Adalbert Stifter
Der Nachsommer
Adalbert Stifter

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»›Verehrte Frau‹, sagte ich nach einer Weile, ›es ist nicht nötig, daß ich euch morgen oder in diesen Tagen antworte; ich kann es jetzt sogleich. Was ihr mir an Gründen gesagt habt, wird sehr richtig sein, ich glaube, daß es wirklich so ist, wie ihr sagt; allein mein ganzes Innere kämpft dagegen, und wenn das Gesagte noch so wahr ist, so vermag ich es nicht zu fassen. Erlaubt, daß eine Zeit hierüber vergehe und daß ich dann noch einmal durchdenke, was ich jetzt nicht denken kann. Aber eins ist es, was ich fasse. Ein Kind darf seinen Eltern nicht ungehorsam sein, wenn es nicht auf ewig mit ihnen brechen, wenn es nicht die Eltern oder sich selbst verwerfen soll. Mathilde kann ihre guten Eltern nicht verwerfen, und sie ist selber so gut, daß sie auch sich nicht verwerfen kann. Ihre Eltern verlangen, daß sie jetzt das geschlossene Band auflösen möge, und sie wird folgen. Ich will es nicht versuchen, durch Bitten das Gebot der Eltern wenden zu wollen. Die Gründe, welche ihr mir gesagt habt und welche in mein Wesen nicht eindringen wollen, werden in dem eurigen fest haften, sonst hättet ihr mir sie nicht so nachdrücklich gesagt, hättet sie mir nicht mit solcher Güte und zuletzt nicht mit Tränen gesagt. Ihr werdet davon nicht lassen können. Wir haben uns nicht vorzustellen vermocht, daß das, was für uns ein so hohes Glück war, für die Eltern ein Unheil sein wird. Ihr habt es mir mit eurer tiefsten Überzeugung gesagt. Selbst wenn ihr irrtet, selbst wenn unsere Bitten euch zu erweichen vermöchten, so würde euer freudiger Wille, euer Herz und euer Segen mit dem Bunde nicht sein, und ein Bund ohne der Freude der Eltern, ein Bund mit der Trauer von Vater und Mutter müßte auch ein Bund der Trauer sein, er wäre ein ewiger Stachel, und euer ernstes oder bekümmertes Antlitz würde ein unvertilgbarer Vorwurf sein. Darum ist der Bund, und wäre er der berechtigteste, aus, er ist aus auf so lange, als die Eltern ihm nicht beistimmen können. Eure ungehorsame Tochter würde ich nicht so unaussprechlich lieben können, wie ich sie jetzt liebe, eure gehorsame werde ich ehren und mit tiefster Seele, wie fern ich auch sein mag, lieben, so lange ich lebe. Wir werden daher das Band lösen, wie schmerzhaft die Lösung auch sein mag. – O Mutter, Mutter! – laßt euch diesen Namen zum ersten und vielleicht auch zum letzten Male geben -, der Schmerz ist so groß, daß ihn keine Zunge aussprechen kann und daß ich mir seine Größe nie vorzustellen vermocht habe!‹«

»›Ich erkenne es‹, antwortete sie, ›und darum ist ja der Kummer, den ich und mein Gatte empfinden, so groß, daß wir unserem teuren Kinde und euch, den wir auch lieben, die Seelenkränkung nicht ersparen können.‹«

»›Ich werde morgen Mathilden sagen‹, erwiderte ich, ›daß sie ihrem Vater und ihrer Mutter gehorchen müsse. Heute erlaubt mir, verehrte Frau, daß ich meine Gedanken etwas ordne – und daß ich auch noch andere Dinge ordne, die not tun.‹«

»Die Tränen waren mir wieder in die Augen getreten.«

»›Sammelt euch, lieber Gustav‹, sagte sie, ›und tut, was ihr für gut haltet, sprecht mit Mathilden oder sprecht auch nicht, ich schreibe euch nichts vor. Es wird eine Zeit kommen, in der ihr einsehen werdet, daß ich euch nicht so unrecht tue, als ihr jetzt vielleicht glauben möget.‹«

