Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Wassersucht. (Haut- etc. Wassersucht.)

Es ist wunderbar, wie der menschliche Organismus Speise und Getränke aufnimmt, Speisen und Getränke unter einander vermischt, zersetzte Stoffe sammelt, um leben und bestehen zu können. Geht Flüssigkeit, welche die Natur nicht braucht, durch jeden Athemzug ab, auch durch Urin und besonders durch Ausdünstung am ganzen Körper, Transspiration genannt, so kommt es doch recht häufig vor, daß irgend ein Theil des Körpers krankhaft wird und das Ausgenützte nicht ausgeschieden wird, weder durch Urin noch durch Ausdünstung. Es sammelt sich alsdann im inneren Körper diese Flüssigkeit, häuft sich gewaltig an, findet keinen Ausgang, und es entsteht eine Krankheit, die Wassersucht genannt wird. So eine Ansammlung kann, wie im Unterleib, so auch im Oberkörper, vor Allem im Herzbeutel vor sich gehen, so daß man die eine die Bauch-, die andere die Brust- beziehungsweise Herzwassersucht nennt. Wird diese Ansammlung von Wasser bald beobachtet, und ist der Theil des Körpers, von dem sie ausgeht, auch ziemlich gut, so kann dieser kranke Theil noch gesund gemacht werden. Das schon gesammelte Wasser kann ausgeleitet und so die Wassersucht noch geheilt werden. Ist Dieß aber nicht mehr der Fall, so steht früher oder später, je nachdem der kranke Theil mehr oder weniger unbrauchbar wird, der sichere Tod in Aussicht. Sammelt sich aber im Herzbeutel Wasser, so wird dieser nach und nach gefüllt, und das Wasser hindert den weiteren Herzschlag; es tritt der Tod ein. Die Bauchwassersucht nimmt einen längeren Verlauf, weil sich in der Bauchhöhle viel Wasser aufhalten kann. Beim Beginn, oder so lang das Organ nicht zu sehr krankhaft ist, ist die Wassersucht leicht zu heilen, später um so schwerer, oft geradezu gar nicht. Es kann sich aber auch zwischen Haut und Fleisch Wasser sammeln, wenn die Poren ganz geschlossen sind und keine Ausscheidung mehr stattfindet, und so die Hautwassersucht sich entwickeln; auch diese kann, wenn nicht frühzeitig Hilfe gebracht wird, leicht den Tod herbeiführen. Nun zur Heilung!

1.

Der kleine Andreas, 11 Jahre alt, hatte das Scharlachfieber, dabei eine fürchterliche Hitze, aber recht gesunde innere Theile, und so nahm das Scharlachfieber einen glücklichen Verlauf. Man glaubte, das Kind sei schon ganz gerettet. Auf einmal schwellen diesem Knaben die Füße, Hände, der Kopf und der ganze Leib, so daß die Haut am ganzen Körper glänzt. Die Anschwellung geht sehr rasch, und weil die Haut wie Porzellan zu sein scheint, so ist klar, daß keine Flüssigkeit mehr ausgeschwitzt wird. Hilft man nicht und gibt man bloß nach innen ein, so wird das Kindesleben bald aufhören. Zieht man aber, wie der Andreas, ein in Salzwasser getauchtes Hemd an, das bis über die Füße hinunterreicht, und umwickelt es mit einer Wolldecke, so werden die Poren rasch geöffnet, und schnell wird die Flüssigkeit in die Poren eilen. Das Tuch saugt das Wasser auf, und dem armen Andreas wird es gleich leichter. Thut man Dieß an einem Tag zwei- bis dreimal, jedesmal 1 bis 1½ Stunden, so wird das gesammelte Wasser bald ausgeleitet sein. Zudem wird das Kind noch täglich ein- bis zweimal mit Wasser und Essig gewaschen, nicht abgetrocknet und nachher im Bett liegen gelassen; so wird die ganze Natur gekräftigt; dem Kind wird es immer leichter und wohler. Nach einigen Tagen ist es gerettet. Man kann dem Kind auch noch alle ein bis zwei Stunden einen Eßlöffel voll Thee geben von gesottenem Zinnkraut und Wacholderbeeren; so wird gesorgt, daß im Inneren sich weiter kein Wasser mehr sammelt, und was sich schon gesammelt hat, wird durch Urin oder Stuhl ausgeleitet. Man kann dann noch einige Zeit hindurch täglich, dann jeden dritten Tag eine Waschung vornehmen oder ein kurzes Bad geben; hiedurch erholt sich die Natur um so schneller.

