Adalbert Stifter
Der Nachsommer
Adalbert Stifter

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Das meinige war ein großes freundliches Gemach, in welchem bereits auf dem Tische zwei Kerzen brannten. Ich legte, da der Diener die Tür hinter sich geschlossen hatte, meinen Hut auf den Tisch, und das Nächste, was ich tat, war, daß ich mehrere Male schnell in dem Zimmer auf und nieder ging, um die durch das Fahren ersteiften Glieder wieder ein wenig einzurichten. Als dieses ziemlich gelungen war, trat ich an eines der offenen Fenster, um herum zu schauen. Es war aber nicht viel zu sehen. Die Nacht war schon zu weit vorgerückt und die Lichter im Zimmer machten die Luft draußen noch finsterer. Ich sah nur so viel, daß meine Fenster ins Freie gingen. Nach und nach begrenzten sich vor meinen Augen die dunkeln Gestalten der am Fuße des Hügels stehenden Ahorne, dann kamen Flecken von dunkler und fahler Farbe, wahrscheinlich Abwechslung von Feld und Wald, weiter war nichts zu unterscheiden als der glänzende Himmel darüber, der von unzähligen Sternen, aber nicht von dem geringsten Stückchen Mond beleuchtet war.

Nach einer Zeit kam Gustav und holte mich zu dem Abendessen ab. Er hatte eine große Freude, daß ich in dem Sternenhofe sei. Ich ordnete aus meinem Reisesacke, der heraufgeschafft worden war, ein wenig meine Kleider und folgte dann Gustav in das Speisezimmer. Dasselbe war fast wie das in dem Rosenhause. Mathilde saß wie dort in einem Ehrenstuhle oben an, ihr zur Rechten mein Gastfreund und Natalie, ihr zur Linken ich, Eustach und Gustav. Auch hier besorgte eine Haushälterin und eine Magd den Tisch. Der Hergang bei dem Speisen war der nehmliche wie an jenen Abenden bei meinem Gastfreunde, an denen wir alle beisammen gewesen waren.

Um von der Reise ausruhen zu können, trennte man sich bald und suchte seine Zimmer.

Ich entschlief unter Unruhe, sank aber nach und nach in festeren Schlummer und erwachte, da die Sonne schon aufgegangen war.

Jetzt war es Zeit, herum zu schauen.

Ich kleidete mich so schnell und so sorgfältig an, als ich konnte, ging an ein Fenster, öffnete es und sah hinaus. Ein ganz gleicher, sehr schön grüner Rasen, der durch keine Blumengebüsche oder dergleichen unterbrochen war, sondern nur den weißen Sandweg enthielt, breitete sich über die gedehnte Dachung des Hügels, auf der das Gebäude stand, hinab. Auf dem Sandwege aber gingen Natalie und Gustav herauf. Ich sah in die schönen jugendlichen Angesichter, sie aber konnten mich nicht sehen, weil sie ihre Augen nicht erhoben. Sie schienen in traulichem Gespräche begriffen zu sein, und bei ihrer Annäherung – an dem Gange, an der Haltung, an den großen dunklen Augen, an den Zügen der Angesichter – sah ich wieder recht deutlich, daß sie Geschwister seien. Ich sah auf sie, so lange ich sie erblicken konnte, bis sie endlich der dunkle Torweg aufgenommen hatte.

Jetzt war die Gegend sehr leer.

Ich blickte kaum auf sie.

Allgemach entwickelten sich aber wieder freundlich Felder, Wäldchen und Wiesen im Gemisch, ich erblickte Meierhöfe rings herumgestreut, hie und da erglänzte ein weißer Kirchturm in der Ferne und die Straße zog einen lichten Streifen durch das Grün. Den Schluß machte das Hochgebirge, so klar, daß man an dem untern Teile seiner Wand die Talwindungen, an dem obern die Gestaltung der Kanten und Flächen und die Schneetafeln wahrnehmen konnte.

Sehr groß und schön waren die Ahorne, die unten am Hügel standen, deshalb mochten sie schon früher bei meinen Reisen durch diese Gegend meine Aufmerksamkeit erregt haben. Von ihnen zogen sich Erlenreihen fort, die den Lauf der Bäche anzeigten.

Das Haus mußte weitläufig sein; denn die Wand, in der sich meine Fenster befanden und die ich, hinausgebeugt, übersehen konnte, war sehr groß. Sie war glatt mit vorspringenden steinernen Fenstersimsen und hatte eine grauweißliche Farbe, mit der sie offenbar erst in neuerer Zeit übertüncht worden war.

