Adalbert Stifter
Der Nachsommer
Adalbert Stifter

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Das Vertrauen

Ich blieb einige Zeit bei meinem Gastfreunde, teils, weil er es selber verlangte, teils, um jene Ruhe zu gewinnen, die ich sonst immer hatte und die ich brauchte, um in meinen Bestrebungen klar zu sehen und sie nach gemachter Einsicht zu ordnen.

Die Leute blickten mich fragend oder verwundert an. Vermutlich hatte es sich ausgebreitet, in welche Beziehung ich zu Personen getreten bin, welche Freunde des Hauses sind und welche oft in dasselbe als Besuchende kommen. Nirgends aber trat mir der Anschein entgegen, als ob man mir das Verhältnis mißgönnte oder es mit ungünstigen Augen ansähe. Im Gegenteile, die Leute waren fast freundlicher und dienstwilliger als vorher. Ich kam in das Gartenhaus. Der Gärtner Simon trat mir mit einer Art Ehrerbietung entgegen und rief seine Gattin Clara herbei, um ihr zu sagen, daß ich da sei, und um sie zu veranlassen, daß sie mir ihre Verbeugung mache. Er hatte dies sonst nie getan. Als diese Art von Vorstellung vorüber war, führte er mich erst in den Garten, wie er mit kurzem Ausdrucke bloß seine Gewächshäuser nannte. Er zeigte mir wieder seine Pflanzen, erklärte mir, was neu erworben worden war, was sich besonders schön entwickelt habe und was in gutem Stande geblieben sei; er erzählte mir auch, welche Verluste man erlitten habe, wie die Pflanzen im schönsten Gedeihen gewesen seien, die man verloren habe und welchen besonderen Ursachen man ihren Verlust zuschreiben müsse. Er bedachte hiebei nicht, daß etwa meine Gedanken anderswo sein könnten, wie er bei einer früheren Gelegenheit auch nicht geahnt hatte, daß mein Gemüt abwesend sei, da er mir ebenfalls mit vieler Lust und großer Umsicht seine Gewächse erklärt hatte. Besonders eifrig war er in der Darlegung der Vorzüge und Schönheiten der Rose, welche die Frau des Sternenhofes für den Herrn des Hauses aus England verschrieben habe. Er führte mich zu ihr und zeigte mir alle Vortrefflichkeiten derselben. Dann mußte ich auch mit ihm in das Cactushaus gehen, wo er mir sogleich den Cereus Peruvianus wies, der durch meine Güte, wie er sich ausdrückte, in den Asperhof gekommen sei. Er wachse bereits steilrecht in seinem Glasfache empor, was durch viele Mühe und Kunst bewirkt worden sei. Die gelbliche Farbe vom Inghofe sei in die dunkelblau-grüne, gleichsam mit einem Dufte überflogene übergegangen, welche die völlige Gesundheit der Pflanze beweise. Wenn es so fortgehe, so könne auch noch die Freude der fabelhaften weißen Blumen der lebendigen Säule in dieses Haus kommen. Er führte mich dann zu einigen Cactusgestalten, die eben im Blühen begriffen waren. Es lag eine ziemlich große Sammellinse in der Nähe, um die Blumen und nebstbei auch die Waffen und die Gestaltungen der Pflanzenkörper unter dem Einflusse des vollen Sonnenlichtes betrachten zu können. Er bat mich, die Linse zu gebrauchen. Es war eine farblos zeigende und zugleich eine, bei welcher die Abweichung wegen der Kugelgestalt auf ein Kleinstes gebracht war. Überhaupt wies sie sich als vortrefflich aus. Er erzählte mir, daß der Herr das Vergrößerungsglas eigens zum Betrachten der Cacteen habe machen, es in das schöne Elfenbein fassen und in das reine Sammetfach habe legen lassen. Heute erst sei er noch in dem Cactushause gewesen und habe mit dem Glase die Blüten und viele Stacheln angeschaut. Ich bediente mich des Glases und sah in den von den seidenartigen Blumenblättern umstandenen gelben, weißen oder rosenfarbigen Kelch hinein, wie sie eben vorhanden waren. Daß der Glanz dieser Blumenfarben besonders schön, weit schöner als die feinste Seide und als der der meisten Blumen sei, wußte ich ohnehin, mußte es mir aber doch von dem Gärtner Simon zeigen lassen, so wie er auch der schönen, grün oder rosig oder dunkelrotbraun dämmernden Tiefe des Kelches erwähnte, aus der die Wucht der schlanken Staubfäden aufsteige, die keine Blüte so zierlich habe. Überhaupt seien die Cactusblumen die schönsten auf der Welt, wenn man etwa einige Schmarotzergewächse und ganz wenige andere, vereinzelte Blumen ausnehme. Er machte mich auch auf einen Umstand aufmerksam, den ich nicht wußte, oder den ich nicht beobachtet hatte, daß nehmlich bei einigen Kugelcactus sich die Blumen stets aus neuen Stachelaugen, meistens mit ganz kurzem Stengel, entwickeln, während sie bei andern auf einem mehr oder minder hohen Stiele aus vorjährigen oder noch älteren Stachelaugen sich erheben. Er sagte, das werde gewiß einmal einen Grund zu einer neuen Einteilung dieser Cactusgestalt geben. Er zeigte mir an vorhandenen Gewächsen den Unterschied, und ich mußte ihn erkennen. Er sagte, daß dies nicht zufällig sei und daß er die Tatsache schon dreißig Jahre beobachte. Damals, als er jung gewesen, seien kaum einige dieser Gestaltungen bekannt gewesen, jetzt vermehre sich die Kenntnis derselben bedeutend, seit die Menschen zur Einsicht ihrer Schönheit gekommen sind und Reisende Pflanzen aus Amerika senden, wie jener Reisende, der von deutschen Landen aus fast in der ganzen Welt gewesen sei. Es könne nur Unverstand oder Oberflächlichkeit oder Kurzsichtigkeit diese Pflanzengattung ungestaltig nennen, da doch nichts regelmäßiger und mannigfaltiger und dabei reizender sei als eben sie. Nur eine erste genaue Betrachtung und Vergleichung derselben sei nötig, und nur ein sehr kurzes Fortsetzen dieser Betrachtung, damit die Gegner dieser Pflanzen in warme Verehrer derselben übergehen – es müßte nur ein Mensch überhaupt kein Freund der Pflanzen sein, welche Gattung es vielleicht in der Welt nicht gibt. Als ich das Pflanzenhaus verließ, begleitete er mich bis an die Grenze der Gewächshäuser, und auch seine Gattin trat aus der Tür ihrer Wohnung, um sich von mir zu verabschieden.

