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Hans Sachs
Hans Sachs' ausgewählte poetische Werke
Inhalt

Inhalt

  • Hans Sachs
  • Vorbemerkungen
  • Lieder.
  • 2. Der fünfte Psalm Davids.
  • 3. Der Wankelmüthige.
  • 4. Glaubensbekenntniß.
  • 5. Wider den blutdürstigen Türken.
  • 6. Der Eiszapfen.
  • 7. Das Schneckenhaus.
  • 8. Der Römer und seine sechs Söhne.
  • 9. Die Ameise und die Grille.
  • 10. Der Abt im Wildbad.
  • 11. Die Biene mit der Spinne.
  • 12. Der kranke Edelmann.
  • 13. Von dem frechen jungen Löwen.
  • 14. Der Teufel beim Tanz.
  • 15. Der Schwabe mit dem Rechen.
  • 16. Dankbarkeit dreier Thiere.
  • 17. Der Bauer mit der Säuhaut.
  • 18. Das verwundete Tigerthier.
  • 19. Die Zeichen des Regenwetters.
  • 20. Der Tod mit Cupidine.
  • 21. Der falsche Notarius.
  • 22. Die ungleichen Kinder Evä.
  • Drei Sprüche wider der Pfaffen Geiz.
  • 24. Die Bäuerin mit dem Eierimschmalz.
  • 25. Was die Ehe gut macht.
  • 26. Das Alphabet.
  • 27. Der Stadtbuhler zu Augsburg.
  • 28. Der unverschämte Straßenräuber.
  • 29. Das Gold im Stab des Cydias.
  • 30. Ein geistlich Lied wider die Bauchsorge.
  • Spruchgedichte.
  • 32. Die wittenbergische Nachtigall, die man jetzt höret überall.
  • 33. Ein Lobspruch der Stadt Nürnberg.
  • 34. Das Schlaraffenland.
  • 35. Der Waldbruder mit dem Esel.
  • 36. Heinz Widerborst.
  • 37. Die Wolfsklage über die bösen Menschen.
  • 38. Ein artig Gespräch der Götter,
  • 39. Ein Epitaphium
  • 40. Das menschliche Herz ist einer Mahlmühl' gleich.
  • 41. Kampfgespräch zwischen Frau Wollust und Frau Ehre.
  • 42. Schwank: Eulenspiegels Disputation mit einem Bischof ob dem Brillenmachen.
  • 43. Schwank: Das Unholdenbannen.
  • 44. Gespräch: Sanct Peter mit den Landsknechten.
  • 45. Schwank: Der Teufel läßt keinen Landsknecht mehr in die Hölle fahren.
  • 46. Schwank: Der Teufel nahm ein altes Weib zur Ehe.
  • 47. Schwank: Sanct Peter mit der Geiß.
  • 48. Der Jungbrunn.
  • 49. Schwank: Der eigensinnige Mönch mit dem Wasserkrug.
  • 50. Fabel: Das Zipperlein und die Spinne.
  • 51. Schwank: Die ungleichen Kinder Evä.Vergl. Nr. 22.
  • 52. Schwank: Die Fünsinger Bauern.
  • 53. Das Gesellenstechen.
  • 54. Schwank: Der Mönch mit dem Kapaun.
  • 55. Schwank: Der Mönch Zweifel mit seinem Heiligthum.
  • 56. Schwank: Warum die Bauern nicht gerne Landsknechte beherbergen.
  • 57. Schwank: Der Müller mit dem Studenten.
  • 58. Schwank: Woher die Männer mit den Glatzen ihren Ursprung haben.
  • 59. Schwank: Der gute Montag.
  • 60. Historia: Des Königs Sohn mit den Teufeln.
  • 61. Schwank: Von dem frommen Adel.
  • 62. Das künstliche Frauenlob.
  • 63. Schwank: Der Schneider mit dem Panier.
  • 64. Fabel: Der faule Bauer mit seinen Hunden.
  • 65. Schwank: Der Bauer mit dem bodenlosen Sack.
  • 66. Schwank: Der verlogene Knecht mit dem großen Fuchs.
  • 67. Summa aller meiner Gedichte
  • Kapitel 70
  • 69. Der Gesang der vollen Brüder.
  • 70. Ein Klaggespräch über die bitter unglückliche Liebe.
Hans Sachs

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56. Schwank: Warum die Bauern nicht gerne Landsknechte beherbergen.

(5. April 1559.)

