Hans Sachs
Hans Sachs' ausgewählte poetische Werke
Hans Sachs

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19. Die Zeichen des Regenwetters.

(In dem Abendton Nachtigalls.)
(1. November 1545.)

            Willst du erkennen Regen,
Wann der zukünftig sei:
Das Morgenroth allwegen
Zeigt Regenwetter frei;
Auch wenn der Wind thut wehen
Her von dem Niedergang;
    Auch wenn die Sonn' am Morgen
Gibt langer Streifen Glanz;
Auch wenn sie bleibt verborgen
Durch schwarze Wolken ganz;
Er muß bevor auch stehen,
So bleich ist ihr Aufgang:
    Auch wenn des Mondes Scheine,
Die Sterne groß und kleine
Schwarz, dunkel sind und bleich;
Wenn Nebel Berge decken
Und wehet weiche Luft,
Wenn Wald und Strauch und Hecken
Schwarz sind, gehüllt in Duft,
Kommt Regen insgemeine
Ins Land, das merket euch!

    Wenn scharf die Sonn' thut stechen
Und Gäns' und Enten sich
Froh baden in den Bächen
Und Frösche fröhlichlich
Schrein, wenn's beginnt zu tagen,
So stellt sich Regen ein;
    Wenn sich vom Netz die Spinnen
Verkriechen allenthalb,
Im Korb bleiben die Bienen,
Wenn niedersteigt die Schwalb'
Zum Wasser, um zu schlagen
Die Flügel schnell darein;
    Wenn sich die Säu' thun jücken,
Der Esel wälzt auf dem Rücken,
Die Hunde fressen Gras
Und wieder von sich speien,
Wenn Fraun und manche Maid
Ueber die Flöhe schreien,
Die ihnen thun viel Leid,
Auch stark die Mücken stechen –
Bedeutet's immer Naß.

    Wenn Rosse auf den Weiden
Roßwespen beißen sehr,
Und wenn die Küh' vor beiden
Nicht können bleiben mehr,
Vor Bremsen und Stechmücken –
Ist Regen nicht mehr weit.
    Wenn die Speckseiten rinnen,
Das Salz wird feucht und weich,
Die Maid einschläft beim Spinnen,
Das Licht nur brennet bleich;
Auch wenn die Zehe jücken,
So ist es Regens Zeit.
    Wenn feucht ist das Gemäuer
Und dunkel brennt das Feuer
Und bleibt im Haus der Rauch,
Und mürrisch alte Frauen,
Das Kind des Nachts nicht fromm –
Aus allem läßt sich schauen,
Daß Regenwetter komm'.
Die Zeichen, sonst und heuer,
Gibt uns der Tagesbrauch.


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