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Kamuro. Die Bedienung der Jorōs

Auf Grund älterer Quellen liest man öfter in neueren Werken, daß die Jorōs in den Freudenhäusern der Yūkakus Dienerinnen haben, die sie in ihrer Kunst und ihrer Wissenschaft ausbilden; diese jüngeren oder älteren Mädchen werden Kamuro genannt. Dies trifft nur bedingt zu, denn unter »Kamuro« oder »Kaburo« versteht man einen Knaben oder ein Mädchen, die einem Freudenmädchen aufwarten, ihr Handreichungen leisten, wobei man für die schwereren Arbeiten selbstverständlich den Knaben heranzieht. Kamuro hat zunächst mit diesen Dienstleistungen nichts zu tun; das Wort bedeutet ursprünglich einen Knaben oder Mädchen, die ihr Haar noch vereinigt tragen, d. h. keinen Scheitel oder keine Haartracht haben, mit anderen Worten noch nicht zu den Erwachsenen gezählt werden. Wir haben im Abschnitt »Schaustellungen« von der Manjū-Kusai-Kamuro gesprochen, von dem jungen Mädchen, die den Geruch des Bohnenmuskuchens hat. Manjū, der Bohnenmuskuchen, ist aber ein Gassenwort für den weiblichen Geschlechtsteil, so daß der Ausdruck besagt: Die Aufwärterin, die im Geruche steht, daß sie sich heimlich mit Männern abgibt. Also man darf sich diese Mädchen nicht zu jung vorstellen, ebensowenig wie die Knaben, die man, wie wir gleich sehen werden, schon eher als jungen Mann bezeichnen muß.

Von der Kamuro sagt ein Senryū:

»Oiran wa noseru
         Kaburo wa koide iru.«

»Das Freudenmädchen macht einen Koitus (läßt einen aufsteigen) während die Aufwärterin ihr Schläfchen hält.« Noseru, von noru, reiten, aufsteigen, ist ein volkstümliches Wort für den Geschlechtsverkehr. Die Oirans sind die angesehensten Freudenmädchen, die Jorō 1. Klasse, ein Wort, das sich in erster Linie auf die Freudenmädchen im Yoshiwara von Tōkyō bezieht.

 

Eine Kamuro, die schon etwas gelernt hat und dabei selbstverständlich auch älter geworden ist, darf ein Gastmahl herrichten und für den Zeitvertreib der Zecher sorgen, wie bereits im Abschnitt »Götter und Geister« erwähnt. Man nennt sie dann »Shinzō«, was wörtlich »jüngst oder kürzlich gebaut« bedeutet; es kann auch »das neue Bild« heißen und würde in diesem Sinne als angehende Oiran zu deuten sein. In der Umgangssprache ist Shinzō (Fujisawa: Shinzo) eine junge Frau oder eine unverheiratete Dame ohne anzügliche Nebenbedeutung, ebenso wie »Mannen-Shinzo«, die junge Frau mit den zehntausend Jahren, lediglich eine verblühte Schönheit oder eine der in Japan seltenen alten Jungfern bezeichnet. Die Shinzō des Freudenhauses trat manchmal mit ihrer Herrin in Wettbewerb, indem sie heimlich ihre Keuschheit verkaufte; sie war es daher in erster Linie, hinter der man eine Manjū-Kusai-Kamuro vermutete. Daß es wirklich geschah, nimmt das Senryū, das wir an der oben angeführten Stelle gebracht haben, ohne weiteres an.

Die Dienerinnen, die eigentlichen Dienstmädchen in den Freudenhäusern, nannte man »Yarites«; in der Umgangssprache ist Yarite ein tüchtiger Mensch; Yarite bedeutet »die geschickte Hand«; über eine Nebenbedeutung des Wortes ist in den Unterlagen nichts enthalten. Die Yarite nennt man auch »Kwasha«; das Wort bedeutet nach Satow »Feuerrad« (fire-wheel), wofür keine weitere Erklärung gegeben wird. Ich habe über den Sinn des Wortes nichts ermitteln können; in den Wörterbüchern, die mir zugänglich waren, ist es nicht enthalten. Inouye hat kasha = Rädchen.

Über die jungen Diener in den Freudenhäusern erfahren wir im allgemeinen nur wenig. In früheren Zeiten sollen alle Freudenmädchen von Rang enge Beziehungen zu den in den Freudenhäusern beschäftigten Burschen, den Wakaimonos (Jünglingen) gehabt haben. Es kommt auch heute noch vor, wahrscheinlich wenn die Jorō, wie es vielfach der Fall ist, keinen Herzensgeliebten hat. Es scheint, als ob diese kleine Liebe ihnen das traurige Einerlei des täglichen Dienstes erträglicher macht oder vielmehr als ob sie sich gerne unter die Gewalt ihres Hausgenossen geben. Einen solchen jungen Mann, der morgens in das Schlafzimmer einer Yūjo kommt, nachdem der Besucher der letzten Nacht es verlassen hat, nennt man »Asamairi« oder »Asagomi«. Asamairi übersetzt man am besten mit »die Morgenhuldigung«; mairu ist eine höfliche Form für »kommen«, es bedeutet auch: »nach einem Tempel wallfahren, einen Tempel besuchen.« In einem ähnlichen Sinne sagt man auch »Asamatsuri«, das Morgenfest, während »Asagomi« derb zum Ausdruck bringt: morgens in das Schlafzimmer unangemeldet eindringen. Asamatsuri und Asagomi kommen auch in der Umgangssprache vor und bezeichnen jeden Geschlechtsverkehr, der am Vormittag ausgeübt wird.

Über das bei Fujisawa stehende Wort »Nakai«, Dienerin eines Bordells, habe ich nichts ermitteln können; Inouye kennt das Wort nur als Aufwärterin oder Kellnerin in einem Speisehaus.


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