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X. Kugai. Das Leben der Freudenmädchen

siehe Bildunterschrift

35. In einem Freudenhaus. Farbenholzschnitt von Shunshö (1726-1793).

Wenn wir in einem Wörterbuch die Bedeutung des Wortes »Kugai« aufsuchen, dann finden wir darin als Erklärung »das Leben der Prostituierten«. Zerlegen wir aber Kugai, auch Kukai geschrieben, in seine Bestandteile, dann ergibt sich ein ganz anderes Bild, denn dann haben wir den Begriff »die kummervolle, die schmerzliche oder, wie Satow sagt, die bittere Welt« vor uns. Und in dem Ausdruck »Kugai no tsutome«, der Dienst eines Freudenmädchens, kommt noch etwas zum Vorschein, nämlich die pflichtmäßige Ausübung gewissermaßen eines Amtes, denn tsutome wird in erster Linie vom Dienst eines Beamten gesagt. Und in dem Ausdruck »Mi wo kugai ni shizumu«, ein Freudenmädchen werden, haben wir wörtlich »den Leib der bitteren Welt hingeben«. Im Abschnitt »Tsuki-no-mono« ist bereits die Rede von dieser Auffassung des Lebens eines Freudenmädchens gewesen, und es ist dort darauf hingewiesen, daß trotz allem äußeren Glanze und trotz der gewissen Achtung, die man ihnen entgegenbringt, ihr Leben von ihnen selbst als etwas Bitteres empfunden wird. Auch in dem Wort, das mit Kugai gleichbedeutend ist, in »Ukiwatake« kommt dies zur Geltung und vielleicht noch schärfer, denn es bedeutet »das elende Leben des am Ufer wachsenden Bambus«. So dichterisch das Wort klingen mag, es enthält den Hinweis darauf, daß dieser Bambus am Ufer jedermann zugänglich ist und von jedermann ausgerissen werden kann, im Gegensatz zu den Bambusrohren, die tiefer im Wasser stehen. Auch das im Abschnitt »Tsuki-no-mono« angeführte Senryū, das man dort nachlesen möge, bringt den Gedanken des Dienstes, der das Freudenmädchen voll in Anspruch nimmt, in eigenartiger Weise zur Geltung. Es handelt sich hier selbstverständlich nur um jene Freudenmädchen, die in Häusern untergebracht sind, die unter staatlicher Aufsicht stehen. Von den »wilden« werden wir in einem besonderen Abschnitt reden, denn unter ihnen wird es nur ganz wenige geben, die noch eine Empfindung für das Kugai haben. Für diese heimlichen Freudenmädchen ist ihr Tun und Treiben kein Shōhō, keine unsaubere Beschäftigung, und für sie liegt in dem Verkauf und meistens sehr billigen Verkauf ihres Leibes kein Umstand vor, der ihrem »Ruf« schaden würde.


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