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Veitstanz und ähnliche Krankheiten.

1.

Ein Mädchen fühlte sich unwohl, ging in's Bett und fing bald an, die Augen zu verdrehen, den Kopf zu schütteln, wurde mit den Händen unruhig, als ob sie das Bett zerreißen wollte, und es kam in den ganzen Körper eine solche Unruhe, daß die Patientin, obwohl erst 16 Jahre alt, fast nicht gebändigt werden konnte. Sie hatte eine gute Freundin, die von diesem Unwohlsein hörte und die Kranke ungesäumt besuchte. Diese Freundin trifft ihre Kameradin gerade in der höchsten Aufregung, sinkt zusammen, wird geistesabwesend und macht Alles nach, wie sie bei dieser es gesehen. Fast plötzlich ist also diese Krankheit auch bei diesem Mädchen ausgebrochen.

Mit welchem Namen dieser Zustand zu bezeichnen ist, lasse ich dahingestellt – Krämpfe oder Veitstanz? Aber das ist wahr: Angst, Furcht und Mitleid bringen in einem Kind ganz rasch, wie ein Erbtheil diese Zustände hervor. Dieses gibt uns auch den Beweis, daß hier große Schwachheit zu Grund liegt, und wie leicht an Schwächlinge alle Übel kommen. Wieder ein Beweis, wie auf Abhärtung und Kräftigung des Körpers Gewicht gelegt werden soll, und wie sehr Eltern fehlen, wenn sie nicht sorgen, daß durch gute Kost ihre Kinder kräftig und ausdauernd werden.

Die beiden Mädchen wurden geheilt durch folgende Anwendungen:

1) Wurde ein Hemd angelegt, in Salzwasser getaucht. Dieses bewältigte jede Aufregung;

2) eine Ganzwaschung mit Wasser und Essig bewirkte mehrstündigen Schlaf;

3) ein Knieguß leitete das Blut vom Kopf ab.

Diese Anwendungen innerhalb zweier Tage brachten vollständige Ruhe hervor. Sobald aber die Aufregung entfernt war, fühlten beide Kranke sich ganz matt – ein gutes Zeichen. Täglich ein Halbbad, ein Oberguß und Knieguß kräftigten und stärkten die Natur und brachten großen Appetit. Die Kraftkost schmeckte bald angenehm, und in sechs Wochen waren die zwei Mädchen ganz gesund und glücklich, vermieden aber auch die armselige, wenig nährende Modekost.

2.

Ein Vater bringt einen 10jährigen Knaben. Die Züge des Knaben sind ganz eingefallen; aller Muth ist verschwunden, der ganze Körper mehr frostig als warm, Hände und Kopf sind immer etwas unruhig; die Haut ist trocken, Appetit wenig; Kraft fehlt. Der Knabe hat alle Anfänge zu krampfhaften Zuständen, Veitstanz genannt.

Dieser Junge hat nicht genug Blut. Er gleicht einem Wagen, der nicht geschmiert ist. Wie es dort überall pfeift und zischt, so zuckt und zappelt es hier überall im ganzen Körper. Es sind nicht genug Säfte und Fette im Körper.

Dieser Knabe soll deßhalb:

1) Alle Tage gewaschen werden mit Wasser und Essig;

2) möglichst viel barfuß gehen;

3) recht einfache Kost, kein Bier, keinen Kaffee und keinen Wein, dagegen Kraftsuppe und einfache Kost, mehr von Mehl als von Fleisch genießen;

4) jeden Tag zweimal einen halben Löffel voll Salat- oder Provenceröl einnehmen;

5) dann einen Tag zwei Messerspitzen voll Knochenmehl, den andern Tag zweimal jedesmal drei Löffel voll Wermuththee nehmen. Fehlt das Knochenmehl, so dienen sechs bis acht Wachholderbeeren als Ersatz.

Die Ganzwaschungen bewirken Öffnung der Poren und dadurch Transspiration und Kräftigung. Der Essig insbesondere wirkt auf Wärmebildung bei solch kalter jugendlicher Natur. Das Barfußgehen wirkt stärkend und abhärtend, macht widerstandsfähig. Ist die Maschine dadurch in Gang gebracht, dann wird auch die einfache Kost besser verwerthet. Das Knochenmehl dient zur Verdauung und Unterstützung des Knochenwachsthums, wie der Wermuththee zur Verdauung durch Vermehrung der Säfte dient.

3.

Ein Mädchen, 13 Jahre alt, wird gegen seine Eltern widerspänstig, trotzig und zeigt eine eigene Unruhe durch Bewegung der Hände, Verdrehung der Augen, Heftigkeit und wieder Zusammengebrochensein und Tiefsinn. Das Kind hat den Veitstanz. Nachdem ärztliche Mittel nicht gewirkt, soll das Übel durch Wasser gehoben werden.

Daß in solchen Körpern eine große Unordnung herrscht in der Circulation des Blutes, ebenso eine ungleiche Wärme am ganzen Körper und Wechsel in der Kraft, läßt sich leicht denken. Hier heißt es: Willst du so einen Kranken gesund machen, so bringe zuerst den gestörten Blutlauf in Ordnung, dann wird auch der Körper bald die gehörige Wärme bekommen. Ist dieser in Ordnung, wird guter Appetit eintreten, und man braucht bloß der Natur gute Kost zu geben, so wird ein sicheres Gedeihen nicht ausbleiben.

1) Die gehörige Wärme wird kommen, wenn der Körper vom Bett aus ganz gewaschen wird, dann wieder in's Bett;

2) das Blut wird in besseren Gang kommen, wenn täglich ein Oberguß und Schenkelguß vorgenommen wird;

3) die Kräftigung und Erwärmung des ganzen Körpers wird ein tägliches Halbbad bringen;

4) gutes Blut und gute Naturkraft bringt recht einfache nahrhafte Kost: theils Kraftsuppe, theils andere kräftige Nahrung und das Vermeiden geistiger Getränke.

Diese Kranke hat die bezeichnete Kur sechs Wochen angewendet und die vollständige Gesundheit erhalten.



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