Adalbert Stifter
Der Nachsommer
Adalbert Stifter

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Da wir nun im Garten waren, sagte ich, indem ich mich umwendete und das Haus betrachtete: »Eure Wohnung ist nicht, wie ihr sagt, von geringer Bedeutung. Sie wird, so viel ich aus der kurzen Besichtigung entnehmen konnte, wenige ihres Gleichen haben. Auch hatte ich nicht gedacht, daß das Haus, wenn ich es so von der Straße aus sah, eine so große Räumlichkeit in sich hätte.«

»So muß ich euch nun auch noch etwas anderes zeigen«, erwiderte er, »folgt mir ein wenig durch jenes Gebüsch.«

Er ging nach diesen Worten voran, ich folgte ihm. Er schlug einen Weg gegen dichtes Gebüsch ein. Als wir dort angekommen waren, ging er auf einem schmalen Pfade durch dessen Verschlingung fort. Endlich kamen sogar hohe Bäume, unter denen der Weg dahin lief. Nach einer Weile tat sich ein anmutiger Rasenplatz vor uns auf, der wieder ein langes, aus einem Erdgeschosse bestehendes Gebäude trug. Es hatte viele Fenster, die gegen uns hersahen. Ich hatte es früher weder von der Straße aus erblickt noch von den Stellen des Gartens, auf denen ich gewesen war. Vermutlich waren die Bäume daran Schuld, die es umstanden.

Da wir uns näherten, ging ein feiner Rauch aus seinem Schornsteine empor, obwohl, da es Sommer war, keine Einheizzeit, und da es noch so früh am Vormittage war, keine Kochzeit die Ursache davon sein konnte. Als wir näher kamen, hörte ich in dem Hause ein Schnarren und Schleifen, als ob in ihm gesägt und gehobelt würde. Da wir eingetreten waren, sah ich in der Tat eine Schreinerwerkstätte vor mir, in welcher tätig gearbeitet wurde. An den Fenstern, durch welche reichliches Licht hereinfiel, standen die Schreinertische und an den übrigen Wänden, welche fensterlos waren, lehnten Teile der in Arbeit begriffenen Gegenstände. Hier fand ich wieder eine Ähnlichkeit mit meinem Vater. So wie er sich einen jungen Mann abgerichtet hatte, der ihm seine altertümlichen Geräte nach seiner Angabe wieder herstellte, so sah ich hier gleich eine ganze Werkstätte dieser Art; denn ich erkannte aus den Teilen, die herumstanden, daß hier vorzüglich an der Wiederherstellung altertümlicher Gerätschaften gearbeitet werde. Ob auch Neues in dem Hause verfertigt werde, konnte ich bei dem ersten Anblicke nicht erkennen.

Von den Arbeitern hatte jeder einen Raum an den Fenstern für sich, der von dem Raume seines Nachbars durch gezogene Schranken abgesondert war. Er hatte seine Geräte und seine eben notwendigen Arbeitsstücke in diesem Raume bei sich, das Andere, was er gerade nicht brauchte, hatte er an der Hinterwand des Hauses hinter sich, so daß eine übersichtliche Ordnung und Einheit bestand. Es waren vier Arbeiter. In einem großen Schreine, der einen Teil der einen Seitenwand einnahm, befanden sich vorrätige Werkzeuge, welche für den Fall dienten, daß irgend eines unversehens untauglich würde und zu seiner Herstellung zu viele Zeit in Anspruch nähme. In einem andern Schreine an der entgegengesetzten Seitenwand waren Fläschchen und Büchschen, in denen sich die Flüssigkeiten und andere Gegenstände befanden, die zur Erzeugung von Firnissen, Polituren oder dazu dienten, dem Holze eine bestimmte Farbe oder das Ansehen von Alter zu geben. Abgesondert von der Werkstube war ein Herd, auf welchem das zu Schreinerarbeiten unentbehrliche Feuer brannte. Seine Stätte war feuerfest, um die Werkstube und ihren Inhalt nicht zu gefährden.