In dem Blumengarten und in der Abteilung der Gemüse blieben die Arbeitsleute vor mir stehen, nahmen den Hut ab und grüßten mich artig.

Eustach war mild und freundlich wie gewöhnlich; aber er war noch weit inniger, als er es in früheren Zeiten gewesen war. Mich freute die Billigung gerade von diesem Menschen ungemein. Er zeigte mir alles, was in der Arbeit war und was sich an wirklichen Dingen, was an Zeichnungen, was an Nachrichten in der jüngsten Zeit zu dem bereits Vorhandenen hinzugefunden hatte. Er sagte, daß mein Gastfreund in Kurzem eine ziemlich weit entfernte Kirche besuchen werde, in welcher man auf seine Kosten Wiederherstellungen mache, und daß er mich zu dieser Reise einladen wolle. Ich sah unter allen vorhandenen Dingen und Stoffen den sehr schönen Marmor nicht, den ich meinem Gastfreunde zum Geschenke gemacht hatte, und war auch nie in Kenntnis gekommen, daß daraus etwas verfertigt worden sei. Es sprach niemand davon, und ich fragte auch nicht. In mancher Stunde sah ich den Arbeiten zu, welche in dem Schreinerhause ausgeführt wurden.

Roland war wie gewöhnlich im Sommer nicht in dem Asperhofe anwesend.