Hinter dem Hause mußte vielleicht ein Garten oder ein Wäldchen sein, weil ich Vogelgesang herüber hörte. Auch war es mir zuweilen, als vernähme ich das Rauschen des Hofbrunnens.

Der Tag war heiter.

Ich harrte nun der Dinge, die kommen sollten.

 

Ein Diener rief mich zu dem Frühmahle. Es war zu derselben Zeit wie im Rosenhause. Als ich in das Speisezimmer getreten war, sagte mir Mathilde, daß es sehr lieb von mir sei, daß ich ihre Freunde und ihren Sohn in den Sternenhof begleitet habe, sie werde sich bemühen, daß es mir in demselben gefalle, wozu ihr ihr Freund, der mir den Asperhof anziehend mache, beistehen müsse.

Ich antwortete, daß ich mich auf die Reise in den Sternenhof sehr gefreut habe und daß ich mich freue, in demselben zu sein. Von einer Bedeutung sei es nicht, daß mir eine Rücksicht zu Teil werde, ich bitte nur, daß man, wenn ich etwas fehle, es nachsehe.

Nach mir trat Eustach ein. Mathilde begrüßte auch ihn noch einmal.

Gustav, der schon zugegen war, gesellte sich zu mir.

Die Frauen waren häuslich und schön, aber minder einfach als in dem Rosenhause gekleidet. Meinen Gastfreund sah ich zum ersten Male in ganz anderen Kleidern als auf seiner Besitzung und auf dem Besuche zu Ingheim. Er war schwarz, mit einem Fracke, der einen etwas weiteren und bequemeren Schnitt hatte als gewöhnlich, und sogar einen leichten Biberhut trug er in der Hand.

Nach dem Frühmahle sagte Mathilde, sie wolle mir ihre Wohnung zeigen. Die andern gingen mit. Wir traten aus dem Speisezimmer in einen Vorsaal. Am Ende desselben wurden zwei Flügeltüren aufgetan, und ich sah in eine Reihe von Zimmern, welche nach der ganzen Länge des Hauses hinlaufen mußte. Als wir eingetreten waren, sah ich, daß in den Zimmern alles mit der größten Reinheit, Schönheit und Zusammenstimmung geordnet war. Die Türen standen offen, so daß man durch alle Zimmer sehen konnte. Die Geräte waren passend, die Wände waren mit zahlreichen Gemälden geziert, es standen Glaskästen mit Büchern, es waren musikalische Geräte da, und auf Gestellen, die an den rechten Orten angebracht waren, befanden sich Blumen. Durch die Fenster sah die nähere Landschaft und die ferneren Gebirge herein.

Es zeigte sich, daß diese Zimmer ein schöner Spaziergang seien, der unter dem Dache und zwischen den Wänden hinführte. Man konnte sie entlang schreiten, von angenehmen Gegenständen umgeben sein und die Kälte oder das Ungestüm des Wetters oder Winters nicht empfinden, während man doch Feld und Wald und Berg erblickte. Selbst im Sommer konnte es Vergnügen gewähren, hier bei offenen Fenstern gleichsam halb im Freien und halb in der Kunst zu wandeln. Da ich meinen Blick mehr auf das Einzelne richtete, fielen mir die Geräte besonders auf. Die waren neu und nach sehr schönen Gedanken gebildet. Sie schickten sich so in ihre Plätze, daß sie gewissermaßen nicht von Außen gekommen, sondern zugleich mit diesen Räumen entstanden zu sein schienen. Es waren an ihnen sehr viele Holzarten vermischt, das erkannte ich sehr bald, es waren Holzarten, die man sonst nicht gerne zu Geräten nimmt, aber sie schienen mir so zu stimmen, wie in der Natur die sehr verschiedenen Geschöpfe stimmen.

Ich machte in dieser Hinsicht eine Bemerkung gegen meinen Gastfreund, und er antwortete: »Ihr habt einmal gefragt, ob Gegenstände, die wir in unserem Schreinerhause neu gemacht haben, in meinem Hause vorhanden seien, worauf ich geantwortet habe, daß nichts von Bedeutung in demselben sei, daß sich aber einige gesammelt in einem anderen Orte befinden, in den ich euch, wenn ihr Lust zu solchen Dingen hättet, geleiten würde. Diese Zimmer hier sind der andere Ort, und ihr seht die neuen Geräte, die in unserem Schreinerhause verfertigt worden sind.«

»Es ist aber zu bewundern, wie sehr sie in ihren Abwechslungen und Gestalten hieher passen«, sagte ich.

