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29. Walther von der Vogelweide.

10. Walther und Hildegunde.

       

    Die mir diesen Winter manche Lust benommen,
Es sei ein Weib, es sei ein Mann,
    Diese Frühlingszeit mag ihnen wohl bekommen.
O weh, daß ich nicht fluchen kann!
    Aber leider kann ich immer
Nur den übeln Fluch » unselig«. Nein, das wär ein allzu schlimmer.

    Noch zwei fürchterliche Flüche kann ich auch,
Den Flüchen bin ich hold gesinnt:
    »Mögen sie den Esel hören und den Gauch
Frühmorgens, wenn sie nüchtern sind.«
    Ach, wie dauern mich die Armen!
Wüst ich, daß sies noch bereuten, wollt ich mich um Gott erbarmen.

    Zeigt man sich geduldig wider Ungeduld,
So ists den Unverschämten leid;
    Wen die Bösen haßen ohne seine Schuld,
Der dankt es seiner Würdigkeit:
    Fänd ich Trost nur bei der Guten,
Die mich einzig trösten kann, nicht sollte mich ihr Neid entmuthen.

    Laut beschwören will ichs bei der Holden Leib;
Sie hör es selbst aus meinem Mund:
    Ist mir eine lieber, Mägdlein oder Weib,
So schlinge mich der Hölle Schlund.
    Fehlt ihr nun nicht alle Treue,
So getraut sie meinem Eide, daß sie endlich mich erfreue.

    Liebe Herrn und Freunde, helfet mir bei Zeit,
Denn sicherlich, dem ist nun so:
    Euch entbiet ich meinen minniglichen Streit;
Wohl werd ich niemals wieder froh.
    Meines Herzens tiefe Wunde,
Die muß immer offen stehn bis sie mich küsst mit Freundesmunde.
    Meines Herzens tiefe Wunde,
Die muß immer offen stehn, bis Sie es heilet ganz von Grunde.
    Meines Herzens tiefe Wunde,
Die muß immer offen stehn, wird sie nicht heil von – Hildegunde.


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