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Der Geschlechtsverkehr mit Tieren

Von einer Mißbilligung des geschlechtlichen Verkehrs mit Tieren kann bei den Japanern keine Rede sein, man findet höchstens etwas Lächerliches daran, wie es in den folgenden zwei Bildern zum Ausdruck kommt; es handelt sich in beiden um karikaturenhafte Darstellung solcher Handlungen. Wir haben im Abschnitt über die Schaustellungen gesehen, daß bis zum dritten Tempō-Jahr (1863 u.Z.) in einer Art von Jahrmarktsbuden das Miiregoma, das behexte Pferd, gezeigt wurde, das darauf abgerichtet war, auf der Bühne mit einer Frau den Koitus zu vollziehen. Diese Schaustellungen wurden damals seit 65 Jahren gezeigt und sie hätten sich wohl länger erhalten, wenn nicht ein solches abgerichtetes Pferd eine vorübergehende Frau angegriffen hätte.

Bei der Schaustellung, wie sie oben beschrieben ist, handelte es sich offenbar um ein kleines Pferd (Satow übersetzt: Pony), sonst wäre der wirklich vorgeführte Koitus mit der Frau kaum möglich gewesen. Das scheint man im Volke auch gewußt zu haben, wie aus der folgenden Volkserzählung hervorgeht. Trotz ihrer genauen Angaben über die Mechanik bei der Vornahme des Geschlechtsverkehrs wird es sich doch nur um eine Warnung für die Frauen handeln. Die Geschichte stammt aus der Folklore der Lu-tschu-Inseln und ist von dem verstorbenen Sakima Kōei, der auf einer dieser Inseln geboren war, in seinem Buche »Nantō Setsuwa« (Folklore der südlichen Inseln) wiedergegeben worden:

»Es lebte einmal eine sehr wollüstige Frau, die am Geschlechtsverkehr mit einem Pferde mehr Vergnügen fand, als an allem andern. Da aber der Geschlechtsteil des Pferdes zu dick und zu lang war, sah sie sich gezwungen, eine gewisse Überwachung auszuüben. Dies bewerkstelligte sie so: Das eine Ende der Saite eines Samisen (der einheimischen Gitarre) band sie an der Wurzel des Pferdepenis fest und das andere Ende an der Decke. Dann brachte sie eine Bank herbei, stieg darauf und führte so den Koitus mit dem Pferde aus. Dem Pferde gefiel die Befriedigung auf diese Art anscheinend sehr gut, aber es wollte gern seinen Geschlechtsteil der Frau ganz hineinstoßen; es ging jedoch nicht, weil die Saite des Samisen es zurückhielt. Ihr Mann hatte aber von diesen Dingen etwas erfahren und es war ihm sehr unbehaglich zu Mute. Eines Abends ging er auf den Boden und schaute dem Vorgang insgeheim zu. Da sah er denn diese Ausschweifung seiner Frau, wie sie ihm erzählt worden war. Er wartete in aller Stille den passenden Augenblick ab, und als die beiden auf dem Höhepunkt des Genusses angelangt waren, schnitt er die Saite mit einem Schwerte durch. Seine Frau wurde auf der Stelle getötet, denn das Pferd hatte ihr die Geschlechtsteile bis unter die Brust durchgestoßen.«

Solchen Geschlechtsverkehr mit einem Pferde nannte man mit einem altertümlichen Ausdruck Uma-tawake, mit einem Pferde Unsinn oder Dummheiten machen. Das Wort tawake wird allgemein als Bezeichnung für Zoophilie, den Geschlechtsverkehr mit Tieren gebraucht. Wenn man in Japan also von »Dummheiten machen« spricht, scheint man kein Verbrechen in der Zoophilie gesehen zu haben. Tawake, Dummheiten, ist vielleicht ein Anklang an das veraltete Wort »Tawaku«, Koitus. Nach Satow ist Tawaku gleichbedeutend mit »Hisuka-Waza«, heimliches Tun und Treiben, so daß mit diesem Wort immerhin zum Ausdruck gebracht wäre, daß in dem geschlechtlichen Verkehr mit Tieren etwas liegt, das das Licht zu scheuen hat.

Im Volk scheint die Ansicht verbreitet zu sein, daß es bestimmte Folgen habe, wenn Frauen vom Koitus mit einem Pferd träumen. Ein Senryū sagt darüber:

»Dōkyō ga haha Uma no yume
         mite harami.«

»Die Mutter des Dōkyō wurde sofort schwanger, als sie von einem Pferde geträumt hatte.« Nach der Volksüberlieferung hatte der buddhistische Priester Yuge Dōkyō des Hōsōshū (der Sekte Hōsō, shū = Sekte) einen ganz besonders großen Penis, sodaß man heute noch einen Mann mit einem solchen Penis »Dōkyō« nennt. Das Volk nahm also an, daß der Traum der Mutter des Yuge Dōkyō vom Koitus mit einem Pferde die Veranlassung war, daß ihr Sohn gewissermaßen mit einem Pferdepenis auf die Welt kam. Irgend etwas Wahres muß an dieser Überlieferung sein, denn sie haftet zu fest im Volk. Ein anderes Senryū sagt:

