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Aimai-Ya. Das geduldete Haus

Die Häuser, in denen außerhalb der Yūkakus die Liebe käuflich ist, haben die verschiedenartigen Aushängeschilder. Sie sind äußerlich als Teehäuser, Kaffeehäuser oder als Speisehäuser bezeichnet. Mit einem allgemeinen Namen nennt man ein solches Haus »Aimai-ya«, das undeutliche Haus, offenbar weil das, was im Innern vorgeht, mit dem Äußeren, das durch das Schild bezeichnet wird, nicht übereinstimmt. Man sagt auch »Kutsuwa«, dessen eigentliche Bedeutung »Kuppler, Hurenwirt« ist.

Über den Unterschied zwischen Äußerem und Innerem dieser Häuser macht sich ein Senryū in folgender Weise lustig:

»Aimai na ryōriya
         Nama-no-Kai mo uri.«

»In diesem (verdächtigen) Speisehaus verkauft man auch ungekochte Muscheln.« Der Witz des Senryūs liegt darin, daß ryōriya wörtlich das »Kochhaus« bedeutet, so daß man übersetzen müßte: »In diesem Haus, das gekochte Speisen verkauft, kann man auch rohe Muscheln haben.« Der Witz besteht darin, daß »Nama-no-Kai«, die rohe Muschel, ein Gassenwort für die Vulva ist.

In früheren Zeiten gab es in dieser Art auch Weinwirtschaften; ein solches »Meishu-ya« verkaufte Meishu, eine Art Reiswein, der heiß getrunken wird und stark berauschend wirkt. In diesen Weinhäusern, die hauptsächlich im Jūnikai-shita, Asakusa, Tōkyō, ihren Sitz hatten, ist es schließlich so toll hergegangen, daß die hauptstädtische Polizeiverwaltung sich einmischte und die Wirte zwang, sich äußerlich als Verkäufer von künstlichen Blumen umzustellen. Ein solches Haus hieß dann »Zōka-ya«, Kunstblumenladen. Es liegt ein gewisser Humor in diesem Vorgehen der Polizei, denn statt Reiswein wurden nun in diesen Geschäften die Blumen verkauft, die in menschlicher Sprache redeten. Vielleicht hat einem höheren Polizeibeamten die sprichwörtliche Redensart vorgeschwebt: »Kaigo-no-hana,« die Blume mit der menschlichen Sprache, worunter eine Frau verstanden wird. Über die Entstehung dieser Redensart erzählt man folgende Geschichte: »Der Kaiser Hsüan-tsung der T'ang-Dynastie Chinas machte eines schönen Tages mit der Kaiserin Yang Kuei einen Ausflug, um den weißen Lotus in der Blüte zu sehen. Und in einem Augenblick, in dem der Kaiser großes Wohlgefallen an diesen Blüten zu haben schien, drehte er sich nach seinem Gefolge um und sagte, indem er auf die Kaiserin Yang Kuei hinzeigte: ›Wenn auch die Blumen des weißen Lotus sehr schön aussehen, so steht doch die Schönheit dieser Chieh Yü Hua (Kaigo-no-hana) über ihnen allen!‹« – Hier handelt es sich allerdings um lebende Blumen und eine Kaiserin, jedoch kann es auch Bosheit gewesen sein, daß man diese geduldeten Freudenhäuser mit Reisweinverkauf in Geschäfte mit künstlichen Blumen umwandelte. Aber man nannte dafür auch solche Blumenmädchen mit menschlicher Sprache »Hime«, Fürstin oder Prinzessin. Heute sind diese merkwürdigen Ladengeschäfte mit künstlichen Blumen in dem genannten Bezirk verschwunden und ihr Name »Zōka-ya« gehört der Geschichte des japanischen Freudenmädchenwesens an.