                    Mich thät ein Pfaffe einsten fragen,
Ob ich nicht könnt' wahrhaftig sagen,
Weshalb die Bauern unwillig wär'n
Und herbergten Landsknecht' nicht gern?
Ich sprach: Es liegt im Schwabenland
Ein Dorf, Gersthofen zubenannt,
Da hat die Ursach' angefangen.
Im kalten Winter, jüngst vergangen,
Da lief ein Landsknecht auf der Gart,Garten ist das Herumziehen abgedankter Soldatenhaufen, welche bettelten und sich auf alle mögliche Weise unnütz machten.
Zerlumpt, arm und zerrissen hart,
In großer Kält' vor einen Galgen;
Drauf hört' er sich die Raben balgen.
Es hing ein Dieb am Galgen dran,
Der hatte gute Hosen an.
Da dachte sich der arme Knecht,
Die Hosen kommen mir grad' recht,
Und streift' dem Diebe ab die Hos';
Doch an den Füßen ging sie nicht los,
Denn sie war fest gefroren an.
Voll Zorn zu fluchen er begann,
Hieb ab dem Diebe beide Füß'
Und alles in den Aermel stieß.
Nun war es etwas spät am Tag;
Das Dorf Gersthofen vor ihm lag:
Da trabte er gar frostig ein,
Zu suchen da die Nahrung sein.
Als er herumgebettelt spat,
Zuletzt er dann um Herberg' bat
Ein Bäuerlein. Das nahm ihn auf,
Gab warme Milch dem Knecht darauf
Und trug ihm in die Stube Stroh:
Deß war der arme Landsknecht froh.
Nun hatt' dem Bauersmann darzu
Gekalbt am Abend eine Kuh.
Weil's eine grimmig kalte Nacht,
Drum in die Stub' das Kalb man bracht',
Daß ihm die Kält' nicht Schaden bring'.
Als jedermann nun schlafen ging
Und still es ward im ganzen Haus,
Da zog die Hosen der Knecht heraus,
Die er dem Dieb genommen hätt';
Die Füß' er ledig machen thät
Und zog des Diebes Hosen an
Und eilte noch vor Tag hindann
Ganz still, daß sein kein Mensch nahm wahr,
Ließ liegen des Diebes Füßepaar.
Als früh die Bauernmagd aufsteht
Und dann hinein zur Stube geht,
Sich leuchtend mit 'nem großen Spahn,
Den Landsknecht sie nicht finden kann,
Sieht in der Eck' das Kalb allein
Und höret blöken es und schrein.
Als sie die Füß' kriegt zu Gesicht,
Vermeint die Dirne anders nicht,
Als daß das Kalb den Knecht gefressen.
Da wurde sie von Furcht besessen,
Säumt' in der Stube sich nicht lang',
Hinaus zur Stubenthüre sprang,
Schrie bei der Tenne Zeter und Mord.
Der Bauer hört' das Schrein sofort,
Erschrak und schrie aus der Stub' herfür:
»Was ist dir?« Sie sprach: »Wehe mir!
O Bauer, es hat unser Kalb
Den Landsknecht fressen mehr denn halb,
Allein noch liegen da die Füß'.«
Der Bauer nahm den Schweinespieß,
Schlüpft' in den rost'gen Harnisch sein
Und wollte zu dem Kalb hinein.
Die Bäu'rin schrie: »O lieber Mann,
Nimm doch der Kinder und mein dich an!
Das Kalb, das möcht' zerreißen dich.«
Da trat der Bauer hinter sich.
Die Kinder weinten all' zusamm'.
Der Knecht auch aus der Scheuer kam.
Sie konnten des Landsknechts nicht vergessen,
Meinten, das Kalb hätt' ihn gefressen.
Sie kamen all' in Furcht und Graus,
So daß sie liefen aus dem Haus.
Der Bauer sagt' dem Schulzen Märe,
Wie's mit dem Kalb ergangen wäre
Und dem Landsknecht. Darob ward heiß
Der Schulz', es kam vor Angst ihm Schweiß;
Er hieß bald läuten die Sturmglocken.
Die Bauern liefen all' erschrocken
Zum Kirchhof hin, zitternd und frostig,
Mit ihrer Wehr und Harnisch rostig.
Da sagt' der Schulze ihnen Märe,
Wie daß ein grausam Kalb da wäre,
Das großen Mord vollbringen thät,
Gefressen einen Landsknecht hätt'
Bis auf die Füß'. »Auf diesen Wurm,
Da müssen thun wir einen Sturm,
Daß man ihn von dem Leben thu';
Denn würde erst das Kalb zur Kuh,
So fräße es uns all' zusammen.«
In arge Furcht die Bauern kamen
Und zogen vor das Haus hinan.
Der Schultheiß, der war ihr Hauptmann,
Der sprach zu ihnen: »Nun stört's auf!«
Die Bauern standen all zu Hauf
Und sahn das Haus sich alle an;
Doch keiner wollte gehn voran:
Das Kalb konnt' ihn zerreißen ja!
Drum sträubte sich ein jeder da.
Den Rath ein alter Bauer gab:
»Ich rath', wir ziehen wieder ab
Und fristen vor dem Kalb das Leben.
Wir woll'n gemeine Steuer geben
In unserm ganzen Dorf durchaus,
Dem guten Mann bezahlen das Haus
Und wollen dann dreinwerfen Feuer,
Damit verbrenn' das Ungeheuer.«
»Ja!« schrie'n die Bauern alle froh,
»Das ist der beste Rathschlag so!«
So steckte man das Haus in Brand.
Die Bauern, Waffen in der Hand,
Das Haus umstanden, daß nicht entrönne
Das Kalb, nein, in der Glut verbrenne.
Das Kalb lag da, konnt' noch nicht gehn;
Das wollten die Laffen nicht verstehn.
Bald nahm das Feuer überhand:
Das ganze Dorf ist abgebrannt.
Die Bauern hatten großen Schaden.
Drum stehn die Landsknecht' nicht in Gnaden
Beim Bauer. Denn er meint noch heute,
Daß die Landsknechte Unglücksleute.
Deshalb herbergt er sie nicht gern,
Hält sie von seiner Wohnung fern,
Damit ihm Schaden nicht erwachs'
Von solchen Gästen, spricht Hans Sachs.

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