Hans Sachs
Hans Sachs' ausgewählte poetische Werke
Hans Sachs

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62. Das künstliche Frauenlob.

(4. September 1562.)

                Wohlauf, Herz, Sinn, Muth und Vernunft,
Helft mir auch jetzt und in Zukunft,
Zu loben sie, so fein und zart,
Ihre Sitt', Gestalt und gute Art,
Auf daß mit Lobe ich bekröne
Die tugendreich', erwählte Schöne,
Daß ich ausbreite mit Begierde
Wohl ihres Frauenwesens Zierde.
Vor allen Frauen und Jungfrauen,
Die je ich thät mit Augen schauen
Hin und wieder in manchem Land,
Ward keine mir wie die meine bekannt
An Leibe nicht, nicht an Gemüthe,
Die Gott mir ewiglich behüte.
Erst von der Schönheit sei erzählt,
Die ihrem Leibe Gott erwählt,
Durch alle Glieder zart und weiblich.
Das ist für mich fast unbeschreiblich,
Doch will ich geben an den Tag,
So viel ich davon irgend mag.
Holdselig ist sie ausstaffirt,
Von Leibe engelhaft formirt,
Holdselig sie sich auch bewegt
Und sich darzu fein aufrecht trägt,
Mit einem freundlichen Gesicht,
Gar schön geformt und rosenlicht;
Die Stirne glatt wie Marmelstein,
Rund, nicht zu groß und nicht zu klein;
Ihr Mündlein glänzt wie der Rubin,
Das duft'ge, und es stehn darin
Die Zähnlein, all' gestellt mit Fleiß,
So rund und glatt und perlenweiß;
Milchfarben sind auch ihre Wangen,
Mit rosenrother Farb' umfangen;
Es lachen drin zwei Grüblein zart.
Die Aeuglein lieblich brauner Art,
Darzu noch fliegend langes Haar,
Lichtgelb und wie das Gold so klar,
Zierlich gekräuselt bei den Ohren;
Darzu hat auch die wohlgeboren'
Ein Hälslein und 'ne Kehle weiß;
Darunter ich zwei Brüstlein preis',
Mit blauen Aederlein geziert
Und hin und wieder dividirt;
Ihr Bäuchlein glatt und voll und lind,
Ihre Schultern wohlgebildet sind,
Die Seiten sind ihr schlank und dünn
Und grad' nach allen Enden hin;
So Fuß wie Hand subtil und ad'lig,
Ihr ganzer Leib, der ist untad'lig.
Wenn in Gebände und Gewand
Sie kommt ehrbar nach ihrem Stand,
Und wenn sie Argus sehen thät',
Der hundert Augen im Kopfe hätt',
Er müßt' sie loben sicherlich!
Und wenn einmal, so glaube ich,
Apell, der beste Maler werth,
Jetzt lebte noch hier auf der Erd',
Von ihr ein Bild entwerfen sollte
Und seine Kunst ganz brauchen wollte –
Dem Meister würd' bei allem Sinnen
Doch alle seine Kunst zerrinnen;
Er malt' sie nicht so schön und zart
Und von so holder, freundlicher Art,
Wie wirklich sie im Erdenleben,
Wie es ihr die Natur gegeben.
Ich schweig' der hohen Geistesgaben,
Mit denen Gott sie thät begaben.
Ehrliche Aeltern sie gebaren,
Die ihr zugleich Erzieher waren;
Sie ward gebracht mit treuer Lehre
Zu Keuschheit, Scham und Zucht und Ehre.
Zu guter Art, zu Sitt' und Tugend,
Die sie annahm in ihrer Jugend;
Zu Gehorsam in Einmüthigkeit,
Darzu auch zu Verschwiegenheit,
Standhaftigkeit und ehrbar'm Gemüthe,
Zu Demuth, stäter Treu' und Güte,
Zu Bescheidenheit an jedem Ort,
Zu holdem und ziemlichem Wort,
Zu Emsigkeit, Verstand und Fleiße,
Darzu bedacht, vorsicht'ger Weise
Auch noch zu tüchtigem Haushalten,
Daß sie gar arbeitsam thut walten,
Gutwillig, ohne zu verdrießen.
Ihre Kinder werden unterwiesen
Gar mütterlich zu Zucht und Ehre
Und auch zu reiner Christenlehre.
Derhalb ich nicht nur ihre Schöne
Mit meinem Lobgedicht bekröne,
Nein, höher ihre Sittlichkeit,
Die jedem Ehrenweib verleiht
Viel Lob und Ruhm. Denn alle Weisen
Darum die Frauen thäten preisen.
Ja, wenn BoccatiusBoccaccio. Der Titel des Buches, auf das nachher angespielt wird, lautet: ›De claris mulieribus. Eclogae.‹ in der Jugend
Gekannt hätt' ihre Sitt' und Tugend,
Er hätt' gestellt, ihr könnt mir trauen,
Sie zu der Schaar durchlauchter Frauen.
Derhalb hab' ich ihr zugericht't,
Zu dienen ihr, dies Lobgedicht,
Ihr, die von Herzen mir gefällt,
Die ich mir habe auserwählt
Zu einem lieben Eh'gemahl,
Das sich hält ehrenfest wie Stahl.
Fünfzehnhunderteinundsechzig war,
Das wisset, unser Hochzeitsjahr,
Nach Aegidii am Erichtag.
Die immerdar der Ehr' oblag,
Mit Namen Barbara Harscherin,
Die heißt nun Barbara Sächsin.
Bei der will enden ich mein Leben!
Gott wolle Heil und Gnade geben,
Daß in der Ehe Lieb' und Treue
Von Tag zu Tage sich erneue,
Zunehm' und fruchtbar auferwachs'
Bis an das Ende, wünscht Hans Sachs.

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