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Sechstes Kapitel.
Wohnung.

Wer sich ein Haus bauen will, der schaut sich zuerst nach einem geeigneten Platz um. Er achtet darauf, daß dieser nicht sumpfig sei, und er so ein ungesundes Haus bekomme; daß der Grund fest sei, damit das Haus nicht einfalle; daß er eine freie Aussicht erhalte und frische Luft habe. Wie er bei der Auswahl des Bauplatzes vorsichtig ist, so wendet er auch die größte Sorgfalt an, daß das Haus gut und seinen Bedürfnissen entsprechend gebaut wird, damit er nicht nach Vollendung des Baues genöthigt sei, nochmals zu bauen, weil er vorher nicht wohl überlegt hatte. Alles nun, was der Erbauer eines Hauses berücksichtigt, das soll man gleichfalls bei der Wahl einer Wohnung beachten. Man wohne nicht in einem Hause, das an einem feuchten Platze steht; denn in einem solchen findet man sicher keine gesunde Wohnung. Ist der Grund feucht, werden auch die Mauern feucht. Feuchte Wände sind aber schädlich, weil sie die Luft nicht durchlassen, also die eingeschlossene Luft ganz schlecht werden muß. Wie häufig kommt in Wohnungen in Folge der Feuchtigkeit der Mauerfraß vor! Von unten herauf löst sich der Mörtel oder Anwurf stückweise ab, und Salpeter bildet sich in den Mauern. Wenn dieses Mauerübel vorhanden, darf man sich gar nicht wundern, daß jeder Bewohner des Hauses über Etwas zu klagen hat; besonders nachtheilig aber wird dasselbe für die Kinder. Wie die Mauern öfters von unten herauf Mauerfraß haben, so bekommen sie auch sehr häufig feuchte, selbst ganz nasse Flecken, die gewöhnlich den Bewohnern ein sicherer Wetteranzeiger sind. Sieht man, daß die Mauer naß ist, so sagt man, es kommt bald Regen; stehen Tropfen auf der Mauer, so heißt es, ein recht starker Regen wird kommen. Wenn die Bewohner in einem solchen Hause nicht wissen, wie schädlich die Ausdünstung von solchen Mauern ist, dann sind sie zu bedauern, weil sie auch keine Mittel anwenden, dieselbe, so weit es möglich ist, unschädlich zu machen. Durch eine recht gute, geregelte Lüftung kann hier viel, sehr viel geschehen, um Übeln vorzubeugen. Man muß recht sorgen, daß die schlechte Luft stets ausströmen und eine gesunde eindringen kann. Hat aber das Übel weit um sich gegriffen an einer Mauer, dann soll man's dieser machen wie einem alten Rock, der unbrauchbar geworden ist. Man schafft sich dann einen andern an. Wenn man feuchte Räume eines Hauses gar nicht lüftet, so werden nach und nach auch alle anderen Räume des Hauses mehr oder weniger schädlich für die Gesundheit.