2.

Bertha hatte Diphtherie und lag einige Tage in der Brennhitze da. Man hatte lange Zweifel an ihrem Auskommen. Doch Bertha überstand die Diphtherie; aber auf einmal kommt die Wassersucht, und ungemein rasch schwillt das Kind an. Es bekam nun zweimal im Tag ein Hemd in Salzwasser getaucht, 1½ Stunden lang, und wurde täglich 5 Sekunden in's Wasser getaucht; zum Einnehmen täglich eine Tasse Thee von Holderblüthen, wovon sie jede Stunde zwei Löffel voll nahm. Bertha fing gewaltig zu schwitzen an, und in kurzer Zeit war die Wassersucht Verschwunden.

3.

Crescentia, 42 Jahre alt, merkt, daß sie immer voller wird und an Händen und Füßen die Haut glänzt. Es schwillt nicht bloß der ganze Körper, sie bekommt auch schweren Athem und viel Hitze. Der Arzt erklärt: Hier ist Hautwassersucht. Die angewendeten Mittel haben keine Hilfe gebracht; sie wird für verloren erklärt. Nun bekommt sie:

1) Jeden Tag ein Hemd, in Wasser getaucht, in welchem Heublumen gesotten wurden, auf 1½ Stunden; die Poren werden dadurch geöffnet;

2) jeden Tag noch einen Wickel von unter den Armen ganz hinunter. Auch dieser Wickel wirkte besonders günstig;

3) täglich zwei Tassen Thee von Hollunderblüthen, Zinnkraut und Wachholderbeeren; sie fängt zu schwitzen an, es geht sehr viel Wasser ab, und innerhalb sechs Tagen ist alle Geschwulst verschwunden, und die Kranke wurde wieder gesund.

Gewöhnlich ist bei der Wassersucht großer Durst. Je mehr aber der Wassersüchtige trinkt und das Wasser sich im Innern erwärmt, um so größer wird die Hitze. Deßhalb ist nothwendig, nur recht wenig Wasser zu trinken. Den argen Durst kann der Kranke am besten stillen, wenn er von Zeit zu Zeit bloß einen Löffel voll Wasser einnimmt. Hitzige Getränke haben keinen Werth, sind vielmehr schädlich, weil zur Hitze wieder Hitze kommt und die Natur doch nicht gekräftigt wird, was hauptsächlich bei den Wassersüchtigen fehlt.

4.

Anton fühlt sich Wochen hindurch immer recht müde und zu schwach zum Arbeiten. Man weiß nicht recht, was fehlt; er fühlt sich an allen Theilen krank. Sein Leib wird voller, die Füße schwellen auch an; es geht wenig Wasser ab, der Durst steigert sich; der Arzt sagt, es trete die Bauchwassersucht ein.

Diesem Kranken wurde empfohlen:

1) Jeden Tag zwei Halbbäder zu nehmen;

2) Thee zu trinken aus Wachholdersprossen, eine halbe Stunde gesotten;

3) jeden Tag den spanischen Mantel umzulegen; das Wasser geht durch die geöffneten Poren, sowie durch Urin und Stuhl ab. In 12 Tagen war der normale Zustand wieder hergestellt.

5.

Theresia ist seit längerer Zeit leberleidend, hat viel eingenommen, Alles vergebens. Auf einmal wird erklärt, es kommt die Wassersucht. Ungesäumt bekommt dieselbe:

1) Angeschwellte Heublumen, warm auf den ganzen Unterleib gelegt;

2) starken Thee von Zinnkraut;

3) täglich 15 bis 20 Wachholderbeeren.

Wie im Innern die Leber noch einer Verbesserung zugänglich ist und diese wieder in brauchbaren Zustand geräth, so wird auch das angesammelte Wasser ausgeschieden. Theresia ist nach einigen Tagen gerettet. Sie gebraucht den Thee noch länger und nimmt täglich Anfangs zwei, später ein Halbbad und kommt wieder zu ihrer früheren Kraft.