Wie diese Geschäfte mit künstlichen Blumen ist noch eine andere Art von Läden verschwunden, die früher in der Yedo-Periode (bis 1867 u. Z.) an dem Mukō-dobashi (Lehmbrücke in Mukō), in Honjo, Iriechō, in Fukagawa, Yokoyagura, Shōshinchi, in Shitaya, Yanaka, und in Nezu, Hongō, vorhanden waren. Man nannte einen solchen Laden »Zeni-Mise«; Zeni bedeutet »kleines Geld« und Mise »Laden, Geschäft«, so daß wir diese Häuser nach einem auch bei uns gebrauchten Ausdruck »Zum billigen Laden« nennen könnten. Und billig sind diese Läden wirklich gewesen, denn nach dem Buch »Morisada Mankō« (Morisada's Handschriften) bezahlte man: für eine ganze Nacht ein Ikkanmon (10 Sen = 21 Pfennig), für eine gewisse Zeit während des Tages ein Roppyakumon (6 Sen = 12,6 Pfennig), während der Nacht ein Shihyakumon (4 Sen = 8,4 Pfennig). Man darf hier allerdings nicht den heutigen Wert des Geldes annehmen, denn damals hatte man noch die kleinen durchlochten Geldstücke, ein Mon im Werte von 0,021 Pfennig. Bei den angegebenen Preisen der Freudenmädchen handelt es sich also um tausend Mon (Ikkanmon), sechshundert Mon (Roppyakumon; roppyaku ist roku-hiaku, sechs-hundert) und vierhundert Mon ( shi-hiaku = vier-hundert). Deshalb nannte man ein solches Haus auch Shi-roku Mise, einen Vier- bis-sechs-Laden. Trotz des billigen Preises scheinen die Gäste, die für eine ganze Nacht tausend Mon bezahlten, verhältnismäßig selten gewesen zu sein, so daß man sie bei der Erfindung des Spitznamens »Vier-bis-sechs-Laden« nicht berücksichtigt hat. –

Während der Yedo-Periode bis zum Beginn der Meiji-Ära (1868 u. Z.) gab es eine besondere Art der geduldeten Freudenhäuser, die unter der Maske von Schützenhäusern ihr Gewerbe betrieben. Ein solches Haus nannte man »Yaba«, wörtlich: Ort der Pfeile, d. h. ein Platz, auf dem man sich im Bogenschießen übt; in seinem richtigen Sinn ist das Wort heute noch gebräuchlich. Aber auch die Yabas als Freudenhäuser hatten die Einrichtungen für das Bogenschießen und die Insassen leisteten den Schützen Handreichungen durch Einsammeln der abgeschossenen Pfeile usw. Diese »Schützenmädchen« hatten an ihren Kleidern eine eigentümliche Einrichtung, die dazu dienen sollte, die Besucher des Schießplatzes zum Geschlechtsverkehr anzureizen; die Kleider waren an der Stelle, wo sie die Hinterbacken berührten, offen, so daß man, wenn sie sich beim Aufheben der Pfeile bückten, gewisse Körperteile nackt sehen konnte. Ein Senryū bringt diese Eigentümlichkeit der Kleider in folgender Weise zum Ausdruck:

»Yaba no kyaku Mato wa
         Onna no shiri ni ari.«

»Dem Gast eines Bogenschützenhauses dient der Hintere einer Frau als Scheibe.« Und in einem Volksliedchen heißt es:

»Yaba no Nei-san yare-karakasa yo
         Saseso de sase nu ...«

»Eine Kellnerin im Schützenhaus ist wie ein zerbrochener Regenschirm; ich weiß nicht, ob ich ihn noch aufrecht halten kann oder nicht.« Nei-san (heute auch Nēsan geschrieben) kann auch allgemein Fräulein oder junges Mädchen heißen. Das Verschen besagt: »Es könnte auch eine darunter sein, die sich auf den Geschlechtsverkehr nicht einläßt.« Man könnte daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß zu der Zeit, als das Volkslied entstand, nicht alle Mädchen in den Yabas käuflich waren. –

Daß auch die Besitzerinnen der Teehäuser gegen die Huldigungen der Gäste nicht unempfindlich sind, beweist ein bereits erwähntes Senryū:

»Onkoto wo yoku saguraseru Chaya Nyōbo.«

»Auch die Frau des Teehauses läßt sich von den Gästen oft an das Ding greifen.«

Die Leute, die diesen geduldeten Häusern die Frauen verschafften, Kuppler oder Kupplerinnen, nannte man »Zegen«; das Wort ist nach Inouye heute noch in der Bedeutung: Kuppler, Hurenwirt usw. gebräuchlich. –

Die Verbindung der Freudenmädchen mit dem Badewesen gehört im wesentlichen der Vergangenheit an, seit die weibliche Bedienung in den Männerbädern aufgehört hat. Dies geschah im zwanzigsten Meiji-Jahr (1887 u. Z.), nachdem dieser Brauch nachweislich etwa seit der Ashikaga-Periode (1338 u. Z.) vorhanden gewesen war.

siehe Bildunterschrift

Aka-kaki-onna.