Mit Eustach besuchte ich auch die Bilder meines Gastfreundes, seine Kupferstiche, seine Schnitzereien und seine Geräte. Wir sprachen über die Dinge, und ich suchte mir ihren Wert und ihre Bedeutung immer mehr eigen zu machen. Auch in das Bücherzimmer, den Marmorsaal und das Treppenhaus meines Gastfreundes ging ich. Wie war die Gestalt auf der Treppe erhaben, edel und rein gegen die Nymphe in der Grotte des Gartens im Sternenhofe, die mir in der letzten Zeit so lieb geworden war. Durch meine Bitte ließ sich mein Freund bewegen, mir die Zimmer aufzuschließen, in denen Mathilde und Natalie während ihres Aufenthaltes in dem Asperhofe wohnen. Ich blieb länger als in den anderen in dem letzten kleinen Gemache mit der Tapetentür, welches ich die Rose genannt hatte. Mich umwehte die Ruhe und Klarheit, die in dem ganzen Wesen Mathildens ausgeprägt ist, die in den Farben und Gestalten des Zimmers sich zeigte und die in den unvergleichlichen Bildern lag, die hier aufgehängt waren.

Wir gingen auch in den Meierhof. Die Leute begegneten mir achtungsvoll, sie zeigten mir alle Räume und wiesen, was sich in ihnen befinde, was dort gearbeitet werde, wozu sie dienen und was sich in neuerer Zeit geändert habe. Der Meier hatte seine besondere Freude an der neuen, von ihm selbst verbesserten Zucht der Füllen und an dem Volke aller von meinem Gastfreunde eingeführten Gattungen von Hühnern. Als wir uns von dem Meierhofe entfernten und uns der vielstimmige Gesang der Vögel aus dem Garten des Hauses entgegen schallte, sah ich im Rückblicke, daß sich unter dem Torwege eine Gruppe von Mägden mit ihren blauen Schürzen und weißen Hemdärmeln gesammelt habe und uns nachschaue.

Wenn ich auch erkannte, daß ich der Gegenstand der Aufmerksamkeit geworden war, so entschlüpfte doch Niemandem ein Wort, welches einen Grund dieser Aufmerksamkeit angedeutet hätte.

Gustav, welcher wohl Anfangs seine Freude gegen mich ausgesprochen hatte, daß es sei, wie es ist, und daß keiner von denen, die es gewollt hatten, seine Schwester fortgeführt, sprach nun von dem Gegenstande nicht mehr und schloß sich nur noch herzlicher, wenn dieses möglich war, an mich an.

Mein Gastfreund sagte mir endlich auch von der Reise nach der Kirche, von welcher Eustach gesprochen hatte, und lud mich zu derselben ein. Ich nahm die Einladung an.

 

