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Inochi-no-mizu. Der männliche Samen im Volksmund

Von Insui und der Abkürzung In haben wir bereits gesprochen. Sonderbarerweise erwähnen die Wörterbücher die weiblichen Absonderungen nirgends, auch Inouye gibt als Übersetzung von Insui nur »semen«, bei Uwa-mizu fehlt die Nebenbedeutung, die das Volk dem Wort gibt. Mizu, das Wasser, kommt in vielen Bezeichnungen des Volkes für die Samenflüssigkeit vor. Man sagt beinahe dichterisch »Inochi-no-mizu«, das Wasser des Lebens, »Nasake-no-mizu«, das Wasser der Liebe, der Zuneigung, oder das woltätige Wasser. Ein volkstümlicher Ausdruck ist auch »Kimizu«, das gelbe Wasser. Ki, gelb, hat mit »Ki«, die Wollust, nichts zu tun, das gleichfalls die Samenflüssigkeit bedeutet, in der Redensart »Ki ga iku«, die in der Umgangssprache gebräuchlich ist, den Sinn von Orgasmus hat, während »Ki wo yaru«, den Samen ausstoßen, die Ejakulation bedeutet. Im Volk hat man daraus »Kiyari« gemacht, womit sonst der gemeinsame Gesang von Leuten bezeichnet wird, die bei schweren Arbeiten ihre Kraft zusammen im Takte gebrauchen wollen. »Shiromizu« ist das weißliche Wasser, in dem Reis gewaschen worden ist; das Wort bezeichnet ebenso die Samenflüssigkeit nach der Farbe, wie »Shirozake«, der weiße Reiswein.

Ein alter Name für die Samenflüssigkeit ist »Hozu«. In dem medizinischen Buch »Shin I Hō« (Heilige Schriften) steht folgendes:

»Majiwaru yume ni shite Hozu o oku
         nagashi idasu mono nari.«

»Wenn man einen Traum zu einem Geschlechtsverkehr in Beziehung bringt, dann ist das eine Veranlassung, den Samen auszustoßen.« Hier ist die interessante Frage angeschnitten, ob eine nächtliche Pollution den Traum bedingt, oder ob es umgekehrt ist.

Der Speichel, der Kindern und Tieren aus dem Mund fließt, der Geifer, Sabber, heißt japanisch »Yodare«. Daraus hat man ein Gassenwort für die Samenflüssigkeit gemacht. Eine Redensart lautet: »Heso no shita kara Yodare wo nagasu«, den Geifer unter dem Nabel auslaufen lassen, d. h. den Koitus ausführen.

Satow führt noch »Toin« an, das sowohl Hauptwort als auch Zeitwort ist und den Samen sowie die Ejaculatio seminis bedeutet. Eine Deutung des Wortes ist nach den mir zugänglichen Wörterbüchern nicht möglich. Ebenso ist es mit »Tosei«.

Ein veraltetes Wort für den Samen ist das in den Wörterbüchern nicht mehr enthaltene Wort »Shinatari«. Den Cunnus bezeichnete man darnach als »Shinatari-Kubo«, das nach Satow einen Cunnus bedeutet, aus dem der Samen herauströpfelt. Näher liegt wohl die Deutung »Samenbrunnen, Samenhöhle«.

Die folgenden Bezeichnungen fallen mehr in das geistige Gebiet. »Sei«, der Geist, die Seele, sagt das Volk; die buddhistischen Priester nennen den Samen »Bodaisui«, das heilige Wasser, das Wasser des höchsten Wissens. Bodai-ju ist der heilige Feigenbaum, unter dem Buddha die Erleuchtung wurde. In der klassischen Sprache wurde der Samen in etwas scherzhafter Weise »Utsushi-no-Tsuyu«, fallende Tautropfen, genannt.


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