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(25. September 1568.)
Früh Morgens ging ich einst spazieren, Hin in des grünen Walds Revieren; Da hört' ich heimliches Gespräch Im Busch ganz nahe meinem Weg. Thät durch das Buschwerk dorthin schauen: Da saß ein Gesell bei einer Frauen. Ich horchte auf ihr freundlich Sagen – Da war es nichts als bittres Klagen. |
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Die Fraue spricht. | |
Das Fräulein sah ihn sehnlich an Und sprach zum Jüngling seufzend dann: »Herzlieb, wie seh' ich dich so selten! Sag' mir doch, was ich muß entgelten?« |
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Der Jüngling antwortet. | |
Der Jüngling wiederum anfing: »Oftmals ich dir zu Liebe ging, Und dich doch nie ersehen kunnt'; Deß trauert' ich von Herzens Grund, Glaubt' deine Huld verloren mir Und deine Freundschaft für und für. Die Eifersucht brach mir das Herz, Die Sehnsucht bracht' mir heimlich Schmerz.« |
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Die Fraue spricht. | |
Sie sprach: »Kennst nicht meinen treuen Muth? Ich hab' gewagt Leib, Ehr' und Gut Mit dir. Ist das mein Lohn jetzt, sag'?« |
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Der Jüngling spricht. | |
»Herzlieb, fahr' wohl!« der Jüngling sprach; »Der Argwohn bracht' mich auf die Spur, Weil ich dich jetzt seh' selten nur.« |
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Die Fraue spricht. | |
Das Fräulein sprach: »Verleumder viel, Die sehn genau uns auf das Spiel, Wenn ich bei Tage dich seh' kommen Oder deinen Ruf bei Nacht vernommen, Wag' aus dem Fenster ich nicht zu sehen Aus Furcht, es möcht' dir 'was geschehen.« |
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Der Jüngling spricht. | |
Er sprach: »Heut' Nacht war's mir nicht weit: Es jagte mich um Mettenzeit Mit bloßer Wehr der Schergen Hauf Vor deine Thüre gleich herauf.« |
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Die Fraue spricht. | |
Sie sprach: »Das macht mir Sorgen schwer! Unglück mich jagt, wohin ich kehr'. Mein Mann will mir auch nimmer trauen Und thut gar wachsam auf mich schauen.« |
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Der Jüngling spricht. | |
Der Jüngling sprach: »Merkt es dein Mann, Dann bleib' ich nicht und geh' hindann, Sonst kostet's Leben mich und Leib.« |
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Die Fraue spricht. | |
Da ward betrübt das zarte Weib, Umfing den Jüngling mit den Armen Und sprach: »Bleib', thu' dich mein erbarmen!« |
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Der Jüngling spricht. | |
Der Knabe also da begann: »Deine Brüder sehn mich tückisch an, Als ob sie merken unsre Lieb'. Nicht gut wär's, wenn ich länger blieb'.« Darmit das Fräulein er umfing, Nahm Urlaub, traurig von ihr ging; Sie rang die Händ' und rauft' ihr Haar. |
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Der Beschluß. | |
Da dacht ich nur – und das ist wahr –, Daß in der süßen Lieb' verborgen Viel Unglück liegt und viele Sorgen, Klag', Eifersucht und Zänkerei, Sehnsucht und Trauern mancherlei, Zu schweigen von dem letzten Scheiden, Ein Leiden, schwer vor allen Leiden, Woraus Elend gar viel erwachs'. Nun fahre hin! so spricht Hans Sachs. |