»Als wir einmal den Plan gefaßt hatten, die Zimmer Mathildens nach und nach mit neuen Geräten zu bestellen«, erwiderte er, »so wurde die ganze Reihe dieser Zimmer im Grund- und Aufrisse aufgenommen, die Farben bestimmt, welche die Wände der einzelnen Zimmer haben sollten, und diese Farben gleich in die Zeichnungen getragen. Hierauf wurde zur Bestimmung der Größe, der Gestalt und der Farbe, mithin der Hölzer der einzelnen Geräte geschritten. Die Farbezeichnungen derselben wurden verfertigt und mit den Zeichnungen der Zimmer verglichen. Die Gestalten der Geräte sind nach der Art entworfen worden, die wir vom Altertume lernten, wie ich euch einmal sagte, aber so, daß wir nicht das Altertum geradezu nachahmten, sondern selbstständige Gegenstände für die jetzige Zeit verfertigten mit Spuren des Lernens an vergangenen Zeiten. Wir sind nach und nach zu dieser Ansicht gekommen, da wir sahen, daß die neuen Geräte nicht schön sind und daß die alten in neue Räume zu wohnlicher Zusammenstimmung nicht paßten. Wir haben uns selber gewundert, als die Sachen nach vielerlei Versuchen, Zeichnungen und Entwürfen fertig waren, wie schön sie seien. In der Kunst, wenn man bei so kleinen Dingen von Kunst reden kann, ist eben so wenig ein Sprung möglich als in der Natur. Wer plötzlich etwas so Neues erfinden wollte, daß weder den Teilen noch der Gestaltung nach ein Ähnliches da gewesen ist, der würde so töricht sein wie der, der fordern würde, daß aus den vorhandenen Tieren und Pflanzen sich plötzlich neue, nicht dagewesene entwickeln. Nur daß in der Schöpfung die Allmählichkeit immer rein und weise ist; in der Kunst aber, die der Freiheit des Menschen anheim gegeben ist, oft Zerrissenheit, oft Stillstand, oft Rückschritt erscheint. Was die Hölzer anbelangt, so sind da fast alle und die schönsten Blätter verwendet worden, die wir aus den Knollen der Erlen geschnitten haben, die in unserer Sumpfwiese gewachsen sind. Ihr könnt sie dann betrachten. Wir haben uns aber auch bemüht, Hölzer aus unserer ganzen Gegend zu sammeln, die uns schön schienen, und haben nach und nach mehr zusammengebracht, als wir anfänglich glaubten. Da ist der schneeige, glatte Bergahorn, der Ringelahorn, die Blätter der Knollen von dunkelm Ahorn – alles aus den Alizgründen -, dann die Birke von den Wänden und Klippen der Aliz, der Wachholder von der dürren, schiefen Haidefläche, die Esche, die Eberesche, die Eibe, die Ulme, selbst Knorren von der Tanne, der Haselstrauch, der Kreuzdorn, die Schlehe und viele andere Gesträuche, die an Festigkeit und Zartheit wetteifern, dann aus unseren Gärten der Wallnußbaum, die Pflaume, der Pfirsich, der Birnbaum, die Rose. Eustach hat die Blätter der Hölzer alle gemalt und zur Vergleichung zusammengestellt, er kann euch die Zeichnung einmal im Asperhofe zeigen und die vielen Arten noch angeben, die ich hier nicht genannt habe. In der Holzsammlung müssen sie ja auch vorhanden sein.«

Ich betrachtete die Sachen genauer. Die Erlenblätter, von denen mir mein Gastfreund im vorigen Jahre gesagt hatte, daß sie an einem anderen Orte verwendet worden seien, waren in der Tat außerordentlich, so feurig und fast erhaben, auch ungemein groß; alles andere Holz, wie zart, wie schön in der Zusammenstellung, daß man gar nicht ahnen sollte, daß dies in unseren Wäldern ist. Und die Gestalten der Geräte, wie leicht, wie fein, wie anschmiegend, sie waren ganz anders als die jetzt verfertigt werden, und waren doch neu und für unsere Zeit passend. Ich erkannte, welch ein Wert in den Zeichnungen liege, die Eustach habe. Ich dachte an meinen Vater, der solche Dinge so liebt. Ach, wenn er nur hier wäre, daß er sie sehen könnte! Mir war, als gingen mir neue Kenntnisse auf. Ich wagte einen Blick auf Natalie, ich wendete ihn aber schnell wieder weg; sie stand so in Gedanken, daß ich glaube, daß sie errötete, als ich sie anblickte.