»Hier werden Dinge«, sagte mein Begleiter, »welche lange vor uns, ja oft mehrere Jahrhunderte vor unserer Zeit verfertigt worden und in Verfall geraten sind, wieder hergestellt, wenigstens soweit es die Zeit und die Umstände nur immer erlauben. Es wohnt in den alten Geräten beinahe wie in den alten Bildern ein Reiz des Vergangenen und Abgeblühten, der bei dem Menschen, wenn er in die höheren Jahre kömmt, immer stärker wird. Darum sucht er das zu erhalten, was der Vergangenheit angehört, wie er ja auch eine Vergangenheit hat, die nicht mehr recht zu der frischen Gegenwart der rings um ihn Aufwachsenden paßt. Darum haben wir hier eine Anstalt für Geräte des Altertums gegründet, die wir dem Untergange entreißen, zusammenstellen, reinigen, glätten und wieder in die Wohnlichkeit einzuführen suchen.«

 

Es wurde, da ich mich in dem Schreinerhause befand, eben an der Platte eines Tisches gearbeitet, die, wie mein Begleiter sagte, aus dem sechzehnten Jahrhunderte stammte. Sie war in Hölzern von verschiedener, aber natürlicher Farbe eingelegt. Bloß wo grünes Laub vorkam, war es von grüngebeiztem Holze. Von außen war eine Verbrämung von in einander geschlungenen und schneckenartig gewundenen Rollen, Laubzweigen und Obst. Die innere Fläche, welche von der Verbrämung durch ein Bänderwerk von rotem Rosenholze abgeschnitten war, trug auf einem Grunde von braunlich weißem Ahorne eine Sammlung von Musikgeräten. Sie waren freilich nicht in dem Verhältnisse ihrer Größen eingelegt. Die Geige war viel kleiner als die Mandoline, die Trommel und der Dudelsack waren gleich groß und unter beiden zog sich die Flöte wie ein Weberbaum dahin. Aber im Einzelnen erschienen mir die Sachen als sehr schön, und die Mandoline war so rein und lieblich, wie ich solche Dinge nicht schöner auf den alten Gemälden meines Vaters gesehen hatte. Einer der Arbeiter schnitt Stücke aus Ahorn, Buchs, Sandelholz, Ebenholz, türkisch Hasel und Rosenholz zurecht, damit sie in ihrer kleineren Gestalt gehörig austrocknen konnten. Ein anderer löste schadhafte Teile aus der Platte und ebnete die Grundstellen, um die neuen Bestandteile zweckmäßig einsetzen zu können. Der dritte schnitt und hobelte die Füße aus einem Ahornbalken und der vierte war beschäftigt, nach einer in Farben ausgeführten Abbildung der Tischplatte, die er vor sich hatte, und aus einer Menge von Hölzern, die neben ihm lagen, diejenigen zu bestimmen, die den auf der Zeichnung befindlichen Farben am meisten entsprächen. Mein Begleiter sagte mir, daß das Gerüste und die Füße des Tisches verlorengegangen seien und neu gemacht werden mußten.

Ich fragte, wie man das einrichte, daß das Neue zu dem Vorhandenen passe.

Er antwortete: »Wir haben eine Zeichnung gemacht, die ungefähr darstellte, wie die Füße und das Gerüste ausgesehen haben mögen.«

Auf meine neue Frage, wie man denn das wissen könne, antwortete er: »Diese Dinge haben so gut wie bedeutendere Gegenstände ihre Geschichte, und aus dieser Geschichte kann man das Aussehen und den Bau derselben zusammen setzen. Im Verlaufe der Jahre haben sich die Gestaltungen der Geräte immer neu abgelöset, und wenn man auf diese Abfolge sein Augenmerk richtet, so kann man aus einem vorhandenen Ganzen auf verlorengegangene Teile schließen und aus aufgefundenen Teilen auf das Ganze gelangen. Wir haben mehrere Zeichnungen entworfen, in deren jede immer die Tischplatte einbezogen war, und haben uns auf diese Weise immer mehr der mutmaßlichen Beschaffenheit der Sache genähert. Endlich sind wir bei einer Zeichnung geblieben, die uns nicht zu widersprechend schien.«