»Ich küßte ihr die Hand, die sie mir gütig gab, und verließ das Zimmer.«

»Am andern Tage bat ich Mathilden, mit mir einen Gang in den Garten zu machen. Wir gingen durch den ersten Teil desselben, und wir gingen durch den Weinlaubengang bis zu dem Gartenhause, an dem die Rosen blühten. Während wir so wandelten, sprachen wir fast kein Wort, außer daß wir sagten, wie uns hie und da eine Blume gefalle, wie das Weinlaub schön sei und wie der Tag sich so ausgeheitert habe. Wir waren zu gespannt auf das, was da kommen werde, Mathilde auf das, was ich ihr mitzuteilen habe, und ich auf das, wie sie die Mitteilung aufnehmen werde. In der Nähe des Gartenhauses war eine Bank, auf welche von einem Rosengebüsche Schatten fiel. Ich lud sie ein, mit mir auf der Bank Platz zu nehmen. Sie tat es. Es war das erste Mal, daß wir ganz allein in den Garten gingen und daß wir allein bei einander auf einer Bank saßen. Es war das Vorzeichen, daß uns dies in Zukunft entweder ungestört werde gestattet sein oder daß es das letzte Mal sei und daß man darum ein unbedingtes Vertrauen in uns setze. Ich sah, daß Mathilde das empfinde; denn in ihrem ganzen Wesen war die höchste Erwartung ausgeprägt. Deßohngeachtet rief sie mit keinem Worte den Anfang der Mitteilungen hervor. Mein Wesen mochte sie in Angst gesetzt haben; denn obwohl ich mir unzählige Male in der Nacht die Worte zusammengestellt hatte, mit denen ich sie anreden wollte, so konnte ich doch jetzt nicht sprechen, und obwohl ich suchte, meine Empfindungen zu bemeistern, so mochte doch der Schmerz in meinem Äußern zu lesen gewesen sein. Da wir schon eine Weile gesessen waren, auf unsere Fußspitzen gesehen und, was zu verwundern war, uns nicht an der Hand gefaßt hatten, fing ich an, mit zitternder Stimme und mit stockendem Atem zu sagen, was ihre Eltern meinen, und daß sie den Wunsch hegen, daß wir wenigstens für die jetzige Zeit unser Band auflösen mögen. Ich ging auf die Gründe, welche die Mutter angegeben hatte, nicht ein, und legte Mathilden nur dar, daß sie zu gehorchen habe und daß unter Ungehorsam unser Bund nicht bestehen könne.«

»Als ich geendet hatte, war sie im höchsten Maße erstaunt.«

»›Ich bitte dich, wiederhole mir nur in Kurzem, was du gesprochen hast und was wir tun sollen‹, sagte sie.«

»›Du mußt den Willen deiner Eltern tun und das Band mit mir lösen‹, antwortete ich.«

»›Und das schlägst du vor, und das hast du der Mutter versprochen, bei mir auszuwirken?‹ fragte sie.«

»›Mathilde, nicht auszuwirken‹, antwortete ich, ›wir müssen gehorchen; denn der Wille der Eltern ist das Gesetz der Kinder.‹«

»›Ich muß gehorchen‹, rief sie, indem sie von der Bank aufsprang, ›und ich werde auch gehorchen; aber du mußt nicht gehorchen, deine Eltern sind sie nicht. Du mußtest nicht hieher kommen und den Auftrag übernehmen, mit mir das Band der Liebe, das wir geschlossen hatten, aufzulösen. Du mußtest sagen: Frau, eure Tochter wird euch gehorsam sein, sagt ihr nur euren Willen; aber ich bin nicht verbunden, eure Vorschriften zu befolgen, ich werde euer Kind lieben, so lange ein Blutstropfen in mir ist, ich werde mit aller Kraft streben, einst in ihren Besitz zu gelangen. Und da sie euch gehorsam ist, so wird sie mit mir nicht mehr sprechen, sie wird mich nicht mehr ansehen, ich werde weit von hier fortgehen; aber lieben werde ich sie doch, so lange dieses Leben währt und das künftige, ich werde nie einer Andern ein Teilchen von Neigung schenken und werde nie von ihr lassen. So hättest du sprechen sollen, und wenn du von unserm Schlosse fortgegangen wärest, so hätte ich gewußt, daß du so gesprochen hast, und tausend Millionen Ketten hätten mich nicht von dir gerissen, und jubelnd hätte ich einst in Erfüllung gebracht, was dir dieses stürmische Herz gegeben. Du hast den Bund aufgelöset, ehe du mit mir hieher gegangen bist, ehe du mich zu dieser Bank geführt hast, die ich dir gutwillig folgte, weil ich nicht wußte, was du getan hast. Wenn jetzt auch der Vater und die Mutter kämen und sagten: Nehmet euch, besitzet euch in Ewigkeit, so wäre doch alles aus. Du hast die Treue gebrochen, die ich fester gewähnt habe als die Säulen der Welt und die Sterne an dem Baue des Himmels.‹«

