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39. Reinmar von Brennenberg.

Entzweigetheilt.

       

    Die ich aus aller Welt zur Herrin hab erkorn,
Zu hohen Freuden mir, zur Wonne wie zum Heile,
Die hat auf mich gewendet ihren Haß und ihren Zorn:
        ich muß verderben, wird mir nicht ihr holder Gruß zu Theile.
    Sie Reine, beßer viel als gut,
Sie höchstes Ziel der Zärtlichkeit, sie Kron ob allen Frauen,
    Was Sie allein mir Leides thut
Und Niemand sonst, den Fehler einzig mag man an ihr schauen.
    Ja die reine süße sanfte Mörderin,
Mein Herz ist doch bei ihr, wo ich des Landes bin.
Ihre Zucht, ihr hohes Lob ich stäts zum Besten maß:
Wie selten Sie gedenke mein, in Treuen ich sie nie vergaß.

    Ihr Weisen merket, wie mir Armen ist geschehn:
Ich bin mit ganzem Leibe wunderlich entzweigetheilet.
Wo ich halb nur bin, da wähnen sie mich ganz zu sehn
        und Niemand sieht mich dort, wo doch mein bestes Theil verweilet.
    Die Liebe hat mein Herz dahin,
Das ist mein bestes Theil: es weilt bei meiner lieben Frauen;
    So laß ich, wo ich leibhaft bin,
Fraun und Männer nur den Schein des ganzen Wesens schauen.
    Geschah an Wem je solche Theilung wie an mir?
Ich bin ja leider ganz so wenig dort als hier,
Und bin doch Beides wiederum so hier als dort:
Wer mich nun suchen will, wie findet der mich und an welchem Ort?


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