Mathilde sagte zu Eustach: »Es ist im Verlaufe der Zeit, ohne daß eine absichtliche Störung vorgekommen wäre, manches hier anders geworden und nicht mehr so schön als anfangs. Wir werden es einmal, wenn ihr Zeit habt und herüber kommen wollt, ansehen, ihr könnt die Fehler erkennen und Mittel zur Abhilfe an die Hand geben.«

Wir gingen nun weiter. Durch eine geöffnete Tür gelangten wir in Zimmer, welche in einer anderen Richtung des Hauses lagen. Die durchwanderten hatten nach Süd gesehen, diese sahen nach West. Es waren ein großer Saal und zwei Seitengemächer. Waren die früheren Zimmer lieb und wohnlich gewesen, so waren diese wahrhaft prachtvoll. Der Saal war mit Marmor gepflastert, die Zimmer hatten altertümliche Wandbekleidung, altertümliche Fenstervorhänge und altertümliche Geräte, der Fußboden des Saales enthielt die schönsten, seltensten und zahlreichsten Gattungen unsers Marmors, nach einer Zeichnung eingelegt und so geglättet, daß er alle Dinge spiegelte. Es war der ernsteste und feurigste Teppich. Wir mußten hier auch Filzschuhe anlegen. Auf diesem Spiegelboden standen die schönsten und wohlerhaltensten alten Schreine und andere Einrichtungsstücke. Es waren hier die größten versammelt. In den zwei anstoßenden Gemächern standen auf feurig farbigen Holzteppichen die kleineren, zarteren und feineren. Waren gleich die altertümlichen Geräte nicht schöner als die bei meinem Gastfreunde – ich glaube, schönere wird es kaum geben -, so zeigte sich hier eine Zusammenstimmung, als müßten die, welche diese Dinge ursprünglich hatten herrichten lassen, in ihren einstigen Trachten bei den Türen hereingehen. Es ergriff einen ein Gefühl eines Bedeutungsvollen.

»Die Marmore«, sagte mein Gastfreund, »sind aller Orten erworben, geschliffen, geglättet und nach einer altertümlichen Zeichnung vieler Kirchenfenster eingesetzt worden.«

»Aber daß ihr die Geräte so zusammen gefunden habt, daß sie wie ein Einziges stimmen, ist zu verwundern«, sagte ich.

»Also empfindet ihr, daß sie stimmen?« erwiderte er. »Seht, das ist mir lieb, daß ihr das sagt. Ihr seid ein Beobachter, der nicht von der Sucht nach Altem befangen ist, wie uns unsere Gegner vorwerfen. Ihr empfangt also das Gefühl von den Gegenständen und tragt es nicht in dieselben hinein, wie auch unsere Gegner von uns sagen. Die Sache aber ist nur so: als man die Nichtigkeit und Leere der letztvergangenen Zeiten erkannte und wieder auf das Alte zurück wies und es nicht mehr als Plunder und Trödel ansah, sondern Schönes darin suchte: da geschahen freilich törichte Dinge. Man sammelte wieder Altes und nur Altes. Statt der neuen Mode mit neuen Gegenständen kam die neueste mit alten Gegenständen. Man raffte Schreine, Betschemel, Tische und dergleichen zusammen, weil sie alt waren, nicht weil sie schön waren, und stellte sie auf. Da standen nun Dinge beisammen, die in ihren Zeiten weit von einander ablagen, es konnte nicht fehlen, daß ein Widerwärtiges herauskam und daß die Feinde des Alten, wenn sie Gefühl hatten, sich abwenden mußten. Nichts aber kann so wenig passen, als alte Dinge von sehr verschiedenen Zeiten. Die Vorältern legten so sehr einen eigentümlichen Geist in ihre Dinge – es war der Geist ihres Gemütes und ihres allgemeinen Gefühlslebens -, daß sie diesem Geiste sogar den Zweck opferten. Man bringt Linnen, Kleider und dergleichen in neue Geräte zweckmäßiger unter als in alte. Man kann daher alte Geräte von ziemlich gleicher Zeit, aber verschiedenem Zwecke ohne große Störung des Geistes der Traulichkeit und Innigkeit, der in ihnen wohnt, zusammenstellen, während von unseren Geräten, die keinen Geist, aber einen Zweck haben, sogleich ein Widersinniges ausgeht, wenn man Dinge verschiedenen Gebrauches in dasselbe Zimmer tut, wie etwa den Schreibtisch, den Waschtisch, den Bücherschrein und das Bett. Die größte Wirkung erzielt man freilich, wenn man alte Geräte aus derselben und guten Zeit, die also denselben Geist haben, und auch Geräte des nehmlichen Zweckes, in ein Zimmer bringt. Da spricht nun in der Wirklichkeit etwas ganz anderes als bei unseren neuen Dingen.«