»›Mathilde‹, sagte ich, ›was ich jetzt tue, ist unendlich schwerer, als was du verlangtest.‹«

»›Schwer oder nicht schwer, von dem ist hier nicht die Rede‹, antwortete sie, ›von dem, was sein muß, ist die Rede, von dem, dessen Gegenteil ich für unmöglich hielt. Gustav, Gustav, Gustav, wie konntest du das tun?‹«

»Sie ging einige Schritte von mir weg, kniete, gegen die Rosen, die an dem Gartenhause blühten, gewendet, in das Gras nieder, schlug die beiden Hände zusammen und rief unter strömenden Tränen: ›Hört es, ihr tausend Blumen, die herabschauten, als er diese Lippen küßte, höre es du, Weinlaub, das den flüsternden Schwur der ewigen Treue vernommen hat, ich habe ihn geliebt, wie es mit keiner Zunge in keiner Sprache ausgesprochen werden kann. Dieses Herz ist jung an Jahren, aber es ist reich an Großmut; alles, was in ihm lebte, habe ich dem Geliebten hingegeben, es war kein Gedanke in mir als er, das ganze künftige Leben, das noch viele Jahre umfassen konnte, hätte ich wie einen Hauch für ihn hingeopfert, jeden Tropfen Blut hätte ich langsam aus den Adern fließen und jede Faser aus dem Leibe ziehen lassen – und ich hätte gejauchzt dazu. Ich habe gemeint, daß er das weiß, weil ich gemeint habe, daß er es auch tun würde. Und nun führt er mich heraus, um mir zu sagen, was er sagte. Wären was immer für Schmerzen von Außen gekommen, was immer für Kämpfe, Anstrengungen und Erduldungen; ich hätte sie ertragen, aber nun er – er -! Er macht es unmöglich für alle Zeiten, daß ich ihm noch angehören kann, weil er den Zauber zerstört hat, der alles band, den Zauber, der ein unzerreißbares Aneinanderhalten in die Jahre der Zukunft und in die Ewigkeit malte.‹«

»Ich ging zu ihr hinzu, um sie empor zu heben. Ich ergriff ihre Hand. Ihre Hand war wie Glut. Sie stand auf, entzog mir die Hand, und ging gegen das Gartenhaus, an dem die Rosen blühten.«

»›Mathilde‹, sagte ich, ›es handelt sich nicht um den Bruch der Treue, die Treue ist nicht gebrochen worden. Verwechsle die Dinge nicht. Wir haben gegen die Eltern unrecht gehandelt, daß wir ihnen verbargen, was wir getan haben, und daß wir in dem Verbergen beharrend geblieben sind. Sie fürchten Übles für uns. Nicht die Zerstörung unserer Gefühle verlangen sie, nur die Aufhebung des Äußerlichen unseres Bundes auf eine Zeit.‹«

»›Kannst du eine Zeit nicht mehr du sein?‹ erwiderte sie, ›kannst du eine Zeit dein Herz nicht schlagen lassen? Äußeres, Inneres, das ist alles eins, und alles ist die Liebe. Du hast nie geliebt, weil du es nicht weißt.‹«

