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VIII. Seishokki. Die Geschlechtsteile bei beiden Geschlechtern

Allgemeine Bezeichnungen sind »Inbu«, die geheimen Körperteile, gewöhnlich »Imbu« gesprochen; »Kakuretaru-Tokoro«, die verborgenen Teile, und »Kakushi-Dokoro«, eigentlich die Taschenteile, wobei Kakushi in dem Sinne genommen ist, daß es ein Platz ist, an dem etwas verborgen ist. Eine gewisse Erklärung für diese Bezeichnungen liegt in der Deutung des alten Wortes »Nasakedokoro«, die Stelle der Liebe, das eine Benennung für die Geschlechtsteile beider Geschlechter war. Der Altertumsforscher Hirata Atsutane sagt in seinem Buch »Koshi Den« (Anmerkungen zur alten Geschichte) folgendes: »In alten Zeiten nannten beide Geschlechter diese Stelle »Nasake« (Liebe); sie verbargen sie sorgfältig und nannten niemals ihren wirklichen Namen.« Das klingt etwas übertrieben, hängt aber gewiß mit bestimmten Glaubensvorstellungen zusammen, mit der Furcht vor Verzauberungen usw., wie wir sie heute noch bei vielen Völkern finden.

Die volkstümlichen Ausdrücke wissen selbstverständlich nichts von geheim oder verborgen, man sagt »Reko« oder »Rekoshiki«, Dieses, oder: dieses Ding. Reko ist eine Umkehrung der Silben von Kore, das auch »dieses« bedeutet, kommt indessen in der Umgangssprache, wenn auch selten, ohne den Nebensinn des Geschlechtsteiles vor.

»Watakushi-Mono« ist »mein Ding«, »mein eigenes Ding«, kann allerdings auch als »Geheimes Ding« erklärt werden, da Watakushi-Mono beides bedeuten kann. Aber Watakushi ist mehr in dem Sinne von »eigene Angelegenheit«, »Persönliches« aufzufassen, so daß das Geheime eher mit unserem Wort »privat« wiedergegeben werden muß. Es wird ja auch niemand von seinen »verborgenen Teilen« sprechen. In dem erotischen Buch »Keshizumi« (Erloschene Holzkohlen) gebraucht eine Frau das Wort von sich:

»Watakushi-Mono wo neburase taru
         wa amari nareba tokō iwarezu.«

»Da es bei ihm nicht Brauch ist, an meinem Ding zu saugen, so kann ich (über den Cunnilinctus) keine Auskunft geben, ob das so oder so ist!«

Ein sozusagen anständiger Ausdruck der Umgangssprache lautet: »Heso-no-shita Sanzun«, drei Zoll unter dem Nabel; er wird im allgemeinen für die Geschlechtsteile beider Geschlechter verwendet, aber wie »Heso-no-shita«, unter dem Nabel, für den Cunnus bevorzugt. Von Heso-no-shita ist im Abschnitt »Götter und Geister« bereits die Rede gewesen. Ein Volksliedchen verwertet eine ähnliche Redensart in folgender Weise:

»Oitoko soko wa Heso dayo
         Sanzun sagareba
Otoko-koroshi no Ana ga aruyo.«

»Oh! Dies ist mein Nabel! Aber wenn du drei Zoll tiefer nach unten gehst, dann wirst du eine Grube finden, in der ein Mann umkommt!«

Den Platz, an dem sich bei beiden Geschlechtern die Geschlechtsteile befinden, nennt man im Volk »Muka-Momo«, innerhalb der Schenkel, oder: zwischen den Schenkeln. –

Man scheint sich in Japan schon sehr früh damit beschäftigt zu haben, über die Geschlechtsteile der beiden Geschlechter sich nach den verschiedenen Landesteilen ein Urteil zu bilden. In dem Buch »Kokon Chomon Shu« (Eine Sammlung von alten und neuen Berichten), verfaßt von Tachibana Narisue und vollendet im sechsten Kenchō-Jahr (1254 u. Z.) steht folgende sprichwörtliche Redensart verzeichnet: »Ise-Mara Tsukushi-Tsubi«, d. h. Der Penis der Männer von Ise (in der Provinz Shikoku) und die Vulva der Frauen von Tsukushi (in der Provinz Kyūshū) sind die besten Geschlechtsteile in Japan. Worauf sich diese Entscheidung stützte, ist heute nicht mehr festzustellen, da es sich wahrscheinlich um ein »Wörtlein« aus der Umgangssprache der Kamakura-Periode handelt (1184–1333 u. Z.).

Ein Urteil, das sich ebensowenig nachprüfen läßt, wie das vorhergehende, hat das Volk über die Geschlechtsteile der Aussätzigen gefällt. Es bezeichnet sie als »Monoyoshi«, die guten Dinge. Ob die Lepra auf die Geschlechtsteile, namentlich auf die Schleimhäute oder Teile ohne Oberhaut, einen Einfluß hat, war nicht festzustellen. Jedenfalls behauptet das erotische Buch »Shikidō Kimpishō« (Geheimnisse der Liebeskunst) von Tokakusai, daß die Geschlechtsteile der Aussätzigen sich sehr zart anfühlen und daß man sie deswegen »seit alten Zeiten« »Monoyoshi« nenne. –


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