»Und das scheint mir hier der Fall zu sein«, sagte ich.

»Es ist nicht Alles alt«, erwiderte er. »Viele Dinge sind so unwiederbringlich verloren gegangen, daß es fast unmöglich ist, eine ganze Wohnung mit Gegenständen aus der selben Zeit einzurichten, daß kein notwendiges Stück fehlt. Wir haben daher lieber solche Stücke im alten Sinn neu gemacht, als alte Stücke von einer ganz anderen Zeit zugemischt. Damit aber Niemand irre geführt werde, ist an jedem solchen altneuen Stücke ein Silberplättchen eingefügt, auf welchem die Tatsache in Buchstaben eingegraben ist.«

Er zeigte mir nun jene Gegenstände, welche in dem Schreinerhause als Ergänzung hinzugemacht worden sind.

Trotzdem war bei mir der Eindruck immer derselbe, und ich hatte beständig und beständig den Gedanken an meinen Vater in dem Haupte. Man führte mich auch zu den alten, schweren, mit Gold und Silber durchwirkten Fenstervorhängen und zeigte mir dieselben als echt, so auch die ledernen, mit Farben und Metallverzierungen versehenen Belege der Zimmerwände. Nur hat man da in dem Leder nachhelfen und ihm Nahrung geben müssen.

Als ich diese ernsten und feierlichen Gemächer genugsam betrachtet hatte, öffnete Mathilde das schwere Schloß der Ausgangstür, und wir kamen in mehrere unbedeutende Räume, die nach Norden sahen, worunter auch der allgemeine Eintrittssaal und das Speisezimmer waren. Von da gelangten wir in den Flügel, dessen Fenster die Morgensonne hatten. Hier waren die Wohnzimmer Mathildens und Nataliens. Jede hatte ein größeres und ein kleineres Gemach. Sie waren einfach mit neuen Geräten eingerichtet und drückten durch Dinge unmittelbaren Gebrauches die Bewohntheit aus, ohne daß ich die vielen Spielereien sah, mit denen gerne, zwar nicht bei meinen Eltern, aber an anderen Orten unserer Stadt, die Zimmer der Frauen angefüllt sind. In jeder der zwei Wohnungen sah ich eine der Zithern, die in dem Rosenhause gewesen waren. Bei Natalien herrschten besonders Blumen vor. Es standen Gestelle herum, auf welche sie von dem Garten herauf gebracht worden waren, um hier zu verblühen. Auch standen größere Pflanzen, namentlich solche, welche schöne Blätter oder einen schönen Bau hatten, in einem Halbkreise und in Gruppen auf dem Fußboden.

In einem Vorsaale, der den Eintritt zu diesen Wohnungen bildete, befand sich ein Clavier.

Die Zimmer im zweiten Stockwerke des Hauses waren geblieben, wie sie früher gewesen waren. Sie sahen so aus, wie sie gerne in weitläufigen alten Schlössern auszusehen pflegen. Sie waren mit Geräten vieler Zeiten, die meistens ohne Geschmack waren, mit Spielereien vergangener Geschlechter, mit einigen Waffen und mit Bildern, namentlich Bildnissen, die nach der Laune des Tages gemacht waren, angefüllt. Namentlich waren an den Wänden der Gänge Abbildungen aufgehängt von großen Fischen, die man einmal gefangen, nebst beigefügter Beschreibung, von Hirschen, die man geschossen, von Federwild, von Wildschweinen und dergleichen. Auch Lieblingshunde fehlten nicht. In diesem Stockwerke waren nach Süden die Gastzimmer, und der Flügel derselben war geordnet worden. Hier befand sich auch mein Zimmer nebst dem Gustavs.


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