Auf meine Frage, ob er denn immer Arbeit für seine Anstalt habe, antwortete er: »Sie ist nicht gleich so entstanden, wie ihr sie hier sehet. Anfangs zeigte sich die Lust an alten und vorelterlichen Dingen, und wie die Lust wuchs, sammelten sich nach und nach schon die Gegenstände an, die ihrer Wiederherstellung entgegen sahen. Zuerst wurde die Ausbesserung bald auf diesem, bald auf jenem Wege versucht und eingeleitet. Viele Irrwege sind betreten worden. Indessen wuchs die Zahl der gesammelten Gegenstände immer mehr und deutete schon auf die künftige Anstalt hin. Als man in Erfahrung brachte, daß ich altertümliche Gegenstände kaufe, brachte man mir solche oder zeigte mir die Orte an, wo sie zu finden wären. Auch vereinigten sich mit uns hie und da Männer, welche auf die Dinge des Altertums ihr Augenmerk richteten, uns darüber schrieben und wohl auch Zeichnungen einsandten. So erweiterte sich unser Kreis immer mehr.

Ungehörige Ausbesserungen aus früheren Zeiten gaben ebenfalls Stoff zu erneuerter Arbeit, und da wir anfangs auch an verschiedenen Orten arbeiten ließen und häufig genötigt waren, die Orte zu wechseln, ehe wir uns hier niederließen, so verschleppte sich manche Zeit und die Arbeitsgegenstände mehrten sich. Endlich gerieten wir auch auf den Gedanken, neue Gegenstände zu verfertigen. Wir gerieten auf ihn durch die alten Dinge, die wir immer in den Händen hatten. Diese neuen Gegenstände wurden aber nicht in der Gestalt gemacht, wie sie jetzt gebräuchlich sind, sondern wie wir sie für schön hielten. Wir lernten an dem Alten; aber wir ahmten es nicht nach, wie es noch zuweilen in der Baukunst geschieht, in der man in einem Stile, zum Beispiele in dem sogenannten gothischen, ganze Bauwerke nachbildet. Wir suchten selbstständige Gegenstände für die jetzige Zeit zu verfertigen mit Spuren des Lernens an vergangnen Zeiten. Haben ja selbst unsere Vorfahrer aus ihren Vorfahrern geschöpft, diese wieder aus den ihrigen und so fort, bis man auf unbedeutende und kindische Anfänge stößt.

Überall aber sind die eigentlichen Lehrmeister die Werke der Natur gewesen.«

»Sind solche neugemachte Gegenstände in eurem Hause vorhanden?« fragte ich.

»Nichts von Bedeutung«, antwortete er, »einige sind an verschiedenen Punkten der Gegend zerstreut, einige sind in einem anderen Orte als in diesem Hause gesammelt. Wenn ihr Lust zu solchen Dingen habt oder sie in Zukunft fassen solltet und euer Weg euch wieder einmal hieher führt, so wird es nicht schwer sein, euch an den Ort zu geleiten, wo ihr mehrere unserer besten Gegenstände sehen könnt.«

»Es sind der Wege sehr verschiedene«, erwiderte ich, »die die Menschen gehen, und wer weiß es, ob der Weg, der mich wegen eines Gewitters zu euch heraufgeführt hat, nicht ein sehr guter Weg gewesen ist und ob ich ihn nicht noch einmal gehe.«

»Ihr habt da ein sehr wahres Wort gesprochen«, antwortete er, »die Wege der Menschen sind sehr verschiedene. Ihr werdet dieses Wort erst recht einsehen, wenn ihr älter seid.«

»Und habt ihr dieses Haus eigens zu dem Zwecke der Schreinerei erbaut?« fragte ich weiter.

