Adolph Freiherr Knigge
Geschichte Peter Clausens
Adolph Freiherr Knigge

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Zweytes Capitel

Herr Claus von Clausbach holt seine Frau Gemahlin aus Riga ab.
Unvermuthete Zusammenkunft auf der Reise.

Vor meiner Abreise schrieb ich an meinen großmüthigen Wohlthäter, den Herrn Gesandten, und unterrichtete ihn von der Lage, darin ich mich itzt befand. Ich hätte wohl früher schreiben und seinen Rath bey manchen Vorfällen nützen können, wie er mir die Erlaubnis dazu gegeben hatte; allein der glückliche Erfolg meiner Unternehmungen fing schon an, mir so viel Zuversicht auf meine eignen Einsichten einzuflößen, daß, wenn ich darüber nicht gänzlich vergaß, was ich jenem würdigen Manne zu verdanken hatte, ich doch von Zeit zu Zeit einen Hang verspürte, zu glauben, meine persönlichen Verdienste möchten nicht weniger wie sein Vorwort dazu beygetragen haben, mich auf den Gipfel des Glücks zu erheben. Die Antwort des Gesandten fand ich erst bey meiner Rückkunft, und ich weiß nicht, hatte ihm der Styl meines Briefes nicht gefallen, oder was war sonst die Ursache davon – genug, er schrieb ein wenig kalt, wünschte: mein Glück möchte von Dauer seyn, und warnte mich nochmals, dem alten Mehlfeld nicht zu trauen.

Ich reiste so geschwind wie möglich und wie es vornehmen Leuten zukömmt, rollte durch Städte, Dörfer und Provinzen hindurch, ohne mich weder rechts noch links umzusehn, bis nach Lübeck, wo ich mich zu Schiffe setzen und mit gutem Winde nach Riga fahren wollte. Ehe ich nun Lübeck verließ, trieb mich theils Dankbarkeit, theils die Eitelkeit, mich in meinem Glanze zu zeigen, zu dem Kaufmanne, der mir einst durch seine Empfehlung zu der Secretairsstelle verholfen hatte.Zweyter Theil, Seite 256. Doch der gute Mann war indes gestorben und hatte durch Unglücksfälle im Handel seine Geschäfte in einiger Verwirrung zurückgelassen. Die Witwe lebte sehr klein, empfing mich aber recht freundlich, und ich ging nicht ohne Rührung noch ohne Anmerkungen über die Veränderlichkeit der menschlichen Schicksale zu machen, von ihr weg. Auch das Haus, wo ich als Signor Clozetti Concerte gegeben hatte, sah ich noch einmal und kehrte dann in den Gasthof zurück, um am folgenden Morgen zu Schiffe zu gehn.

Als mich der Wirth auf mein Zimmer begleitet hatte, fragte er mich, ob ich etwas speisen wollte. Ich bestellte eine leichte Mahlzeit, und indes hierzu die Anstalten gemacht und die übriggebliebenen Bissen vom Mittagswirthstische zu Ragouts und dergleichen zubereitet wurden, nahm ich ein Buch in die Hand und las.

Es war neben meinem Zimmer ein kleines Kämmerchen, in welchem ich einen Mann auf und ab spazieren und von Zeit zu Zeit seufzen hörte, wodurch bey mir Mitleid und Neugier erregt wurden, die mich trieben, mein Ohr näher an die dünne Wand zu legen, die uns schied. So hatte ich eine Zeitlang den Fremden belauscht, als ich seine Thür öffnen hörte und der Wirth zu ihm hereintrat: »Mein Herr!« sagte Dieser, »die Post ist wiederum gekommen, ohne daß sie Geld für Sie mitgebracht hat. Ich bin des Wartens müde und lasse mich nicht gern bey der Nase herumziehn. Kurz und gut! binnen heute und morgen früh bezahlen Sie mich, oder ich lasse Sie arretieren.« Der Fremde fing an, soviel ich hören konnte, zu bitten, der Wirth aber war nicht zu bewegen. Endlich kam Jener, wie es schien, in eine Art von Verzweiflung und mochte wohl, als der Wirth grob wurde, Diesen bey den Ohren ergreifen, da dann ein höllischer Lärm entstand, worüber ich aus meinem Zimmer sprang und ohne weiters Anmelden da hinging, wo die Scene vorfiel: »Was gibt es hier, Herr Wirth?« sagte ich, doch ehe ich weiter fragen oder Antwort erhalten konnte, fiel mir sogleich des Fremden Gesichtsbildung auf – »Mein Gott!« rief ich, »Reyerberg!« – »Und Du Claus?« antwortete Jener – Wir standen Alle sprachlos da – Der Wirth nahm die Mütze unter den Arm und ging fort, den Vorfall vorerst seiner Frau zu erzählen.

