Hans Sachs
Hans Sachs' ausgewählte poetische Werke
Hans Sachs

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58. Schwank: Woher die Männer mit den Glatzen ihren Ursprung haben.

(13. April 1559.)

                Ein alter Wittwer thät mich fragen,
Ob ich nicht wüßte ihm zu sagen,
Wo doch herkämen zum ersten Mal
Die Männer mit den Glatzen kahl,
Weil ich viel Abenteuer wüßt'.
Ich sprach zu ihm: »Mein Herr, man liest,
Wie Rimicius eine Fabel
Hat aufgeschrieben und Parabel,
Wie ein Wittmann, alt fünfzig Jahr'
Vor manchem Jahr zu Leipzig war,
Deß Haar war schwarz und grau meliert.
Derselbe habe heimgeführt
Zwei Eheweiber an einem Tage,
Jedoch sich selber nur zur Plage,
Die eine jung, die andre alt.
Die Junge schön war von Gestalt,
Doch arm; die Alte, die war reich.
Als er nun zog nach Hause gleich
Mit ihnen, hub sich mancher Strauß:
Frau wollte jede sein im Haus.
Stets zankten sie sich, ohne Ruh';
Und wenn der Mann legt' einer zu,
So wurde ihm die andre feind.
Oft aber waren sie vereint
Und machten sich dann an den Mann,
Weshalb er selten Ruh' gewann.
Sie machten ihn zu einem Thoren.
Die Alte lag ihm stets in den Ohren
Mit ihrem Geldsack und Heirathsgut,
Womit sie gebracht ihn aus Armuth;
Die Junge aber freundlich strich
Stets um den Alten schmeichelig
Und that mit ihm gar freundlich sunst,
Weshalb sie stand beim Mann in Gunst,
Der ihr viel schöne Kleider bracht'.
Die Alte ward von ihm veracht't,
Und in dem Hause spät und früh
Ging um wie eine Henne sie.
Endlich sie einen Plan ersann,
Und ihm zu schmeicheln auch begann,
War dienstlich ihm an allen Orten
Mit Werken so wie auch mit Worten,
Legt' ihm die Hosen hin und Schuh'
Und putzt' und klopft' den Rock darzu
Und schmiegte an ihn freundlich sich
Und ihm die Haare strählt' und strich.
Wo sie ein schwarzes Härlein fand,
Da rupft' sie 's aus mit flinker Hand,
Auf daß auch er würd' an Gestalt
Ihr gleich geschaffen, grau und alt,
Um seine Gunst dann zu erschleichen,
Da Gleich sich freut mit seines Gleichen.
Nun solches trieb sie fast ein Jahr,
So daß sie ihm das schwarze Haar
Schier halb aus seinem Kopf gezupfet
Und ihn halb kahl schier hat gerupfet;
Es war gerathen ihr die Kunst,
Sie hatt' erlangt des Mannes Gunst.
Die Junge nicht so diensthaft war,
Vielmehr stolz und hochmüthig gar.
Drum nahm die Liebe zu ihr ab;
Das merkte sie. Nun sich's begab,
Daß ihn die Alte thät wieder strählen,
Vom Kopf die schwarzen Haare stehlen.
Das ward die Junge schnell gewahr,
Wie jene ihm zog aus das Haar,
Da sie den Mann wie sie gestalt't
Wollt' machen, daß er schien uralt.
Die Junge nahm ein Beispiel dran
Und diente auch so ihrem Mann
Und wusch und trocknet' ihm sein Haar
Und krau'te ihm am Kopfe gar.
Und wo sie graue Haare fand,
Zupft' sie sie aus mit flinker Hand
Und ließ die schwarzen stehn alleine,
Auf daß der Mann recht jung erscheine,
Ihr gleichend. So in dieser Art
Gesucht von beiden täglich ward:
Die Alte ihm die schwarzen zupfte,
Die Junge ihm die grauen rupfte.
So er von beiden Weibern war
Geraume Zeit berupfet gar,
Bis kahl und glatzig er gemacht.
Der gute Mann hätt' deß nicht Acht,
Meint', seine Weiber tugendvoll,
Die pflegten sein sonst also wohl,
Daß sie ihn suchten immerdar;
Doch ihrer List unkundig war.
Als er nun glatzig ward und kahl
Da spottet' jeder sein zumal:
Da merkte er erst, daß er gar
Hatt' weder grau' noch schwarzes Haar.
Da schämt' er sich und ließ (könnt's glauben!)
Sich machen eine gestrickte Hauben.
Darmit thät er die Glatze decken,
Daß man ihn nicht sollt' weiter necken.
Nun begab sich's, daß die junge Frau
Ward mit 'nem Knäblein schwanger; schau,
Und als das nun geboren war,
Wuchs ihm auch auf dem Haupt kein Haar,
Weil sie sich hatt' versehn am Mann;
Drum man in Wahrheit sagen kann,
Daß die Glatzköpfe von ihm kommen,
Von ihm den Ursprung hergenommen.«
Der Beschluß.
Man soll hier merken bei dem Schwank:
Ein Mann, an Jahren alt und krank,
Nicht liederlich heirathen soll,
Denn es geräth gar selten wohl.
Nimmt er 'ne Alte, will allein
Sie in dem Hause Meister sein
Und halten Haus, wie's ihr behagt.
Gar keinen Scherz sie mit ihm macht,
Seltsam mit Worten und Gedanken
Ist sie und thut sie's mit ihm zanken,
Womit sie ihm ausrupfen thut
All seine Freud', Ruh', frohen Muth.
Jedoch nimmt er ein junges Weib,
So peinigt sie auch seinen Leib,
Er muß sie kleiden, zieren und schmücken,
Zur Hochfahrt helfen in allen Stücken;
Sie macht sich nicht das Mind'ste draus,
Zu leeren ihm den Beutel aus.
So rupft man ihn, wie er's auch halte,
Er nehm' 'ne Junge oder Alte.
Drum soll ein Alter Wittwer bleiben:
Das ist ihm besser, als sich beweiben,
Wie auch Franziskus Petrarca räth,
Der lobt des Wittwers ruhig Bett,
Daß ihm nicht Unruh' auferwachs'
Durch die andre Ehe, spricht Hans Sachs.

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