Wie in dem besprochenen Falle, so muß überhaupt große Sorge getragen werden für eine gute Lüftung. Auch in unbewohnte Zimmer soll stets der freien Luft Zugang gestattet werden. Besonders aber soll man darauf achten, daß zur allgemeinen Wohnstube ein Zimmer gewählt werde, in das eine frische, gute Luft stets Zugang haben kann. Eine feuchte, dunkle Wohnstube, in welche wenig oder selten oder vielleicht gar kein ordentliches Licht und keine gute Luft dringen kann, ist mehr ein Kerker als ein Wohnraum, und die Bewohner eines solchen sind bedauernswerthe Leute. Der Aufenthalt darin ist den Erwachsenen sehr schädlich, noch mehr aber den Kindern, die bereits halb krank auf die Welt kommen und in dieser elenden Luft schon in der Wiege verkümmern müssen. Noch schädlicher aber als eine Wohnstube, die des hinreichenden Lichtes und gesunder Luft entbehrt, ist eine Schlafstube, der es hieran mangelt. Aus dem Wohnzimmer geht man doch mehrmals im Tage hinaus und athmet dann wieder frische Luft; im Schlafzimmer aber verbleibt man unausgesetzt die ganze Nacht hindurch. Müde und erschöpft vom Tagwerk legt sich der Mensch darin am Abend auf sein Ruhebett nieder, und in langen Zügen athmet er die für seine Erhaltung erforderlichen Stoffe ein, besonders Sauerstoff. So wird seine Natur erquickt und gestärkt für das kommende Tagewerk. Wenn nun aber im Schlafzimmer feuchte Wände die Luft verderben, und wenn dasselbe nicht fleißig zum Lüften geöffnet wird, dann bekommt ja der Mensch, statt Stoffe zur Beförderung der Gesundheit, nur solche, die dieselbe verderben. Nichts ist so nachtheilig als eine eingesperrte Luft im Schlafzimmer. Dieser ergeht es wie dem Wasser, das keine Bewegung hat und faul wird. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn ich irgendwo übernachtete, und der Zimmergeruch zeigte mir an, es wird nicht fleißig gelüftet, so hatte ich jedesmal am Morgen einen kleinen Katarrh und dazu noch einen eingenommenen, schweren Kopf. Als ich aber den Vorsatz gemacht, wo immer ich übernachten möge, stets ein Fenster zu öffnen, sei es Sommer oder Winter, blieb ich jedesmal von beiden Übeln frei. In dem Angeführten liegt auch der Grund, weßhalb man allgemein behaupten hört, wenn man in einer fremden Wohnung schlafe, könne man nicht so gut schlafen, wie zu Hause. Ich gebe zu, daß das Ungewohnte etwas störend wirkt; aber vielfach wird die Hauptursache in der ungünstigen Zimmerluft zu suchen sein. Wenn die Mauern einmal durch Vernachlässigung des Lüftens verdorben sind und in ihrem feuchten Zustande alles Mögliche aufgenommen haben, so läßt sich das nicht in kurzer Zeit oder gar in wenigen Minuten verdrängen, wie Einige glauben. Das beweist der eigenthümliche Geruch, den ein wenig oder gar nicht gelüftetes Zimmer lange Zeit behält. Es brauchen übrigens die Mauern nicht einmal feucht zu sein; um die Luft im Zimmer schlecht zu machen, genügt es, daß dasselbe nicht ordentlich gelüftet wurde.

Noch nachtheiliger wirkt es auf die menschliche Natur, wenn Mehrere in einem nicht gehörig gelüfteten Zimmer schlafen. Schon das Ausathmen von mehreren Personen und das Ausdünsten von mehreren Betten wirkt nachtheilig auf die Luft. Durch das Einathmen solch' verdorbener, mit Kohlensäure angefüllter Luft wird man aber matt und müde, statt am Morgen mit frischen Kräften zur Arbeit gehen zu können. Es kann deßhalb nicht genug empfohlen werden, daß man ein Schlafzimmer wähle, in das die Sonnenstrahlen recht eindringen können, und in welchem der freien Luft der Zugang nicht abgesperrt ist.

Die Wohn- und Arbeitszimmer müssen im Winter natürlich geheizt werden, aber gar oft wird hierin das rechte Maß nicht eingehalten. Die Natur ist wie Wachs; man kann sie an fast Unglaubliches gewöhnen in der einen wie in der anderen Richtung. Es gibt Leute, die einheizen bis 16, ja 20 Grad Wärme, und dabei fühlen sich solche Leute oft ganz behaglich; man kann aber auch viele antreffen, die mit 12 bis 14 Grad sich begnügen. Welche Klasse ist nun besser daran? Wenn die Heizung in den Wohn- und Arbeitszimmern zu stark ist, so verweichlicht sie die menschliche Natur, und deßhalb vermögen solche Leute die Kälte nicht mehr zu ertragen. Aber ein noch größeres Übel besteht darin, daß die Feuerung Sauerstoff verzehrt. Die eingeathmete Wärme macht auch die Athmungsorgane recht empfindlich gegen die Kälte. Wie wohl thut's, wenn man aus einem heißen Zimmer in die frische, wenn auch kalte Luft hinauskommt, wie erfrischt das, und wie behaglich fühlt man sich dabei! Gerade das Gegentheil tritt aber ein, wenn man aus der frischen Luft in ein zu sehr geheiztes Zimmer kommt. Wer viel in Gottes freier Natur auch zur Winterszeit sich aufhält und in keinem zu sehr geheizten Zimmer wohnt und sich auch vernünftig kleidet, der wird nicht leicht einen Katarrh bekommen. Wer aber das Gegentheil thut, wird selten ohne Katarrh sein. Hat er ein Katarrhfieber durchgemacht, so wird bald wieder ein anderes seiner warten. Denken wir uns nur den schroffen Wechsel, wenn man aus einer Wärme von 16 bis 20° plötzlich hinaustritt in die freie Luft, wo eine Kälte von 6-12 oder noch mehr Graden herrscht. Einen solchen Wechsel vermag eine verweichlichte Natur am allerwenigsten auszuhalten. Sie unterliegt, und das Fieber bekommt die Herrschaft. Ist aber der Mensch abgehärtet, die Kleidung entsprechend, so wird der Wechsel von der nicht übermäßigen Zimmerwärme in die freie Natur ihm nichts anhaben und leicht ertragen werden.