Eine solche Frau hieß »Aka-kaki-onna«, die Frau, die (einem Mann) den Schmutz abwäscht. Man findet das Wort in dem Buch »Kōshoku Ichidai Otoko« (Die Lebensgeschichte eines wollüstigen Mannes, verfaßt von Ihara Saikaku und veröffentlicht im Oktober des zweiten Tenna-Jahres (1682 u. Z.). Dem ersten Band dieser Erzählung ist auch das Bild entnommen, hier in der halben Größe des ursprünglichen Holzschnittes wiedergegeben. Die Bademädchen sind in voller Tätigkeit dargestellt; die schwarzen Punkte auf den Rücken der beiden Männer rechts unten deuten Schröpfköpfe an, deren Ansetzen zu den Obliegenheiten der Aka-kaki-onnas gehörte. Wir sehen aber auch, daß das »Abwaschen« ohne Hilfsmittel geschah und eher in dem Abkratzen der Haut mit den Fingernägeln bestand. Deshalb nannte man diese Frauen auch »Akasuri-onna«, die den Schmutz abreibt oder abscheuert. Ein anderer Name war »Saru«, der Affe, oder, wie wir eigentlich sagen müßten, die Äffin; dies scheint aber ein Mißverständnis zu sein, weil das alte Wort »saru«, etwas durch Kratzen reinigen, wohl die Veranlassung zu der Benennung gewesen ist. Alle diese Bezeichnungen der Badefrauen hatten die Bedeutung, daß sie den Gästen der Badehäuser als Freudenmädchen dienten.

Diese Badehäuser hatten gewöhnlich zwei Stockwerke; die Besucher gingen zuerst nach oben und legten dort ihre Kleider ab, worauf sie sich ins Bad begaben. Dann kamen die Frauen und reinigten ihnen den Rücken. Nach dem Bade wurde dann mit ihnen gescherzt, Tee getrunken und Kuchen gegessen. Wurde bei dieser Gelegenheit ein Paar handelseinig, dann gingen sie in ein anderes Haus und erledigten ihr Geschäft. Denn in den öffentlichen Bädern ging es ganz anständig zu; wir sehen auch auf dem Bild, daß die Frauen vollständig bekleidet sind und daß alle Männer ihr Lendentuch oder einen Schamschurz tragen. Nach dem Buch »Fude Byōshi« (Der Pinsel eines Schreibers, d. h. Handschriftliche Mitteilungen) gab es während der Jahre der Em-pō-Periode (1673–1681 u. Z.) allein in der Altstadt von Ōsaka 14 öffentliche Bäder, in denen Akasuri-onnas beschäftigt waren. Ihr nichts verratender Name war »Furoya-mono«, Badehausperson.

Eines besonderen Ansehens erfreuen sich die heißen Quellen von Yamanaka in der Provinz Kaga. Die hier früher beschäftigten Badefrauen nannte man »Yuna«, das lediglich die beim heißen Wasser (yu) beschäftigte Frau bedeutet. Ihr Spitzname ist aber »Shishi«, die Löwin, gewesen; über die Entstehung dieser Bezeichnung geben die Unterlagen keine Auskunft. Anscheinend waren diese »Löwinnen« ebenso berühmt wie die heißen Quellen, denn es gibt eine Menge kleiner Lieder, die »Yamanaki Bushi«, die sich mit ihnen beschäftigen. Hier einige Proben dieser Yamanaka-Liedchen:

»Kaga no Yamanaka
         Osoroshi toko yo
Yoru no yonaka ni
         Shishi ga deru.«

»Yamanaka in der Provinz Kaga ist ein ganz fürchterlicher Ort, denn um Mitternacht wird eine Löwin (bei dir) erscheinen!«

»Teppō katsuide kita Yamanaka de
         Shishi mo utazu ni kaeru no ka.«

»Obgleich ich mit einem Gewehr auf der Schulter nach Yamanaka kam, ist es doch über alle Maßen bedauerlich, daß ich heimkehre, ohne eine Löwin geschossen zu haben.« In diesem Liedchen sind Anspielungen enthalten, die sich in der Übersetzung nicht wiedergeben lassen. »Teppō«, das Gewehr, die Muskete oder auch die Kanone, ist ein scherzhafter Volksausdruck für den Penis. In »Katsuide«, auf der Schulter, steckt das Zeitwort »Katsugu«, schultern, auf die Schulter nehmen; in der Volkssprache ist es aber die Bezeichnung für die Vergewaltigung einer Frau, wovon wir im Abschnitt »Gōkan, Die Notzucht«, gesprochen haben.