»›Mathilde‹, antwortete ich, ›du warst immer so gut, du warst edel, rein, herrlich, daß ich dich mit allen Kräften in meine Seele schloß: heute bist du zum ersten Male ungerecht. Meine Liebe ist unendlich, ist unzerstörbar, und der Schmerz, daß ich dich lassen muß, ist unsäglich, ich habe nicht gewußt, daß es einen so großen auf Erden gibt; nur der ist größer, von dir verkannt zu sein. Ich unterscheide nicht, wer dir das Gebot der Eltern hätte sagen sollen, es ist das einerlei, sie sind die Eltern, das Gebot ist das Gebot, und das Heiligste in uns sagt, daß die Eltern geehrt werden müssen, daß das Band zwischen Eltern und Kind nicht zerstört werden darf, wenn auch das Herz bricht. So fühlte ich, so handelte ich, und ich wollte dir das Notwendige recht sanft und weich sagen, darum übernahm ich die Sendung; ich glaubte, es könne dir niemand das Bittere so sanft und weich sagen wie ich, darum kam ich. Aus Güte, aus Mitleid kam ich. Die Pflicht leitete mich, in der Pflicht bricht mein Herz, und in dem brechenden Herzen bist du.‹«

»›Ja, ja, das sind die Worte‹, sagte sie, indem ihr Schluchzen immer heftiger und fast krampfhaft wurde, ›das sind die Worte, denen ich sonst so gerne lauschte, die so süß in meine Seele gingen, die schon süß waren, als du es noch nicht wußtest, denen ich glaubte wie der ewigen Wahrheit. Du hättest es nicht unternehmen müssen, mich zur Zerreißung unserer Liebe bewegen zu wollen, es soll, wenn hundertmal Pflicht, dir nicht möglich gewesen sein. Darum kann ich dir jetzt nicht mehr glauben, deine Liebe ist nicht die, die ich dachte und die die meinige ist. Ich habe den Vergleichpunkt verloren und weiß nicht, wie alles ist. Wenn du einst gesagt hättest, der Himmel ist nicht der Himmel, die Erde nicht die Erde, ich hätte es dir geglaubt. Jetzt weiß ich es nicht, ob ich dir glauben soll, was du sagst. Ich kann nicht anders, ich weiß es nicht, und ich kann nicht machen, daß ich es weiß. O Gott! daß es geworden ist, wie es ward, und daß zerstörbar ist, was ich für ewig hielt! Wie werde ich es ertragen können?‹«

»Sie barg ihr Angesicht in den Rosen vor ihr, und ihre glühende Wange war auch jetzt noch schöner als die Rosen. Sie drückte das Angesicht ganz in die Blumen und weinte so, daß ich glaubte, ich fühle das Zittern ihres Körpers oder es werde eine Ohnmacht ihren Schmerz erschöpfen. Ich wollte sprechen, ich versuchte es mehrere Male; aber ich konnte nicht, die Brust war mir zerpreßt und die Werkzeuge des Sprechens ohne Macht. Ich faßte nach ihrem Körper, sie zuckte aber weg, wenn sie es empfand. Dann stand ich unbeweglich neben ihr. Ich griff mit der bloßen Hand in die Zweige der Rosen, drückte, daß mir leichter würde, die Dornen derselben in die Hand und ließ das Blut an ihr nieder rinnen.«

»Als das eine Zeit gedauert hatte, als sich ihr Weinen etwas gemildert hatte, hob sie das Angesicht empor, trocknete mit dem Tuche, das sie aus der Tasche genommen, die Tränen und sagte: ›Es ist alles vorüber. Weshalb wir noch länger hier bleiben sollen, dazu ist kein Grund, lasse uns wieder in das Haus gehen und das Weitere dieser Handlung verfolgen. Wer uns begegnet, soll nicht sehen, daß ich so sehr geweint habe.‹«

»Sie trocknete neuerdings mit dem Tuche die Augen, ließ neue Tränen nicht mehr hervorquellen, richtete sich empor, strich sich die Haare ein wenig zurecht und sagte: ›Gehen wir in das Haus.‹«

