Adalbert Stifter
Der Nachsommer
Adalbert Stifter

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Die Mitteilung

Zu Hause hatten sie mich noch nicht erwartet, weil ich ihnen durch meinen Brief angezeigt hatte, daß ich mit meinem Gastfreunde eine kleine Reise zu einer altertümlichen Kirche machen würde. Auch hatten sie sich vorgestellt, daß ich noch einmal in meinen Aufenthaltsort in das Hochgebirge gehen und mich auf der Rückreise eine Zeit in dem Sternenhofe aufhalten werde. Sie irrten aber; denn obwohl ich in beiden Orten war, war ich doch nicht lange dort, und es drängte mein Herz, den Meinigen zu eröffnen, wie meine Angelegenheiten stehen. Als ich dieses getan hatte, waren sie bei Weitem weniger ergriffen, als ich erwartet hatte. Sie freuten sich, aber sie sagten, sie hätten gewußt, daß es so sein würde, ja sie hätten seit Jahren die jetzige Entwicklung schon geahnt. Im Rosenhause und im Sternenhofe, meinten sie, würde man mich nicht so freundschaftlich und gütig behandelt haben, wenn man mich nicht lieb gehabt und wenn man nicht selbst das, was sich jetzt ereignet hat, als etwas Angenehmes betrachtet hätte, dessen Spuren man ja doch habe entstehen sehen müssen. So lieb mir diese Ansicht war, weil sie die Gesinnungen meiner Angehörigen gegen mich ausdrückte, so konnte ich doch nicht umhin, zu denken, daß nur die Meinigen die Sache so betrachten, weil sie eben die Meinigen sind, und daß sie mich auch darum des Empfangenen für würdig erachteten. Ich aber wußte es anders, weil ich Natalien und ihre Umgebung kannte und ihren Wert zu ahnen vermochte. Ich konnte das, was mir begegnete, nur als ein Glück ansehen, welches mir ein günstiges Schicksal entgegen geführt hatte und dessen immer würdiger zu werden ich mich bestreben müsse.

Mein Vater sagte, es sei alles gut, die Mutter ließ in wehmütiger und freudiger Stimmung immer wieder die Worte fallen, daß denn so gar nichts für ein so wichtiges Verhältnis vorbereitet sei; die Schwester sah mich öfter sinnend und betrachtend an.

Ich sprach die Bitte aus, daß die Eltern mir nun beistehen müßten, das, was in den gegenwärtigen Verhältnissen zu tun sei, auf das Schicklichste zu tun, und ich legte auch den Wunsch dar, daß ich nach des Vaters Ansicht eine größere Reise unternehmen möchte.

»Es sind mehrere Dinge nötig«, sagte der Vater. »Zuerst, glaube ich, erwartet man von deinen Eltern eine Annäherung an sie; denn die Angehörigen der Braut können sich nicht schicklich zuerst den Angehörigen des Bräutigams vorstellen. Außerdem hat mir dein Gastfreund Liebes erwiesen, was ich ihm noch nicht habe vergelten können. Ferner hat dir dein Gastfreund Mitteilungen zu machen, die er für notwendig hält; und endlich solltest du wirklich, wie du auch selber wünschest, eine größere Reise machen, um wenigstens im Allgemeinen Menschen und Welt näher kennen zu lernen. Was deine Gegenleute tun werden, ist ihre Sache, und wir müssen es erwarten. Unsere Angelegenheit ist jetzt, das, was uns obliegt, auf solche Weise zu tun, daß wir uns weder vordrängen noch daß etwas geschehe, was wie geringere Achtung dessen aussähe, was uns durch diese Verbindung geboten wird. Ich glaube, die natürlichste Ordnung wäre folgende. Du mußt zuerst die Mitteilungen deines Freundes anhören, weil sie dir zuerst ohne Bedingung angetragen worden sind. Dann werde ich mit deiner Mutter eine Reise zur Mutter deiner Braut machen und bei dieser Gelegenheit deinen Gastfreund besuchen. Endlich magst du den Vorschlag tun, daß du eine Reise zu höherer Ausbildung zu unternehmen wünschest. Weil aber dein Gastfreund selber gesagt hat, daß du, ehe er dir seine Mitteilungen macht, zu größerer Ruhe kommen sollst, und weil es andererseits unziemend wäre, zu sehr zu drängen, so kannst du nicht jetzt sogleich zu ihm gehen und ihn um seine Eröffnungen bitten, sondern du mußt eine Zeit verfließen lassen und ihn später, vielleicht im Winter, besuchen. Dadurch sieht er auch, daß du einerseits nicht zudringlich bist und daß du andererseits, da du in ungewohnter Jahreszeit zu ihm kömmst, doch die Sehnsucht zu erkennen gibst, deine Sache zu fördern. Und damit du gewisser zu der erforderlichen Ruhe gelangest, schlage ich dir vor, mich auf einer kleinen Reise in meine Geburtsgegend zu begleiten, die wir in Kürze antreten können.