Als letztes Beispiel für die Beliebtheit der Badefrauen von Yamanaka das Volksliedchen:

»Yakushi-yama kara
         Yuchaya wo mireba
Shishi ga kami yute
         Mi wo yatsu su.«

»Wenn ich vom Yakushi-Hügel auf das Teehaus an den heißen Quellen hinunterschaue, dann sehe ich die Löwin, wie sie ihr Haar aufsteckt und sich schön macht.« –

In der Provinz Sagami gibt es Läden oder Speisehäuser, die äußerlich als »Sobaya« gekennzeichnet sind. Unter Sobaya versteht man ein Geschäft, in dem das Sobakiri, eine Art von Nudeln, verkauft wird, die aus Buchweizenmehl hergestellt sind. In den Sobayas wird das Sobakiri in einem Körbchen oder einer Schachtel aufgetragen, deren Boden aus dünnen Bambusstäbchen besteht. Die Freudenmädchen, die ein solches Speisehaus führen und sich dort mit den Gästen in Geschlechtsverkehr einlassen, nennt man »Zaru-Soba«, Nudelkörbchen. –

Zu den geduldeten Häusern müssen wir auch die schwimmenden Häuser, die Boote und mehr oder minder großen Schiffe rechnen, auf denen die käufliche Liebe zu haben war. Die Blumenboote der Chinesen, die man als wirkliche schwimmende Freudenhäuser mit meistens prächtiger Ausstattung ansehen muß, gab es in Japan nicht, denn hier gehören die Freudenmädchen auf den Booten, die keine besonderen Einrichtungen haben, zu den niederen Gattungen ihrer Art.

 

Wiederholt ist die Rede von Ausdrücken gewesen, die mit Schiffen und Schiffahrt zusammenhängen. Eine Jorō, die wegen einer Geschlechtskrankheit ein Hospital aufsuchen mußte, ist in das Dock gegangen, um ihr Schiffchen wieder instandsetzen zu lassen. Das Mädchen Osayo, dem drei Blutegel an den Geschlechtsteil angesetzt worden sind, ist ein Schiff, an dem ein Riß mit Eisenklammern zusammengehalten wird. Fune, das Schiff oder Boot, und Gunkan, das Kriegsschiff, sind Bezeichnungen für den weiblichen Geschlechtsteil, usw. Wir erinnern hier auch an die oben mitgeteilte Geschichte von dem Bootshausbesitzer, dessen Frau sich angeblich beim Koitus sehr lebhaft benehmen sollte. Auf einem solchen Bootshaus konnte man essen und trinken, und solche schwimmende Speisehäuser scheinen auch die ältesten Einrichtungen für die auf dem Wasser käufliche Liebe gewesen zu sein. Von der Kyōho-Zeit an bis zur Temmei-Periode (1716–1788 u. Z.) gab es in Yedo Freudenmädchen, die auf ihrem Schiff Fleischklöße verkauften. Das war der Vorwand, unter dem sie ihre Besucher empfingen, sie gingen aber auch auf andere Schiffe, um ihren Leib zu verkaufen. Ein solches Mädchen nannte man »Funamanjū«, das wörtlich der Wasserfleischkuchen bedeutet. Wir haben im Abschnitt »Schaustellungen« und noch an anderen Stellen von dem Manjū, dem gefüllten Kuchen gesprochen, dessen gewöhnliche Füllung aus gesüßtem Bohnenmus bestand, das aber auch als Fleischkuchen, eine Art Pastete, hergestellt wurde. Manjū war und ist ein Gassenwort für die Vulva, sodaß Funamanjū, die Wasser-Pastetenverkäuferin, noch den Nebensinn hat: die Wasservulva, also demnach »die Wasser-Vulvaverkäuferin« bedeuten würde. Es sieht fast so aus, als ob in dem Verkauf des Manjū, Pastete oder Vulva, eine gewisse Absicht gelegen hätte, um die Bedeutung ihres Geschäftes deutlich zum Ausdruck zu bringen.

Eine berühmte Funamanjū war Ochiyo, deren Name sich in dem Ausdruck »Ochiyo-Fune« oder »Ochiyo-Bune«, Ochiyo's Boot, erhalten hat. Sie lebte während der Hōreki-Periode (1751–1763 u. Z.), d. h. in diese Zeit fällt ihre Tätigkeit als Fleischkuchenverkäuferin; das Boot, auf das sie ging, nannte man Ochiyo-Bune, woraus dann ein Spitzname für die Funamanjūs wurde, bis man schließlich überhaupt alle Freudenmädchen, die auf dem Wasser ihr Geschäft betrieben, in dieser Weise bezeichnete. Sie verkauften ihre Keuschheit damals für 32 Mon (0,7 Pfennig).