»Dōkyō no yōmei tashika
         Uma-no-suke.«

»Dōkyō wurde sicherlich schon mit einem Jungennamen (als Kind) ›Uma-no-suke‹ genannt.« In diesem scherzhaften Senryū steckt ein etwas verzwicktes Wortspiel. Uma ist das Pferd, das Roß. Die Mutter des Dōkyō, die aus einer altadeligen Familie gewesen sein muß, hatte den Titel »Uma-no-naishi«, Oberhofdame (des kaiserlichen Hauses; wörtlich: Roßhofdame). Nun meint das Senryū, Dōkyō hätte als Knabe sicherlich schon den Titel »Stallmeister« gehabt. Uma ist gleichbedeutend mit »Shume«, dem Aufseher über die kaiserlichen Ställe, wie es in Uma-no-naishi die Aufseherin über die Hofdamen bezeichnet. Wir müßten also im Sinne des Senryū sagen, ein Uma-no-suke ist ein Mann, der den Pferden nahe kommt. Daraus hat sich der Begriff entwickelt, »ein Mann mit einem großen Penis«, den Uma-no-suke bis heute in der Umgangssprache beibehalten hat. Im Deutschen könnte man »Roßmeister« sagen.

Der Vergleich des großen Penis eines Mannes mit dem eines Pferdes kommt im Japanischen öfter vor. »Ba-in«, das Geschlechtsglied eines Pferdes wird für einen Mann mit einem großen Penis gebraucht. Ein veraltetes Wort ist »Bachinsei«, ein Mann mit Pferdekraft, d. h. ein Mann, der geschlechtlich sehr leistungsfähig ist. In einem erotischen Buch des Hachimonjiya (Andō Jishō) wird ein Mann, der mit mehreren Frauen Geschlechtsverkehr gehabt hat, mit den Worten angeredet:

»Bachinsei ga yoku tsuzuita monoda!«

»Du hast ja ein Benehmen, als wenn du Pferdekräfte hättest!« Im Deutschen könnte man einfach sagen: »Du Hengst!«

Einen Mann mit einem großen Penis nennt man auch »Umanami«, einen Pferd-Ähnlichen. In der Phantasie vieler Frauen spielt der große Penis eine starke Rolle; wir erinnern hier an das im Abschnitt »Harikata« gebrachte Geschichtchen von dem Mann, der von einer Arznei träumt, die ihn in ein Pferd verwandeln kann. Seine Frau bittet ihn dann bei der Rückverwandlung im geeigneten Augenblick aufzuhören, da sie sich den Pferdepenis erhalten möchte.

Den geschlechtlichen Verkehr mit einer Hündin nennt man »Inu-Tawake«, Dummheiten mit einem Hunde. In dem Buch »Nihongi-Yō« (Wichtige Abschnitte aus dem Nihonki, Das Nihongi ist eines der ältesten japanischen Geschichtswerke, es entstand im Jahre 720 u. Z. das in der Tokugawa-Periode erschien (vor 1868 u. Z.), findet man die Geschichte von einem Mann, der in den Diensten des Tachibana Yasutane stand und mit einem Hunde geschlechtlich verkehrte. Das Bild ist eine Karikatur aus der Yedoperiode (bis 1867 u. Z.) und stellt anscheinend einen Dieb dar, der sich in der in der Zunft üblichen Weise ein Tuch um den Kopf gewickelt hat. Man scheint den Verbrechern eine Vorliebe für den Geschlechtsverkehr mit Tieren zuzuschreiben; im Wörterbuch der Verbrechersprache haben wir mehrere Ausdrücke dafür beigebracht.

siehe Bildunterschrift

Inu-Tawake.

Von dem Geschlechtsverkehr mit einer Kuh hat sich nur der veraltete Ausdruck »Ushi-Tawake« erhalten. Tatsachen sind nicht bekannt.

siehe Bildunterschrift

Akaei.

Fischer an der japanischen Küste vergreifen sich sogar an dem Stachelrochen, Trygon pastinacea, aber erst, wenn er frisch gefangen und getötet worden ist, denn der lebende Stachelrochen ist ein sehr gefährliches Tier, das dem Menschen schwere, oft tödliche Wunden beibringen kann. Wegen seines eßbaren Fleisches wird er viel gefangen. Es handelt sich bei dem Stachelrochen natürlich nur um die Einführung des menschlichen Penis in die Mastdarmöffnung des Fisches, da er keine äußeren Geschlechtsteile hat, aber es wird angegeben, daß der Genuß für den betreffenden Mann gerade so gut oder noch besser wie der bei einer Frau sei. Diesen Geschlechtsverkehr müßte man eigentlich zur Selbstbefriedigung rechnen, da als weiblicher Teil kein lebendes Wesen in Betracht kommt. Im Japanischen heißt der Stachelrochen Akaei. Das Bild stammt aus dem Buch »Tōsei Koi no Kaname« (Die Krone der Liebe heutiger Zeit?); es ist von Insui-tei (Deckname?) verfaßt und mit Bildern versehen, erschienen gegen Ende der Yedo-Periode (1867 u. Z.).

Daß man die Beischläferin eines Ausländers »Rashamen«, Schaf, nennt, haben wir in dem betreffenden Abschnitt erwähnt. Diese verächtliche Bezeichnung soll darauf zurückzuführen sein, daß man bis um 1865 u. Z. in Japan glaubte, die Ausländer hätten Schafe zum Geschlechtsverkehr gebraucht, weshalb man ihre japanischen Nachfolgerinnen »Schafe« nannte. –


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