6.

Augustin hat längere Zeit Nierenleiden. Die Mittel wollen nicht helfen. Es beginnt die Wassersucht. Die letzte Zuflucht ist das Wasser. Er nimmt:

1) Täglich zwei Halbbäder, eine Minute lang;

2) täglich einen kräftigen Heublumenwickel;

3) hat er auch ein ganzes Körblein voll Heublumen miteingewickelt, die besonders auf die Nierengegend gebunden werden;

4) er trinkt fleißig Thee von Schafgarbe, Wachholderbeeren und Zinnkraut im Wechsel mit Wermuththee.

In wenigen Tagen ist das Wasser ausgeleitet, und Augustin ist gerettet. Er gebraucht längere Zeit in der Woche drei Sitzbäder und zwei Halbbäder, die hauptsächlich auf Kräftigung des Unterleibes und der Nieren wirken.

7.

Maria weiß gar keine Ursache, warum sie seit längerer Zeit ihre Kräfte verliert und ein ungewöhnlicher Durst sie fortwährend plagt. 1) Sie trinkt jeden Tag drei Gläser Rosmarinwein, nimmt 2) jeden zweiten Tag einen kurzen Wickel, 1½ Stunden lang, und die Wassersucht verschwand.

8.

Michael hatte Jahre hindurch starken Husten und ungemein viel Schleimauswurf. Alle Medicamente waren ohne Erfolg. Auf einmal merkt er, daß die Füße stark anschwellen. Man glaubt, er sei verloren. Das Lungenleiden hat schon große Fortschritte gemacht; jetzt noch die Wassersucht dazu! Michael bekommt

1) täglich zwei kräftige Obergüsse und wird

2) täglich von unter den Armen ganz hinunter eingewickelt, 1½ Stunden lang.

Der Oberkörper wird dadurch gekräftigt; es geht eine Masse Schleim ab; der Urin wird recht schmutzig und ist dick. Die Geschwulst fällt zusammen, und in 14 Tagen ist der Kranke gerettet. Lunge und Brust wurden gereinigt und gekräftigt, und dadurch war auch die Ursache der Wassersucht beseitigt.

9.

Joseph hat recht viel Bier getrunken, mehr als gesund war, dadurch eine ordentliche Hypotheke (= Korpulenz) zusammengebracht; er bekommt schweren Athem und verliert seine Kraft, so daß er kaum zu gehen vermag. Er merkt auf einmal, daß ihm die Schuhe zu klein werden, und daß er am ganzen Körper viel zu rasch auseinander geht. Der Arzt erklärt, das Blut werde zu Wasser, es sei Blutzersetzung und die Wassersucht da. So sehr er früher das Wasser scheute, sucht er dasselbe jetzt als seinen Lebensretter. Er läßt sich

1) jeden Tag zweimal einwickeln, das Tuch in Salzwasser getaucht. Dadurch fängt er fürchterlich zu schwitzen an;

2) nimmt er jeden Tag zwei Halbbäder, und nach 12 Tagen war die Wassersucht gehoben.

Nach innen gebrauchte er täglich zwei Tassen Wermuth und Salbeithee und aß täglich 12 bis 18 Wachholderbeeren, die ihm gute Verdauung und einen besseren Magen brachten und die ungesunden Stoffe ausleiteten. Er gebrauchte noch längere Zeit in der Woche drei Halbbäder, mied das Bier, aß einfache Hausmannskost und erkannte das Wasser als seinen Retter.

10.

Eine Hausfrau jammert: »Mir sieht Niemand eine Krankheit an, und ich werde oft ausgelacht, wenn ich klage. Ich habe keine besondere Kost und bin so stark, trinke auch kein Bier, habe nur einfache Hausmannskost; meine Füße sind so angeschwollen, daß ich oft nicht mehr gehen kann. Mein Unterleib ist so aufgetrieben, daß ich schon länger mit Grund die Wassersucht fürchte. Frische Luft und Kälte kann ich gar nicht ertragen. Wenn ich an die frische Luft komme, bin ich um und um voller Rheumatismen.«

Hier hat sicher die widernatürliche Kleidung das Ihrige gethan. Deßhalb war nothwendig, den Körper von allen Anstauungen zu reinigen und nebenbei die Natur abzuhärten.