»Ja«, antwortete er, »wir haben es eigens zu diesem Zwecke erbaut. Es ist aber viel später entstanden als das Wohnhaus. Da wir einmal so weit waren, die Sachen zu Hause machen zu lassen, so war der Schritt ein ganz leichter, uns eine eigene Werkstätte hiefür einzurichten. Der Bau dieses Hauses war aber bei weitem nicht das Schwerste, viel schwerer war es, die Menschen zu finden. Ich hatte mehrere Schreiner und mußte sie entlassen. Ich lernte nach und nach selber, und da trat mir der Starrsinn, der Eigenwille und das Herkommen entgegen. Ich nahm endlich solche Leute, die nicht Schreiner waren und sich erst hier unterrichten sollten. Aber auch diese hatten wie die Frühern eine Sünde, welche in arbeitenden Ständen und auch wohl in andern sehr häufig ist, die Sünde der Erfolggenügsamkeit oder der Fahrlässigkeit, die stets sagt: ›es ist so auch recht‹, und die jede weitere Vorsicht für unnötig erachtet. Es ist diese Sünde in den unbedeutendsten und wichtigsten Dingen des Lebens vorhanden, und sie ist mir in meinen früheren Jahren oft vorgekommen. Ich glaube, daß sie die größten Übel gestiftet hat. Manche Leben sind durch sie verloren gegangen, sehr viele andere, wenn sie auch nicht verloren waren, sind durch sie unglücklich oder unfruchtbar geworden. Werke, die sonst entstanden wären, hat sie vereitelt und die Kunst und was mit derselben zusammenhängt wäre mit ihr gar nicht möglich. Nur ganz gute Menschen in einem Fache haben sie gar nicht, und aus denen werden die Künstler, Dichter, Gelehrten, Staatsmänner und die großen Feldherren. Aber ich komme von meiner Sache ab. In unserer Schreinerei machte sie bloß, daß wir zu nichts Wesentlichem gelangten. Endlich fand ich einen Mann, der nicht gleich aus der Arbeit ging, wenn ich ihn bekämpfte; aber innerlich mochte er recht oft erzürnt gewesen sein und über Eigensinn geklagt haben. Nach Bemühungen von beiden Seiten gelang es. Die Werke gewannen Einfluß, in denen das Genaue und Zweckmäßige angestrebt war, und sie wurden zur Richtschnur genommen. Die Einsicht in die Schönheit der Gestalten wuchs und das Leichte und Feine wurde dem Schweren und Groben vorgezogen. Er las Gehilfen aus und erzog sie in seinem Sinne. Die Begabten fügten sich bald. Es wurde die Chemie und andere Naturwissenschaften hergenommen, und im Lesen schöner Bücher wurde das Innere des Gemütes zu bilden versucht.«

 

Er ging nach diesen Worten gegen den Mann, der mit dem Aussuchen der Hölzer nach dem vor ihm liegenden Plane der Tischplatte beschäftigt war, und sagte: »Wollt ihr nicht die Güte haben, uns einige Zeichnungen zu zeigen, Eustach?«

Der junge Mann, an den diese Worte gerichtet waren, erhob sich von seiner Arbeit und zeigte uns ein ruhiges, gefälliges Wesen. Er legte die grüne Tuchschürze ab, welche er vorgebunden hatte, und ging aus seiner Arbeitsstelle zu uns herüber. Es befand sich neben dieser Stelle in der Wand eine Glastür, hinter welcher grüne Seide in Falten gespannt war. Diese Tür öffnete er und führte uns in ein freundliches Zimmer. Das Zimmer hatte einen künstlich eingelegten Fußboden und enthielt mehrere breite, glatte Tische. Aus der Lade eines dieser Tische nahm der Mann eine große Mappe mit Zeichnungen, öffnete sie und tat sie auf der Tischplatte auseinander. Ich sah, daß diese Zeichnungen für mich zum Ansehen heraus genommen worden waren und legte daher die Blätter langsam um. Es waren lauter Zeichnungen von Bauwerken, und zwar teils im Ganzen, teils von Bestandteilen derselben. Sie waren sowohl, wie man sich ausdrückt, im Perspective ausgeführt, als auch in Aufrissen, in Längen- und Querschnitten. Da ich mich selber geraume Zeit mit Zeichnen beschäftigt hatte, wenn auch mit Zeichnen anderer Gegenstände, so war ich bei diesen Blättern schon mehr an meiner Stelle als bei den alten Geräten. Ich hatte immer bei dem Zeichnen von Pflanzen und Steinen nach großer Genauigkeit gestrebt und hatte mich bemüht, durch den Schwarzstift die Wesenheit derselben so auszudrücken, daß man sie nach Art und Gattung erkennen sollte. Freilich waren die vor mir liegenden Zeichnungen die von Bauwerken. Ich hatte Bauwerke nie gezeichnet, ich hatte sie eigentlich nie recht betrachtet. Aber andererseits waren die Linien, die hier vorkamen, die von großen Körpern, von geschichteten Stoffen und von ausgedehnten Flächen, wie sie bei mir auch an den Felsen und Bergen erschienen; oder sie waren die leichten Wendungen von Zieraten, wie sie bei mir die Pflanzen boten.