Wir fuhren eines Morgens von dem Asperhofe fort, mein Gastfreund, Eustach, Gustav und ich. Gustav wird, wie mir mein Gastfreund sagte, auf jede kleinere Reise von ihm mitgenommen. Wenn dies bei ausgedehnteren Reisen nicht der Fall sein kann, so wird er zu seiner Mutter in den Sternenhof gebracht. Wir kamen erst am zweiten Tage bei der Kirche an. Roland, welcher von unserer Ankunft unterrichtet gewesen war, erwartete uns dort. Die Kirche war ein Gebäude im altdeutschen Sinn. Sie stammte, wie meine Freunde versicherten, aus dem vierzehnten Jahrhunderte her. Die Gemeinde war nicht groß und nicht besonders wohlhabend. Die letztvergangenen Jahrhunderte hatten an dieser Kirche viel verschuldet. Man hatte Fenster zumauern lassen, entweder ganz oder zum Teile, man hatte aus den Nischen der Säulen die Steinbilder entfernt und hatte hölzerne, die vergoldet und gemalt waren, an ihre Stelle gebracht. Weil aber diese größer waren als ihre Vorgänger, so hat man die Stellen, an die sie kommen sollten, häufig ausgebrochen, und die früheren Überdächer mit ihren Verzierungen weggeschlagen. Auch ist das Innere der ganzen Kirche mit bunten Farben bemalt worden. Als dieses in dem Laufe der Jahre auch wieder schadhaft wurde und sich Ausbesserungsarbeiten an der Kirche als dringlich notwendig erwiesen, gab sich auch kund, daß die Mittel dazu schwer aufzubringen sein würden. Die Gemeinde geriet beinahe über den Umfang der Arbeiten, die vorzunehmen wären, in großen Hader. Offenbar waren in früheren Zeiten reiche und mächtige Wohltäter gewesen, welche die Kirche hervorgerufen und erhalten hatten. In der Nähe stehen noch die Trümmer der Schlösser, in denen jene wohlhabenden Geschlechter gehaust hatten. Jetzt steht die Kirche allein als erhaltenes Denkmal jener Zeit auf dem Hügel, einige in neuerer Zeit erbaute Häuser stehen um sie herum, und rings liegt die Gemeinde in den in dem Hügellande zerstreuten Gehöften. Die Besitzer der Schloßruinen wohnen in weit entfernten Gegenden und haben, da sie ganz anderen Geschlechtern angehören, entweder nie eine Liebe zu der einsamen Kirche gehabt oder haben sie verloren. Der Pfarrer, ein schlichter, frommer Mann, der zwar keine tiefen Kenntnisse der Kunst hatte, aber seit Jahren an den Anblick seiner Kirche gewöhnt war und sie, da sie zu verfallen begann, wieder gerne in einem so guten Zustande gesehen hätte, als nur möglich ist, schlug alle Wege ein, zu seinem Ziele zu gelangen, die ihm nur immer in den Sinn kamen. Er sammelte auch Gaben. Auf letztem Wege kam er zu meinem Gastfreunde. Dieser nahm Anteil an der Kirche, die er unter seinen Zeichnungen hatte, reiste selber hin und besah sie. Er versprach, daß er, wenn man seinen Plan zur Wiederherstellung der Kirche billige und annehme, alle Kosten der Arbeit, die über den bereits vorhandenen Vorrat hinausreichen, tragen und die Arbeit in einer gewissen Zahl von Jahren beendigen werde. Der Plan wurde ausgearbeitet und von allen, welche in der Angelegenheit etwas zu sprechen hatten, genehmigt, nachdem der Pfarrer schon vorher, ohne ihn gesehen zu haben, sehr für ihn gedankt und sich überall eifrig für seine Annahme verwendet hatte. Es wurde dann zur Ausführung geschritten, und in dieser Ausführung war mein Gastfreund begriffen. Die Füllmauern in den Fenstern wurden vorsichtig weggebrochen, daß man keine der Verzierungen, welche in Mörtel und Ziegeln begraben waren, beschädige, und dann wurden Glasscheiben in der Art der noch erhaltenen in die ausgebrochenen Fenster eingesetzt. Die hölzernen Bilder von Heiligen wurden aus der Kirche entfernt, die Nischen wurden in ihrer ursprünglichen Gestalt wieder hergestellt. Wo man unter dem Dache der Kirche oder in anderen Räumen die alten schlanken Gestalten der Heiligenbilder wieder finden konnte, wurden sie, wenn sie beschädigt waren, ergänzt, und an ihre mutmaßlichen Stellen gesetzt. Für welche Nischen man keine Standbilder auffinden konnte, die wurden leer gelassen. Man hielt es für besser, daß sie in diesem Zustande verharren, als daß man eins der hölzernen Bilder, welche zu der Bauart der Kirche nicht paßten, in ihnen zurückgelassen hätte. Freilich wäre die Verfertigung von neuen Standbildern das Zweckmäßigste gewesen; allein das war nicht in den Plan der Wiederherstellung aufgenommen worden, weil es über die zu diesem Werke verfügbaren Kräfte meines Gastfreundes ging. Alle Nischen aber, auch die leeren, wurden, wenn Beschädigungen an ihnen vorkamen, in guten Stand gesetzt. Die Überdächer über ihnen wurden mit ihren Verzierungen wieder hergestellt. Zu