Wenn du dann im Winter zu deinem Gastfreunde kömmst, so kannst du ihm unsere Grüße bringen und ihm sagen, daß wir mit Beginn der schöneren Jahreszeit kommen und für dich um die Hand der Tochter seiner Freundin werben werden.«

Alle waren mit diesem Vorschlage vollkommen einverstanden. Besonders freute sich die Mutter, als sie hörte, daß der Vater von freien Stücken auf einen Reiseplan gekommen sei, dessen Richtung sie gar nicht erraten hätte.

»Ich muß mich ja üben«, erwiderte er, »wenn ich im Frühlinge eine Reise in das Oberland bis in die Nähe der Gebirge antreten soll, die uns auch in den Rosenhof bringt und weiß Gott wie weit noch führen kann; denn wenn Leute, die immer zu Hause sind, einmal von der Wanderungslust ergriffen werden, dann können sie auch ihres Reisens kein Ende finden und besuchen Gegend um Gegend.«

Ich aber sagte hierauf: »Weil Klotilde nie die Gebirge gesehen hat, weil sie in dieser ganzen Angelegenheit am weitesten zurückgesetzt ist, weil ich ihr immer versprochen habe, sie in die Berge zu führen, und weil die Erfüllung dieses Versprechens durch meine größere Reise wieder hinaus geschoben werden könnte: so mache ich ihr den Vorschlag, mit mir, wenn ich mit dem Vater von unserer kleinen Reise zurückgekommen bin, einen Teil des Herbstes in dem Hochgebirge zuzubringen. Die Tage des Herbstes, selbst die des Spätherbstes, sind in den Gebirgen meistens sehr schön, und wir können in den klaren Lüften weiter herum sehen, als es oft in dem schwülen und gewitterreichen Dunstkreise der Monate Juni oder Juli möglich ist.«

Klotilde nahm diesen Vorschlag mit Freude an, und ich versprach ihr, in den Tagen, die noch bis zu meiner Abreise mit dem Vater verfließen werden, alles anzugeben, was sie an Kleidern und sonstigen Dingen zu der Gebirgsreise bedürfe, welche Gegenstände sie dann während meiner Abreise vorrichten lassen könne.

»Wenn ich zu den Mitteilungen meines Freundes an Ruhe gewinnen muß«, setzte ich hinzu, »so könnten diese Reisen das beste Mittel dazu abgeben.«

Der Vater und die Mutter waren mit meinem Vorschlage sehr zufrieden. Die Mutter sagte nur, sie werde an den Vorbereitungen Klotildens mitarbeiten und besonders darauf sehen, daß alles vorhanden sei, was zu dem Schutze der Gesundheit gehöre.

Ich erwiderte, daß das sehr gut sei und daß ich auch bei der Reise selber alle Maßregeln ergreifen werde, daß Klotildens Gesundheit keinen Schaden leide.

Wir fingen wirklich am andern Tage an, die Dinge zu bereden, welche Klotilde zur Reise brauche. Sie ging rüstig an die Anschaffung. Ich entwarf ein Verzeichnis der Notwendigkeiten, welches ich nach und nach ergänzte. Als einige Zeit verflossen war, glaubte ich es so vervollständigt zu haben, daß nun nicht leicht mehr etwas Wesentliches vergessen werden konnte.

