuerst in mir gewesen,
durch Lächeln, Güte voller Freundlichkeit gelenkt,

ganz aufrecht schreiten! Sei es auf bemoosten Wegen,
durch Felsen geh es, in ermüdendem Gestein.
In deine Hand werd ich die meine bebend legen,
ich will es nun, ihr Augen könnt mir Führer sein.

O ja, gerade will ich, still durchs Leben schreiten,
dem Ziele zu, wie das Geschick die Schritte lenkt.
Mich sollen keine Reue, Neid, Gewalt begleiten,
es kämpfe froh die Pflicht, voll Glück in mich gesenkt.

Beinah um meines Weges Langsamkeit zu wiegen,
bestimm ich mir den ungezwungensten Gesang.
Sie wird wohl horchen: fort mit meiner Stimme fliegen.
Fürwahr, mir ist um keinen andern Himmel bang.

Theodor Däubler


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