der Übertünchung des Innern der Kirche war ein Plan entworfen worden, nach welchem die Farbe jener Teile, die nicht Stein waren, so unbestimmt gehalten werden sollte, daß ihr Anblick dem eines bloßen Stoffes am ähnlichsten wäre. Die Gewölberippen, deren Stein nicht mit Farbe bestrichen war, so wie alles Andere von Stein wurde unberührt gelassen, und sollte mit seiner bloß stofflichen Oberfläche wirken. Die Gerüste zu der Übertünchung waren bereits dort geschlagen, wo man mit Leitern nicht auslangen konnte. Freilich wäre in der Kirche noch vieles Andere zu verbessern gewesen. Man hatte den alten Chor verkleidet und ganz neue Mauern zu einer Emporkirche aufgeführt, man hatte ein Seitenkapellchen im neuesten Sinne hinzugefügt, und es war ein Teil der Wand des Nebenschiffes ausgenommen worden, um eine Vertiefung zu mauern, in welche ein neuer Seitenaltar zu stehen kam. Alle diese Fehler konnten wegen Unzulänglichkeit der Mittel nicht verbessert werden. Der Hauptaltar in altdeutscher Art war geblieben. Roland sagte, es sei ein Glück gewesen, daß man im vorigen Jahrhunderte nicht mehr so viel Geld gehabt habe als zur Zeit der Erbauung der Kirche, denn sonst hätte man gewiß den ursprünglichen Altar weggenommen und hätte einen in dem abscheulichen Sinne des vergangenen Jahrhunderts an seine Stelle gesetzt. Mein Gastfreund besah alles, was da gearbeitet wurde, und es ward ein Rat mit Eustach und Roland gehalten, dem auch ich beigezogen wurde, um zu erörtern, ob alles dem gefaßten Plane getreu gehalten werde, und ob man nicht Manches mit Aufwendung einer mäßigen Summe noch zu dem ursprünglich Beabsichtigten hinzu tun könnte, was der Kirche not täte und was ihr zur Zierde gereichte. Die Ansichten vereinigten sich sehr bald, da die Männer nach der nehmlichen Richtung hin strebten und da ihre Bildungen in dieser Hinsicht sich wechselweise zu dem gleichen Ergebnisse durchdrungen hatten. Ich konnte sehr wenig mitreden, obgleich ich gefragt wurde, weil ich einerseits zu wenig mit den vorhandenen Grundlagen vertraut war und weil andererseits meine Kenntnisse in dem Einzelnen der Kunst, um welche es sich hier handelte, mit denen meiner Freunde nicht Schritt halten konnten. Der Pfarrer hatte uns sehr freundlich aufgenommen und wollte uns sämmtlich in seinem kleinen Hause beherbergen. Mein Gastfreund lehnte es ab, und wir richteten uns, so gut es ging, in dem Gasthofe ein. Der Ehrerbietung und des Dankes aber konnte der bescheidene Pfarrer gegen meinen Gastfreund kein Ende finden. Auch kam eine Abordnung mehrerer Gemeindeglieder, um, wie sie sagten, ihre Aufwartung zu machen und ihren Dank darzubringen. Wirklich, wenn man die schlanken, edlen Gestaltungen der Kirche ansah, welche da einsam auf ihrem Hügel in einem abgelegenen Teile des Landes stand, in dem man sie gar nicht gesucht hätte, und die schon geschehenen Verbesserungen betrachtete, welche ihre feinen Glieder wieder zu Ansehen und Geltung brachten, so konnte man nicht umhin, sich zu freuen, daß die reinen blauen Lüfte wieder den reinen, einfachen Bau umfächelten, wie sie ihn umfächelt hatten, als er nach dem Haupte des längst verstorbenen Meisters aus den Händen der Arbeitsleute hervor gegangen war. Und wirklich mußte man sich auch zum Danke verpflichtet fühlen, daß es einen Mann gab, wie mein Gastfreund war, der aus Liebe zu schönen Dingen, und ich muß wohl auch hinzufügen, aus Liebe zur Menschheit, einen Teil seines Einkommens, seiner Zeit und seiner Einsicht opferte, um manch Edles dem Verfalle zu entreißen und vor die Augen der Menschen wohlgebildete und hohe Gestaltungen zu bringen, daß sie sich daran, wenn sie dessen fähig sind und den Willen haben, erheben und erbauen können.

Das alles wußten aber die Gemeindeglieder nicht, sie dankten nur, weil sie meinten, daß es ihre Schuldigkeit sei.

Nachdem mein Gastfreund den Bau gut befunden und mit Eustach, dem eigentlichen Werkmeister, das Nähere angeordnet hatte, und nachdem auch Roland die Zusicherung gegeben hatte, daß er dem Wunsche meines Gastfreundes gemäß öfter nachsehen und Bericht erstatten werde, rüsteten wir uns, unsere verschiedenen Wege zu gehen. Roland wollte wieder in das nahe liegende Gebirge zurückkehren, von dem er zu der Kirche heraus gekommen war, und wir wollten den Weg nach dem Asperhofe antreten. Roland entfernte sich zuerst. Wir besuchten noch den Inhaber eines Glaswerkes in der Nähe, der von großem Einflusse war, und begaben uns dann auf den Weg nach dem Hause meines Freundes.


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