Wer je die Wonne empfunden hat, zu einer Zeit, wo man, auf dem Meere der großen Weltgeschäfte umherfahrend, getrieben durch allerley Winde, als da sind: Ehrgeiz, Eitelkeit, Herrschsucht und dergleichen, mißtrauisch gegen jedes Schiff, das neben uns herfährt, voll Sorge, es möchte uns den Wind abgewinnen oder gar ein Caperschiff seyn – Doch was helfen die poetischen Bilder? Ich sehe ein, daß es mir verzweifelt schwer werden würde, in dieser Construction oder Wortfügung mit fortgesetzter Metapher (welches man, glaube ich, eine Allegorie nennt) zu sagen, was ich eigentlich sagen wollte; also will ich anders anfangen.

In der Lage, darin mich die Vorsehung itzt versetzt hatte, bedurfte ich wohl sehr eines Freundes. Aber wo sollte ich Diesen suchen? Unter den Hofleuten? – Vertraue einer Diebesbande Deine Wechsel an! – Unter meinen Schmeichlern? – Bitte Deinen Schuldner, daß er Dir Geld borge! – Unter Denen, die mich beneideten? – Nimm Deinen Erben zu Deinem Arzte an! – Kurz! der Herr Cammerdirector konnte wohl in der Residenz keinem Menschen sich ganz anvertraun, sich auf niemand ganz verlassen. Auch fällt der Wunsch nach einem treuen Freunde nur selten Dem ein, dessen Handlungen durch das unselige Spiel der Politik bestimmt werden. Aber dennoch muß ich mir die Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß mein Herz noch nicht unempfindlich für das süße Glück der Freundschaft geworden war. Vielleicht würde es in der Folge noch so weit mit mir gekommen seyn; denn ich muß auch ebenso offenherzig gestehn, daß ich schon im Taumel meines Glücks nur selten an meinen verlornen Freund Ludwig gedacht und nicht eifrig genug mich bemühet hatte, etwas von seinem Schicksale zu erfahren. Dies vorausgesetzt, denke sich doch jeder gefühlvolle Leser, welche Freude ich genoß, als ich den Gespielen meiner Jugend, den Gefährten so mancher von meinen Abentheuern, mit einem Worte! den edlen, guten Mann, den ich immer so geliebt hatte, hier wiederfand.

Daß ich die Rechnung im Wirthshause für ihn bezahlte, daß wir uns voll freundschaftlicher Neugier den Verfolg unsrer Begebenheiten abfragten und daß ich nunmehr fest beschloß, ihn nicht wieder von mir zu lassen, sondern ihn mit nach Riga zu nehmen und dann mit mir an demselben Orte in den Dienst zu bringen, das versteht sich wohl von selber.