 

Indessen rückte auch der Tag heran, an welchem ich mit dem Vater abreisen sollte.

Am frühen Morgen desselben setzten wir uns in den leichten Reisewagen, dessen sich der Vater immer bedient hatte, wenn er größere Entfernungen zurücklegen mußte. Jetzt war er lange nicht mehr aus dem Wagenbehältnis gekommen. Auf Anordnung der Mutter wurde er einige Tage vorher von Sachkundigen genau untersucht, ob er nicht heimliche Gebrechen habe, welche uns in Schaden bringen könnten. Als dies einstimmig verneint worden war, gab sie sich zufrieden. Wir hatten Postpferde, wechselten dieselben an gehörigen Orten und hielten uns in ihnen so lange auf, als es uns beliebte. Gegen jeden Abend ließ der Vater noch bei Tageslicht halten, es wurde das Nachtlager bestellt und wir machten vor dem Abendessen einen Spaziergang. In diesen Tagen, an denen ich mehr Stunden hintereinander ununterbrochen mit dem Vater zubrachte, als dies je vorher der Fall gewesen war, sprach ich auch mehr mit ihm als je zu einer anderen Zeit. Wir sprachen von Kunstdingen: er erzählte mir von seinen Bildern, sagte mir Manches über ihre Erwerbung, was ich noch nicht wußte, und verbreitete sich in guter Rede über ihren Kunstwert, er kam auf seine Steine und erklärte mir Manches; wir ergingen uns in Büchern, die uns beiden geläufig waren, setzten ihren Wert, wenn er dichterisch oder wissenschaftlich war, auseinander und erinnerten uns gegenseitig an Teile des Inhaltes; wir sprachen auch von Zeitereignissen und von der Lage unsers Staates.

Er erzählte mir endlich von seinem kaufmännischen Geschäfte und machte mich mit dessen Grundlagen und Stellungen bekannt. Er zeigte mir Teile der Gegend, durch die wir fuhren, und unterrichtete mich von dem Schicksale mancher Familie, die in diesem oder jenem Abschnitte der Landschaft wohnte. Unter diesen Verhältnissen kamen wir am vierten Tage an dem Orte unserer Bestimmung an. Die Gegend war mir völlig unbekannt, weil mich meine Wanderungen nie hieher getragen hatten.

Am Saume des Waldes, der den Norden unseres Landes begrenzt, ging ein Tal hin, das einst Wald gewesen war und das jetzt zerstreute Häuser, einzelne Felder, Wiesen, Felsen, Schluchten und rinnende Wasser in seinem Bereiche hegte. Eines der Häuser, halb aus Holz gezimmert und halb gemauert, war das Geburtshaus meines Vaters. Es stand am Rande eines Wäldchens, das von dem großen Walde herstammte, der einst diese ganzen Gegenden bedeckt hatte. Es war gegen West durch eine Gruppe sehr großer und dicht stehender Buchen gedeckt, daß ihm die Winde von dorther wenig anhaben konnten, hatte gegen Ost den Schutz eines Felsens, im Norden den des großen Waldbandes und schaute gegen Süden auf seine nicht unbeträchtlichen Wiesen und Felder, deren Ergiebigkeit in Getreide gering, in Futterkräutern außerordentlich war, weshalb der größere Reichtum auch in Herden bestand. Wir fuhren in das Gasthaus des Tales, ließen unsere Reisedinge abpacken, bestellten uns auf einige Tage Wohnung und besuchten dann die sehr entfernten Verwandten, welche jetzt des Vaters Stammhaus bewohnten. Es war gegen Mittag. Sie nahmen uns, da wir uns entdeckt hatten, sehr freundlich auf und verlangten, daß wir unser Gepäcke holen lassen und bei ihnen wohnen sollten. Nur auf die dringenden Vorstellungen des Vaters, daß wir ihnen die Bequemlichkeit nähmen und selber keine gewännen, gaben sie nach und verlangten nur noch, daß wir zum bevorstehenden Mittagessen bei ihnen bleiben sollten, was wir annahmen.

