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40. Gedichte auf den Brennenberger.

2. Des edeln Brennbergers Leben und Tod.

Nach dem Meistergesang.

 
I.
                  Am Hof zu Wien in Oesterreich,
Da klangs von tausend Zungen,
Was zu der edeln Herzogin
Der Brennberger jüngst gesungen.

    »Ach Brennberger, lieber Diener mein,
Ists Ernst mit deinem Singen,
Auf Erden sei kein ander Weib
So schön in allen Dingen? –«

    Ja, Frau, ihr seid das schönste Weib,
Ich laß es mir nicht rauben;
Was man von Frankreichs Königin rühmt,
Das kann ich nimmer glauben.

    »Ach Brennberger, lieber Diener mein,
Gern wüst ich sichre Kunde:
Nimm du mein Gold und Edelgestein
Und zieh dahin zur Stunde.

    »Und wenn du Frankreichs Königin siehst,
So richte zwischen uns Beiden:
Die dann der Schönheit Preis behält,
Die mag dir Lohn bescheiden.«

    Ach Frau, und brächt ich euch üble Mär,
Mit Kummer müst ichs büßen;
Doch gute würd euch das Herz erfreun,
Das soll mir die Müh versüßen.

 
II.
    Da fuhr der Brennberger gen Paris
Mit Gold und edelm Geschmeide;
Bei einer Frau Wirthin kehrt' er ein,
Die rieth ihm nichts zu Leide:

    »Nun sitzt als Krämerin vor die Burg,
Und kommt sie zur Kirche gegangen,
So ruft: Viel edle Königin, kauft
Von meinen Ringen und Spangen.«

    Der Brennberger ward ein Krämerweib
Mit edler Frauenzierde:
Bald ward es am Hof des Königs laut
Und regte große Begierde.

    Die Königin sprach zu dem Edelknecht:
»Geh mir die Krämerin holen;
Nur daß der König es nicht erfährt,
Thus heimlich und verstohlen.«

    Die Krämerin trat ins Frauengemach,
Sie wollte den Augen nicht trauen:
»Gott grüß euch, vieledle Königin,
Gott grüß euch mit euern Jungfrauen.«

    Die Königin nahm sie bei der Hand
Mit ihren schneeweißen Händen,
Sie kaufte Ringe, sie kaufte Band,
Die Herrlichkeit wollte nicht enden.

    Das währte bis der Abend kam,
Die Krämerin war in Sorgen:
»Bei Wem wollt ihr nun liegen zu Nacht?
Uns bleiben noch Schätze zu Morgen.«

    Der Brennberger dachte: »O wär ich daheim;
Ich bin doch nicht von Steine.
Geliebts euch, edle Königin,
So schlief ich lieber alleine.«

    Die Königin sprach: »Das geht nicht an;
Wir müßen euch würdig betten:
Ihr habt die Ehre gar wohl verdient
Mit euern Schnüren und Ketten.

    »Ich habe zwölf Jungfrauen hier:
Bei der jüngsten ziemt euch zu liegen:
Da seid ihr vor Kälte gar wohl bewahrt,
Ihr mögt euch zusammen schmiegen.«

    Nun war es um die Weihnachtszeit;
Da sind die Nächte am längsten:
Der Brennberger lag bei der jüngsten Maid,
Er lag in tausend Aengsten.

    So nah das wunderschöne Kind
Bei seinem Ellenbogen:
Er rief aller Heiligen Beistand an,
Sonst hätt ihn der Böse betrogen.

 
III.
    Am Morgen war die Krämerin froh;
Doch ließ man sie nicht wandern:
Zwölf Tage hielt sie die Königin fest,
Und Nachts zu einer andern.

    Am dreizehnten sprach die Königin:
»Nun lagst du bei allen Jungfrauen;
So liege noch diese Nacht bei mir
Und scheide bei Tagesgrauen.«

    Der Brennberger ward wie Blut so roth:
Das wär zu große Ehre:
Ach, edle Königin, laßt es sein
Bis daß ich wiederkehre.

    Ich komme bald mit größerm Gut.
Wenn ich es dann verdiene –
Und ach, wenn der König, eur Gemahl,
Zu Nacht bei euch erschiene!

    »Der König kommt nicht her zu mir,
Der meidet mich schon lange,
Drum sei dir, liebe Krämerin,
Um deine Ehre nicht bange.

    »Auch stehn drei Wächter in meinem Lohn,
Ihr Singen würd ihn vermelden:
Wir reden noch viel die lange Nacht
Von Rittern und zierlichen Helden.«

    Der Brennberger war in Angst und Noth:
Müst ich bei der Königin liegen,
Sie ist so schön, es wär mein Tod:
Wie sollt ich wohl dießmal siegen?