Aber Sie möchten vielleicht gern auch etwas von dem erfahren, was unserm armen Ludwig von Reyerberg unterdessen begegnet war. Ich will mich kurz fassen, um Sie nicht mit einer Reyhe von Begebenheiten, die Ihnen unwahrscheinlich vorkommen könnten, aufzuhalten. Also nur so viel: Sie erinnern Sich,Erster Theil, Seite 91. Zweyter Theil, Seite 252. daß der ältere Bruder, David, in . . . Hofrath und Cammerjunker geworden war. Durch seine schändliche Heucheley und Schmeicheley hatte er es endlich dahin gebracht, daß er als Cammerherr und geheimer Regierungsrath angesetzt wurde. Unterdessen hatte er nicht versäumt, nach dem Aufenthalte seines jüngern Bruders zu forschen, und dies um so mehr, da er kürzlich unvermuthet von einer alten Tante ein beträchtliches Vermögen ererbt hatte, woran natürlicherweise Ludwig auch Anspruch machen konnte. Er erfuhr endlich, wo Dieser war, reisete selbst nach Hamburg, lockte ihn zu sich und spielte ihn sodann einem schelmischen Hauptmanne in Diensten der ostindischen Compagnie in die Hände, der ihn zu Schiff brachte, worauf er gezwungen wurde, als Unterofficier zur See zu dienen, bis er von ungefähr erfuhr, daß sein Bruder auf die elendeste Art an einem Beinbruche gestorben sey und eine Frau mit zwey Kindern hinterlassen habe. Jetzt hielt es dem armen Ludwig nicht schwer, seinen Abschied zu erhalten, worauf er mit ein wenig erspartem Gelde nach Lübeck reiste. Unterwegens lag er einmal sorglos im Schiffe in seiner Hängematte und schlief, hatte also nicht wahrgenommen, daß in der Nacht ein Boot mit Menschen, worunter sich unter andern ein Jude befand, von einem andern Schiffe hergekommen war, etwas hier am Bord zu bestellen. Vermuthlich hatte der Jude sich in die Cajüte geschlichen, in welcher Reyerberg lag, und sich seinen Schlaf zu Nutz gemacht; mit einem Worte! als er erwachte und aufstand, war sein ganzer kleiner Mammon fort. Niemand wollte das geringste davon wissen. Der Schiffscapitain war ein grober Mann, mein Freund ohne Schutz, und so kam er dann arm in Lübeck an und schrieb an mich, von dessen Aufenthalte er zufälligerweise Nachricht erhalten hatte, um Geld, bekam aber keine Antwort, weil ich schon abgereist war, bis er mich endlich hier persönlich antraf.

Wir reisten mit recht fröhlichen Herzen ab, versüßten uns die Stunden noch mehr durch freundschaftsvolle Gespräche bey einem Glase alten teutschen Weins und kamen gesund, wohlbehalten und voll Erwartung, wie es mit meiner Heyrath gehn würde, in Riga an.

Reyerberg war von so lustiger Laune, daß er sich des Lachens nicht enthalten konnte, als meine beyden Bedienten die Koffer auspackten, ein schönes Kleid nach dem andern dahinlegten, und ich, so wenig mir auch der Putz am Herzen lag, doch anfing, zu berathschlagen, welcher von diesen Anzügen mich wohl am besten kleiden würde. Es war eine Haupt- und Staatsaction, und man zeigt sich doch gern in seinem vollen Glanze, wenn man auf die Freyerey ausgeht. Barbier, Friseur und Marchand parfumeur, alles wurde in Bewegung gesetzt, um dies zu bewirken, und darüber hätte ich bald vergessen, daß mein Gesellschaftscavalier außer einer Unterofficiersuniform und einem grünen Kleidchen keinen Rock in seiner Garderobe hatte, der würdig gewesen wäre, neben dem meinigen in der Kutsche zu erscheinen. Ich wollte ihn anfangs bewegen, erstere in eine Officiersmontierung umzutaufen, aber Ludwig war zu keiner solchen Lüge fähig. Lieber, sagte er, wollte er im Wirthshause sitzen bleiben, als sich für etwas ausgeben, das er nicht wäre. Da man indessen nicht sogleich Anstalt zu einem neuen Kleide für ihn machen konnte und in Riga nicht die Einrichtung wie in Paris ist, daß man bey jedem Schneider fertige Röcke, in welchen schon irgendein Comte ou Baron allemand den Narren gespielt hat, kaufen kann, wurde beschlossen, er solle so lange ein schwarzes Kleid von mir anziehn – Vornehme Leute haben ja oft Familientrauer, auch ist es nichts ungewöhnliches bey Höfen, daß, wenn ein armer, schlecht bezahlter Cammerjunker seine ganze bunte Garderobe versetzt hat, er, bis das Quartal zu Ende ist, ein wenig um einen alten Vetter trauert, der nie gelebt hat.