Da wir nun in der großen Wohnstube saßen, zeigte mir der Vater den geräumigen Ahorntisch, bei dem er und seine Geschwister ihre Nahrung eingenommen hatten. Der Tisch war alt geworden, aber der Vater sagte, daß er noch in derselben Ecke stehe, von den zwei Fenstern beglänzt und von der hereinscheinenden Sonne beleuchtet wie einst. Er zeigte mir seine gewesene, neben der Stube befindliche Schlafkammer.

Dann gingen wir hinaus, er wies mir die Treppe, die auf den hölzernen Gang führte, welcher rings um den Hof lief, und den Quell, der sich noch immer mit hellem Wasser in den Granittrog ergoß, welchen schon sein Urgroßvater hatte hauen lassen, er wies mir den Stall, die Scheune und hinter ihr den Waldweg, auf dem er, noch ein halbes Kind, mit einem Stabe in der Hand die Heimat verlassen habe, um in der Fremde sein Glück zu suchen. Wir gingen sogar in das Freie und dort herum. Der Vater blieb häufig stehen und erinnerte sich noch der Fruchtgattungen, welche auf verschiedenen Stellen gestanden waren, als er mit einem Täfelchen, darauf sich rote und schwarze Buchstaben befanden, in das eine Viertelstunde entlegene hölzerne Haus ging, das an der Straße stand, von Buchen umgeben war und die Schule für alle Kinder des Tales vorstellte. Er sagte, es sei alles noch wie zur Zeit seiner Kindheit, die nehmlichen Begrenzungen, die nehmlichen kleinen Feldwege und dieselben Wassergräben und Quellrinnsale. Er sagte, es sei ihm, als ständen sogar dieselben Arnicablumen auf der Wiese, die er als Knabe angeschaut habe, und da er mich zu dem Steinbühl geführt hatte, der am Rande der Felder lag, so ragten die Himbeerzweige empor, rankten sich die dornenreichen Brombeerreben um die Steine und wucherten die Erdbeerblätter, gerade wie die, von denen er als Knabe gepflückt hatte. Vom Steinbühl gingen wir zu dem einfachen Essen, das wir mit unsern Verwandten verzehrten. Nach demselben besuchten wir mit dem jetzigen Eigentümer alle Besitzungen. Der Vater sagte, dort habe sein Vater gepflügt, geeggt, gegraben, hier habe seine Mutter mit der Schwester, der Magd und den Tagelöhnern Heu gemacht, dort seien die Kühe und Ziegen gegen den Wald hinan gegangen wie sie jetzt gehen, und die Seinigen haben ausgesehen wie die Leute jetzt aussehen.

Als wir zurückgekehrt waren, verabschiedeten wir uns, der Vater dankte für die Bewirtung und sagte, daß er gegen den Abend noch einmal in das Haus kommen werde.

Da wir uns in dem Zimmer unseres Gasthofes befanden, öffnete der Vater seinen Koffer und nahm allerlei Dinge aus demselben hervor, welche zu Geschenken für die Bewohner des Hauses bestimmt waren, in dem wir gespeist hatten. Ich war von ihm nie in die Kenntnis gesetzt worden, welche Bewohner wir in seinem Vaterhause treffen würden, er mußte sie wohl auch selber nicht genau gekannt haben. Ich war also nicht mit Geschenken versehen. Der Vater hatte aber auch für diesen Fall gesorgt, er gab mir mehrere Dinge, besonders Stoffe, kleine Schmucksachen und Ähnliches, um es bei unserem Abendbesuche in dem Hause auszuteilen. Er hatte nicht gleich bei seiner Ankunft die Geschenke mitnehmen wollen, weil er es, obwohl die Leute nur die gewöhnlichen Talbewohner dieser Gegend waren, für unschicklich hielt, mit Gaben belastet das Haus zu betreten und ihnen gleichsam sagen zu wollen: ›Ich glaube, daß ihr das für das Wichtigste haltet.‹ Jetzt aber war er ihnen etwas schuldig geworden und konnte den Dank für die gute Aufnahme abstatten.