Das Bild stammt aus dem Buch »Tadaima Owaraigusa« (Unkraut, um sofort laut zu lachen) und ist in halber Größe des ursprünglichen Holzschnittes wiedergegeben. Es stellt einen Bettler dar, der ein Boot aus Papiermaché trägt, in dem vorne eine Funamanjū steht, die zum Besuch ihres Schiffchens einlädt. Der Bettler steht in dem Boot nach Art der Reiter der bekannten Karnevalspferdchen und trägt ein Ruder, mit dem er dem Anschein nach rudert. Ob der Bettler diese Attrappe lediglich zu dem Zwecke herumtrug, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, oder ob er etwa eine Art der Werbung für die Ochiyos damit beabsichtigte, ist nicht bekannt. Jedenfalls können wir uns aus dieser Nachbildung eines solchen Bootes eine Vorstellung von dem Geschäftsbetrieb der Funamanjūs machen; der einfache Bretteraufbau zeigt, daß den Besuchern keine Luxuskabine zur Verfügung stand. –

siehe Bildunterschrift

Ochiyo-fune.

Eine Eigentümlichkeit des alten Japan waren die buddhistischen Nonnen, die Bikunis, wirkliche und verkleidete, die sich als Freudenmädchen betätigten. Von denjenigen, die auf dem Lande als Straßendirnen sich herumtrieben, werden wir gleich sprechen; hier handelt es sich um die Wassernonnen, die »Funa-Bikunis«, die auf die Schiffe in den Häfen kamen, um sich dort zum Geschlechtsverkehr anzubieten. Sie tauchten, wie Satow sagt, im goldenen Zeitalter der geheimen Freudenmädchen im Kielwasser der Funamanjūs auf, indem sie in der Kleidung die Bikunis Unten mehr von den Bikunis. nachahmten. Sie hielten sich bis gegen Ende der Yedo-Periode (1867 u. Z.). Ein erotisches Senryū, das aus der Meiwa-Zeit stammt (1764–1771 u. Z.), bringt in scherzhafter Weise das Tun und Treiben der Wassernonnen zum Ausdruck:

»Hobashira no tatta wo nekasu
         Funa-bikuni.«

»Die Wassernonne legt den Mastbaum um, der gerade vor ihr steht.« Hobashira, der Mast, der Mastbaum, ist ein scherzhafter bildlicher Ausdruck für den Penis, und nekasu bedeutet wörtlich: ins Bett legen. Die zwei Senryūs aus derselben Zeit, die hier folgen, verwenden das gleiche Bild vom Mast, wobei es sich allerdings nicht um Freudenmädchen handelt:

»Hosoi Te de mata Hobashira wo
         Hiki okoshi.«

»Mit zarter Hand richtet sie den Mast auf, der vor ihren Augen daliegt.«

»Hobashira wo tateru to
         Nyōbō kaji wo tori.«

»Wenn der Mast aufgerichtet ist, steuert die Frau ihr Schiff.« –

 

Sehr groß ist die Zahl der Wirtshäuser, die Freudenmädchen bereit halten, ohne daß man sie deswegen als eigentliches Bordell betrachten kann. Meistens gelten diese Freudenmädchen als Dienstmagd, so daß das Wort »Ojare«, das ursprünglich ein solches Dienstmädchen in einem Wirtshaus auf dem Lande bezeichnete, zu einem allgemein gebräuchlichen Wort für ein geheimes Freudenmädchen wurde. Veraltet ist das Wort »Meshimori« für ein solches Mädchen, das sich an die Reisenden verkaufte. Man nannte sie auch »Ashi-Sasuri«, Bein- oder Fußmasseusen, weil sie diese Tätigkeit ausübten. Wenn sie dabei von den Gästen aufgefordert wurden, gaben sie sich gleichzeitig zum Geschlechtsverkehr her. Als Entgelt bekamen sie ungefähr 500 Mon (10½ Pfennig). Es gibt heute noch an vielen Orten in Japan richtige Ashi-Sasuris, die aber auch ihren Kunden zum Geschlechtsverkehr zur Verfügung stehen. –


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