Sobald dieser Punct in Ordnung gebracht war, ließ ich meine Ankunft bey dem Herrn Hauptmanne von Dobelmayer melden. Er kam sogleich selbst und begegnete mir mit derjenigen treuherzigen Güte, die seinem Character so eigen war und der ich so viel zu verdanken habe. Da ich vielleicht in der Folge nicht mehr Gelegenheit finden werde, meinen Lesern etwas von diesem lieben Manne zu sagen, will ich itzt voraus erzählen, daß er noch in Riga lebt, nachdem er seinen Abschied in Holland genommen hat, und daß ich bis auf diese Stunde in beständigem Briefwechsel mit ihm stehe.

Nichts ist langweiliger für den müßigen Zuschauer, als Zeuge zu seyn bey den kleinen Verhandlungen unter Leuten, die sich heyrathen wollen; zu sehn, wie so jeder von ihnen seine beste Seite hervorschiebt und seine Talente auskramt, um sich vortheilhaft zu zeigen; zu hören, welche Artigkeiten sie sich einander sagen, wenn es erst weiter mit ihnen kömmt, und dann gar, wenn sie anfangen, verliebt in einander zu werden – Es ist ein gar närrisches Ding damit – Noch viel langweiliger aber ist wohl die Erzählung von einem solchen Casu, weswegen ich dann auch fest entschlossen bin, Sie, meine hochgeehrtesten Leser und Leserinnen! mit einem dito nicht heimzusuchen. – Kurz und gut also! Ich war drey Wochen lang in Riga, die Sache wurde richtig, und ich bekam ein redliches, liebes Weib, das mir bis heute dato den Pfad durch dies Leben mit Rosen bestreuet, mir das Ungemach hat tragen geholfen und die glücklichen Stunden doppelt schmackhaft gemacht.

»Aber, mein lieber Cammerdirector!« sprach eines Abends, als wir im Gasthofe zusammensaßen, mein Freund Ludwig zu mir, »ich hoffe doch nicht, daß Du Deiner Braut auch nur die kleinsten zweydeutigen Scenen aus Deinem vergangnen Leben verschweigen wirst. Jetzt ist noch die Zeit, wo Dir alles verziehn wird; aber wenn man mit größern Meinungen Einer von dem Andern zur Ehe schreitet, dann hin und wieder eine unbedeutende Kleinigkeit, wie es wohl vorfällt, uns verstimmt, und ein ungefährer Zufall oder böse Leute bringen einmal so ein altes Anecdötchen an den Tag, dann gibt es Vorwürfe, Kälte und nicht selten Zwist. Nein! mein lieber Cammerdirector Peter! wenn ich heyrathete, würde ich meiner künftigen Frau alles haarklein erzählen, was ich je Böses gethan hätte, und daraufsagen: Nun! mein Herzensengelchen! Jetzt kennen Sie mich ganz. Wollen Sie mich nun, wie ich da bin, haben? Ich denke ja, Sie hätten auch wohl so manches auf dem Herzen. Vielleicht können wir miteinander aufheben oder abrechnen, wer dem Andern Verzeyhung herausgeben sollte. Dazu kömmt, mein lieber Freund! daß Du schon ein Langes und Breites erzählen kannst, ehe es mit dem Jungfernkindlein, das Deine Braut gehabt hat, ins Gleiche kömmt« – »Still! das sind Odiosa, mein ehrlicher Ludwig!« rief ich. »Aber Du hast meiner Seele Recht, und morgen will ich dem ganzen Meinhardtschen Hause meinen Lebenslauf erzählen.«

Ich that es und hatte die Freude zu sehn, daß diese Offenherzigkeit viel dazu beytrug, die gute Meinung zu befestigen, welche ich so glücklich gewesen war, von mir zu erwecken.