»Sie richtete sich mit diesen Worten zum Gehen gegen den Weinlaubengang, und ich ging neben ihr. Das Blut an meiner Hand konnte sie nicht sehen. Ich unternahm es nicht mehr, sie zu trösten, ich sah, daß ihre Verfassung dafür nicht empfänglich war. Auch erkannte ich, daß sie im Zorne gegen mich ihren Schmerz leichter ertrage, als wenn dieser Zorn nicht gewesen wäre. Wir gingen schweigend in das Haus. Dort gingen wir in das Zimmer der Mutter. Mathilde warf sich ihrer Mutter an das Herz. Ich küßte der Frau die Hand und entfernte mich.«

»Den ganzen übrigen Teil des Tages verbrachte ich damit, meine Habe zu packen, um morgen dieses Haus verlassen zu können. Mathildens Vater besuchte mich einmal und sagte: ›Kränket euch nicht zu sehr, es wird vielleicht noch alles gut.‹«

»Im Übrigen waren seine Gründe, die er freundlich und sanft sagte, die nehmlichen wie die seiner Gattin. Auch Mathildens Mutter kam einmal zu mir herüber, lächelte trübsinnig bei meinem Treiben und gab mir die Hand. Meine Hoffnungen waren düsterer, als es die dieser zwei Menschen zu sein schienen. Mathildens Glauben an mich war erschüttert. Da ich meine Absicht, morgen abreisen zu wollen, erklärt hatte, und man nichts mehr dagegen einwendete, was man Anfangs tat, rief ich Alfred und sagte ihm, daß ich nicht etwa eine größere Reise vor habe, wie er glauben mochte, sondern daß ich auf lange, vielleicht auf immer dieses Haus verlasse. Es seien Umstände eingetreten, die dies notwendig machten. Er fiel mir mit Schluchzen um den Hals, ich konnte ihn gar nicht besänftigen, ja ich weinte beinahe selber laut. Er wurde später zu beiden Eltern, die in der Schreibstube des Vaters waren, geholt, damit sie ihn beruhigten. Sein Schlafzimmer war heute unter der Aufsicht eines Dieners ein anderes. Als er in dasselbe gebracht worden war, ging ich zu den Eltern und sagte ihnen den Dank für alles Gute, das ich in ihrem Hause genossen habe. Sie dankten mir auch und ließen mich Hoffnungen erblicken. Es ward verabredet, daß ich mit den Pferden des Hauses auf die nächste Post gebracht werden solle. Mathilde erschien nicht zum Abendessen.«

»Am nächsten Morgen wurde der Wagen bepackt. Ich machte mich reisefertig. Es war mir erlaubt worden, von Mathilden Abschied nehmen zu dürfen. Sie weigerte sich aber, mich zu sehen. Ich ging daher in meine Wohnung, reichte dem alten Raimund die Hand und sagte: ›Lebe wohl, Raimund.‹«

»›Lebt recht wohl, junger Herr‹, antwortete er, ›und seid recht glücklich.‹«

»›Du weißt nicht, Raimund!‹«

»›Ich weiß, ich weiß, junger Herr – es kann ja werden.‹«

»›Lebe wohl.‹«

»Ich ging nun die Treppe hinab, er begleitete mich. Unten bei dem Wagen stand der Herr und die Frau des Hauses und mehrere von den Dienstleuten. Auch vom Meierhofe waren Leute herbei gekommen. Alfred, der spät entschlummert war, schlief noch; die Besitzer des Hauses nahmen auf eine auszeichnende Weise von mir Abschied, die Umstehenden beurlaubten sich auch, wünschten mir Glück und eine fröhliche Wiederkehr. Ich bestieg den Wagen und fuhr von Heinbach dahin.«

»Der Besitzer dieses Hauses hatte mir einmal gesagt: ›Vielleicht verlasset ihr einst unser Haus nicht mit Reue und Schmerz.‹«

»Ich verließ es nicht mit Reue, aber mit Schmerz.«

»Er hatte auch die Vermutung ausgesprochen, daß mir etwa auch seine Familie unvergeßlich bleiben dürfte. Sie blieb mir unvergeßlich.«


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