Endlich waren ja alle Bauwerke aus Naturdingen entstanden, welche die Vorbilder gaben, etwa aus Felsenkuppen oder Felsenzacken oder selbst aus Tannen, Fichten oder anderen Bäumen. Ich betrachtete daher die Zeichnungen recht genau und sah sie um ihre Treue und Sachgemäßheit an. Als ich sie schon alle durchgeblättert hatte, legte ich sie wieder um und schaute noch einmal jedes einzelne Blatt an.

Die Zeichnungen waren sämmtlich mit dem Schwarzstifte ausgeführt. Es war Licht und Schatten angegeben und die Linienführung war verstärkt oder gemäßigt, um nicht bloß die Körperlichkeit der Dinge, sondern auch das sogenannte Luftperspective darzustellen. In einigen Blättern waren Wasserfarben angewendet, entweder, um bloß einzelne Stellen zu bezeichnen, die eine besonders starke oder eigentümliche Farbe hatten, wie etwa, wo das Grün der Pflanzen sich auffallend von dem Gemäuer, aus dem es sproßte, abhob oder wo der Stoff durch Einfluß von Sonne oder Wasser eine ungewöhnliche Farbe erhalten hatte, wie zum Beispiele an gewissen Steinen, die durch Wasser bräunlich, ja beinahe rot werden; oder es waren Farben angewendet, um dem Ganzen einen Ton der Wirklichkeit und Zusammenstimmung zu geben; oder endlich es waren einzelne sehr kleine Stellen mit Farben, gleichsam mit Farbdruckern, wie man sich ausdrückt, bezeichnet, um Flächen oder Körper oder ganze Abteilungen im Raume zurück zu drängen. Immer aber waren die Farben so untergeordnet gehalten, daß die Zeichnungen nicht in Gemälde übergingen, sondern Zeichnungen blieben, die durch die Farbe nur noch mehr gehoben wurden. Ich kannte diese Verfahrungsweise sehr gut und hatte sie selber oft angewendet.

Was den Wert der Zeichnungen anbelangt, so erschien mir derselbe ein ziemlich bedeutender. Die Hand, von der sie verfertigt worden waren, hielt ich für eine geübte, was ich daraus schloß, daß in den vielen Zeichnungen kein Fortschritt zu bemerken war, sondern daß dieser schon in der Zeit vor den Zeichnungen lag und hier angewendet wurde. Die Linien waren rein und sicher gezogen, das sogenannte Linearperspective war, so weit meine Augen urteilen konnten – denn eine mathematische Prüfung konnte ich nicht anlegen -, richtig, der Stoff des Schwarzstiftes war gut beherrscht, und mit seinen geringen Mitteln war Haushaltung getroffen, darum standen die Körper klar da und lösten sich von der Umgebung. Wo die Farbe eine Art Wirklichkeit angenommen hatte, war sie mit Gegenständlichkeit und Maß hingesetzt, was, wie ich aus Erfahrung wußte, so schwer zu finden ist, daß die Dinge als Dinge, nicht als Färbungen gelten. Dies ist besonders bei Gegenständen der Fall, die minder entschiedene Farben haben, wie Steine, Gemäuer und dergleichen, während Dinge von deutlichen Farben leichter zu behandeln sind, wie Blumen, Schmetterlinge, selbst manche Vögel.


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