    Und thät ich der schönen Frau ein Leid,
Des hätt ich ewig Reue:
Der von Oesterreich gehört mein Herz,
Ihr wahr ich meine Treue.

 
IV.
    Am Abend, als es zu Bette gieng,
Die Krämerin war entronnen:
Der Brennberger gab sich nimmer Rast
Bis daß er Wien gewonnen.

    »Ach Brennberger, lieber Diener mein,
Wie ist es dir ergangen?«
»Ach, Frau, ich hatte Lieb und Leid:
Zwölf Tage lag ich gefangen,

    »Zwölf Nächte bei zwölf Jungfrauen zart:
Wie ward mir armen Knaben!
Die letzte Nacht, da wollte mich gar
Die Königin selber haben.

    »Da ward der Krämerin eng ums Herz,
Das hätt ich nicht bestanden:
Ich schlich mich heimlich zum Thor hinaus
Und floh zu euern Landen.«

    »O weh, was gab ich dir je den Rath,
Die edle Frau zu kränken!
Doch sage, Lieber, Wem wolltest du
Den Preis der Schönheit schenken?«

    »Ach Frau, nie sah ich ein schöner Weib,
Es ist ein Himmel auf Erden;
Ihr Antlitz war ein lichter Schein,
Ich glaubte selig zu werden.«

    »Und wenn sie dich schöner dünkt als ich,
So sing ihr deine Lieder;
Du must hinfort ihr Diener sein:
Zieh hin nach Frankreich wieder.«

    »Nein edle Frau, das sag ich nicht,
Ihr wohnt in meinem Herzen:
Ich weiß mir nirgend ein schöner Weib,
Das schafft mir tausend Schmerzen.«

    »Nun sprachst du doch, du habest nie
Ein schöner Weib gesehen. – –«
»Ja edle Frau, mir ist Gewalt
Von ihrer Schöne geschehen.

    »Doch seid Ihr schöner an Hals und Kinn
Und edler von Geberde;
Allein nach euch ist die Königin
Das schönste Weib der Erde.

    »Und wenn sie noch zwanzigmal schöner wär,
Doch wollt ich euch ewig preisen;
Denn euch gehören Herz und Sinn,
Euch meine Liederweisen.

 
V.
    Nun hatte der edle Brennberger viel
Von der schönen Herrin gesungen,
Mit seinen Liedern war ihr Lob
Von Land zu Lande gedrungen.

    Der Herzog war ein strenger Mann,
Dem Argwohn leicht ergeben:
»Du wirbst mir zuviel um die Fraue mein:
Es geht dir an dein Leben.«

    Drei Mörder dang er mit rothem Gold,
Die kannten kein Erbarmen,
Sie rißen das Herz ihm heiß aus der Brust
Und spotteten noch des Armen.

    Darauf am Abend bracht es der Koch
In goldener Schüßel getragen:
Da aß ihr rother Mund das Herz,
Das nur für sie geschlagen.

    »Und wißt ihr was ihr gegeßen habt,
Was das für Lerchen waren?«
»Ich weiß es nicht, es schmeckte so schön:
Wohl möcht ich es gern erfahren.«

    »Wohlan, es war des Brennbergers Herz,
Der oft eur Leid vertrieben:
Er bracht euch immer viel Lust und Scherz:
So lohnt man falschem Lieben.«

    Die Herzogin ward todtenbleich,
Wo ist ihre Farbe geblieben?
»Und hab ich gegeßen des Ritters Herz,
Der oft mein Leid vertrieben,

    »So thu ich einen Trunk darauf
Allhier zu dieser Stunde,
Kein Eßen und kein Trinken kommt
Je mehr zu meinem Munde.«

    Da stand die edle Herzogin auf
Und barg sich in ihrer Kammer:
»Maria, himmlische Königin,
Dir klag ich den Herzensjammer.

    »Der Brennberger muß mich ewig reun,
Er starb um meinetwillen,
Den Schmerz um seinen unschuldigen Tod,
Den kann auch der Tod nur stillen.

    »Du weist, er kam mir nie so nah,
Daß er mich durft umfangen;
Auch wär er lieber vor edler Scheu
Viel hundert Meilen gegangen.

    »Des klag ich sehr, mein Herz ist wund,
Vor Kummer muß ich verderben;
Laß du, bei deines Sohnes Noth,
Mich ewigen Frieden erwerben.«

    Maria hob sie in Gnaden empor,
Da ward ihr der Lohn der Treue:
Den Herzog traf des Reiches Acht
Und bald vergieng er in Reue.


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