Ein paar Worte muß ich doch von dem Character der Personen sagen, aus welchen diese liebe Familie bestand. Den alten Vater haben Sie schon einigermaßen aus seinem Briefe an den Hauptmann kennengelernt. Er war ein biedrer, grader, hellsehender Mann, der seinem Fleiße, seiner Ordnung und der guten bürgerlichen Zucht, die in seinem Hause herrschte, das große Vermögen zu verdanken hatte, welches er besaß. Wenig Tage vor unsrer Hochzeit sagte er mir: »Mein Freund! ich bin itzt überzeugt, daß Sie ein Mann sind, der Rechtschaffenheit liebt; um desto mehr Grund habe ich zu vermuthen, daß Sie nicht lange den Posten behalten werden, den Sie itzt bekleiden. Ich kenne so ziemlich die kleinen teutschen Höfe und was ein ehrlicher Mann dort zu erwarten hat. Vielleicht wäre es besser, Sie zögen Sich beyzeiten freywillig zurück – Doch, wie Sie wollen, Erfahrungen aller Art sind gut. Also immerhin! Es wird mich nicht erschrecken, wenn ich höre, daß man Sie abgesetzt hat; und was den elenden Quark, das Geld, betrifft, so wissen Sie ja, daß mich der Himmel gesegnet hat, und meine Kinder sind haushälterisch erzogen.« So dachte mein Schwiegervater und denkt noch so, denn er lebt noch. Übrigens setzte er seiner Tochter eine ansehnliche jährliche Summe zu unserm Unterhalte aus, behielt aber die Capitalien in der Handlung.

Meine Schwiegermutter, welche in vorigem Jahre gestorben ist, war auch ein braves häusliches Weib – de mortuis non nisi bene – doch, wie es dann zuweilen der Fall bey dem Geschlechte ist, ein bißchen eitel und geschwätzig. Es gefiel ihr gar nicht übel, daß ihre Tochter nun gnädige Frau heißen sollte, und sie rief mehr als einmal aus: »Wer hätte sich das träumen lassen?« Sie hörte mich gern vom Hofleben erzählen und fragte nach jedem kleinen Umstand, der dort vorfiele. Wenn sie uns einmal besuchte, meinte sie, da müßte sie wohl gar auch an den Hof gehn.

Der einzige Bruder meiner Frau ist ein edler junger Mann, ein wenig heftig und rasch, aber geschickt in Handlungsgeschäften, thätig, ein guter Tonkünstler und noch unverheyrathet.

Aber, daß wir die Hauptperson nicht vergessen! Meine ehrliche Frau ist – ich kann es wohl sagen – ein schönes Weib, mit castanienbraunen Haaren, blauen Augen, lebhaft, gefühlvoll, war damals noch ein bißchen romanhaft gestimmt, übrigens sehr verständig und dabey voll von Witz und guter Laune. Meine Leser werden noch in der Folge sehn, von welcher herrlichen Seite sie alle menschlichen Dinge und alles, was uns begegnete, ansah, wie sie sich in ihre Lage so vortrefflich zu schicken wußte – Mit Einem Worte! Sie ist ein Muster von einem Weibe – Alle übrigen nicht zu verachten, versteht sich –

Ich will auch nicht schweigen von dem kleinen Knäblein, dem Pfande ihrer ersten treuen Liebe, das sie mir noch einen Augenblick vor unsrer zweyten Einsegnung mit Thränen in den Augen in meine Arme legte und mich beschwor, Seiner zu pflegen, sein Vater, sein Schutzengel, sein Freund zu seyn. Und ich versprach ihr, ihn wie mein eignes Kind zu lieben, und dies Versprechen hat mich seitdem noch nie gereuet.

Es ging recht herzig und fröhlich auf unsrer Hochzeit her, und wenige Tage darauf reisten wir, meine Gattin, Reyerberg und ich, ab. Man weinte auf beyden Seiten nicht wenig beym Abschiede. Unsre Reise war glücklich, und wir kamen wohlbehalten in die prächtige Residenz meines Sultans zurück.


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