Als wir die Geschenke in dem Hause verteilt und dafür die Freude und den Dank der Empfänger geerntet hatten, die in zwei Eheleuten mittlerer Jahre, in deren zwei Söhnen, einer Tochter und in einer alten Großmutter bestanden – den Knecht und die zwei Mägde nicht gerechnet -, war es mittlerweile Nacht geworden, und wir kehrten wieder in unsere Herberge zurück.

Wir blieben noch vier Tage in der Gegend. Der Vater besuchte in meiner Begleitung viele Stellen, die ihm einst lieb gewesen waren, einen kleinen See, einen Felsblock, von dem eine schöne Aussicht war, eine Gartenanlage in einem nicht sehr entfernten schloßähnlichen Gebäude, die hölzerne Schule und vor allem die eine und eine halbe Wegestunde entfernte Kirche, welche das Gotteshaus des Tales war und um welche der Kirchhof bog, in welchem sein Vater und seine Mutter ruhten. Eine weiße Marmortafel, die er und sein Bruder hatten setzen lassen, ehrte ihr Angedenken. Sonst ging der Vater auch fast in allen Zeiten des Tages auf den Wegen der Felder und des Waldes herum.

Am fünften Tage traten wir die Rückreise zu den Unsrigen an.

Wir waren am frühen Morgen noch zu unsern Verwandten gegangen. Sie waren, wie es bei Landleuten in solchen Fällen gebräuchlich ist, schöner angekleidet als sonst und erwarteten uns. Wir nahmen in herzlicher Weise Abschied. Ich versprach, da ich ohnehin das Wandern gewohnt sei und viele Gegenden besuche, auch hieher wieder zu kommen und noch öfter in dem kleinen Hause vorzusprechen. Der Vater sagte, es könne sein, daß er wieder komme oder auch nicht, wie es sich eben beim Alter füge. Man müsse erwarten, was Gott gewähre. Die Leute begleiteten uns in das Gasthaus und blieben da, bis wir den Wagen bestiegen hatten. Aus den Worten ihres Abschiedes und ihrer Danksagungen erkannte ich, daß der Vater ihnen auch eine Summe Geldes gegeben haben müsse. Sie sahen uns sehr lange nach.

Im Fortfahren war der Vater anfangs ernst und wortkarg, es mochte ihm das Herz schwer gewesen sein. Später entwickelte sich bei uns wieder ein Verkehr der Rede, wie er auf der Herreise gewesen war.

Am Abende des dritten Tages nach unserer Abfahrt waren wir wieder in dem Hause in der Vaterstadt.

Die Mutter war sehr erfreut, daß der Aufenthalt von elf Tagen in der freien Luft für den Vater von so wohltätigen Folgen gewesen sei. Seine Wangen haben sich nicht nur schön rot gefärbt, sie seien auch voller geworden, und das Auge sei weit klarer, als wenn es immer auf das Papier seiner Schreibstube geblickt hätte.

»Das ist nur die Wirkung des Anfangs und eine Folge des Reizes des Wechsels auf die körperlichen Gebilde«, sagte der Vater, »im Verlaufe der Zeit gewöhnt sich Blut, Muskel und Nerv an die freie Luft und Bewegung und das erste rötet sich nicht mehr so, und die letzten schwellen. Allerdings aber wirkt viel Aufenthalt in freier Luft und gehörige Bewegung, in welche sich keine Sorgen mischen, weit günstiger auf die Gesundheit, als ein stetiges Sitzen in Stuben und ein Hingeben an Gedanken für die Zukunft. Wir werden schon einmal, und wer weiß wie nahe die Zeit ist, auch dieses Glück genießen und uns recht darüber freuen.«

»Wir werden uns freuen, wenn du es genießest«, erwiderte die Mutter, »du entbehrst es am meisten und dir ist es am nötigsten. Wir Andern können in unsern Garten und in die Umgebung der Stadt gehen, du suchst immer die düstere Stube. Weil du es aber schon so oft gesagt hast, so wird es doch einmal wahr werden.«

»Es wird wahr werden, Mutter«, antwortete der Vater, »es wird wahr werden.«

Sie wendete sich an uns, wir sollen bestätigen, daß der Vater nie so gesund und so heiter ausgesehen habe als nach dieser kurzen Reise.

Wir gaben es zu.


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