Die Kranke bekam deßhalb:

1) jeden Tag eine Ganzwaschung, um gleichmäßige Transspiration einzuleiten;

2) in der Woche viermal einen Wickel von unter den Armen ganz hinunter, das Tuch in Heublumenwasser getaucht, um die angeschwollenen Füße und den geschwollenen Leib zu verdrängen;

3) in der Woche zwei Halbbäder, um den ganzen Körper zusammenzutreiben. – So drei Wochen lang.

Die überflüssige Kleidung wurde nach und nach entfernt, und die Unglückliche lebte wieder neu auf.

11.

Ein Missionär, der in seinem strengen Beruf ziemlich korpulent geworden, weil er wenig Bewegung hatte, während die Sprachorgane viel angestrengt waren, bekam so angeschwollene Füße, daß sie von unten auf wie Porzellan glänzten und, wenn man den Finger eindrückte, Vertiefungen zurückließen wie bei Wassersüchtigen. Der Leib war viel zu stark, der Athem recht schwer, und so war er unfähig für seinen Beruf. Derselbe war ca. 52 Jahre alt.

Hier ist offenbar neben zu großer Anstrengung auch zu wenig Bewegung die Ursache der Korpulenz und der anfangenden Wassersucht. Die Aufgabe ist also, den schlaffen Körper zu wecken und zu kräftigen, damit gleichmäßige Transspiration eintrete und mit der Kräftigung des Körpers die faulen Stoffe abgestoßen werden.

Wer hier gleich Wasser abtreiben wollte, würde die Schlaffheit, anstatt sie zu heben, noch mehr befördern. Also nicht Wasser abtreiben, sondern den Körper erst kräftigen.

Deßhalb folgende Anwendungen:

1) Acht Tage lang täglich zweimal einen Oberguß, der täglich etwas verstärkt wurde. – Diese Obergüsse kräftigten alle Theile des Oberkörpers und bewirkten eine allgemeine Thätigkeit. Das Aussehen frischte sich dadurch auf, und das Weiterbilden schlimmer Stoffe hörte auf. Schon am dritten Tag nahmen die Füße etwas ab, und der Urinabgang nahm zu.

2) Täglich wurden einmal die Schenkel begossen, um auch hier zu beginnen mit Kräftigung der geschwächten Theile und Zusammenziehung der Haut und innern Gefäße. So acht Tage lang. Dann

3) kamen die Rückengüsse täglich zweimal, dazu noch ein Oberguß und Wasser auf die Knie gießen.

Der Oberguß bewirkte eine fortgesetzte Stärkung des Oberkörpers; die Rückengüsse bewirkten Dasselbe auf den ganzen Körper, und es trat bei dem Kranken große Behaglichkeit ein, der Urin war geregelt, der Appetit nahm zu; an den Füßen konnte man sehen, daß die Zufuhr von Wasser dorthin abgenommen hatte. In der dritten Woche hatte die Naturkraft schon große Fortschritte gemacht. Die Natur war dem Übel gegenüber widerstandsfähig geworden. Jetzt war auch die Zeit gekommen, den Körper von der schlimmen Ansammlung zu reinigen. Es wurde deßhalb in der Woche

1) zweimal ein Wickel von unter den Armen ganz hinunter vorgenommen,

2) wöchentlich zweimal ein kurzer Wickel, 1½ Stunden lang. Der kurze Wickel löste und saugte auf von unter den Armen bis an die Knie. Der vorhergehende Wickel bewirkte Dasselbe am ganzen Leib. – Weil der obere Körper schon gekräftigt und der Abfluß nach unten nur noch gering war, wurde die angeschwemmte Masse rasch beseitigt, und der Kranke fühlte sich von Tag zu Tag behaglicher.

Um die äußern Anwendungen auch von innen zu unterstützen, wurde täglich eine Tasse Thee von Zinnkraut und Wachholderbeeren genommen, welcher den Körper reinigte und gute Verdauung bewirkte. So war der Kranke in vier Wochen hergestellt.

Zur weiteren Kräftigung und Erholung wurde neben gesunder einfacher Kost zeitweilig ein Halb- oder Vollbad genommen.



 << zurück weiter >>