Du fragst mich, lieber Leser: Welche Wärme soll man denn im Wohnzimmer haben? und ich antworte dir: 12 bis 15 Grad, ausnahmsweise auch 16 Grad, ist die beste; was aber über 16 Grad ist, gereicht zum Nachtheile deiner Gesundheit. Es werden nun vielleicht manche Landleute sagen: Wir haben große Wärme am liebsten, und wenn's 16 bis 22 Grad hat, ist's uns am wohlsten beim Ofen. Landleute, die den Tag hindurch in der kalten, freien Natur arbeiten, gegen den Wechsel von Wärme und Kälte durch das Arbeiten abgehärtet sind, und den ganzen Tag über die beste, reinste Luft eingeathmet haben, denen wird die warme Zimmerluft am Abend auf ein paar Stunden kaum schaden, zumal sie die schwerere Arbeitskleidung ablegen und bei ihrer gewöhnlichen Hauskleidung im warmen Zimmer verweilen. Was aber einem abgehärteten Bauer nichts schaden kann, das kann einen Schwächling halb umbringen. Wer also die goldene Mittelstraße gehen will, der heize sein Wohn- und Arbeitszimmer bis 12, höchstens 16 Grad R. Wärme, und er wird sich wohl dabei fühlen.

Vor 50 bis 60 Jahren konnte man in manchem Dorfe vielleicht nicht in einem einzigen Schlafzimmer einen Ofen finden; heut zu Tage aber kann man häufig einen solchen dort treffen. Es gibt viele Leute, die am Abend ihr Schlafzimmer heizen; sie glauben dadurch etwas Besonderes für die Erhaltung ihrer Gesundheit zu thun. Ich versichere Allen, daß sie sich dadurch mehr schaden als nützen. Denn erstens gewöhnen sich Solche viel zu sehr an die Wärme, die empfindlich und schlaff macht; zweitens werden alle Krankheitsstoffe durch diese Wärme gleichsam aufgeweckt; das Schlimmste aber ist, daß der Sauerstoff von der Feuerung aufgezehrt wird und oft sehr schädliche Verbrennungsgase sich bilden. Gerade dann, wenn wir so recht in langen Zügen athmen, wie es im Schlafe der Fall ist, wirken jene um so verderblicher. Besonders nachtheilig ist auch der Wechsel der Temperatur in einem solchen Schlafzimmer. Wenn der Mensch von der Wärme in die Kälte hinausgeht, so steigert sich durch das Gehen die Körperwärme, und der Wechsel vermag dann nicht so viel zu schaden. Wenn aber das Schlafzimmer am Abend eine Wärme von 16° R. hat und diese, während man ruhig daliegt, in vier bis fünf Stunden auf 7-8° sinkt, so hat ein solcher Wechsel gewiß nicht die besten Folgen. Auch ist Dieses sehr nachtheilig, daß man zu immer größerer Verweichlichung kommt. Frage man recht hochbetagte Leute, ob man in ihrer Jugendzeit eine solche Schwäche und Armseligkeit und so viele Krankheiten wie heut' zu Tage gekannt habe; damals aber schlief Jeder im ungeheizten Zimmer. Ich bin der Überzeugung, daß gerade die kalte, frische Luft am günstigsten aufs Blut einwirkt, und daß hingegen die erwärmte Luft das Blut verschlechtert. Und sollte wirklich bei schwächlichen, alten Leuten eine Heizung nothwendig sein, so würde doch eine Wärme von 8°, höchstens aber 10° R. gewiß ausreichen. Endlich kommt beim Heizen der Schlafzimmer noch der Übelstand hinzu, daß man die Wärmegrade immer mehr erhöht, wenn man einmal angefangen hat zu heizen, weil die Verweichlichung durch die Heizung zunimmt.

Es gibt aber noch eine ganz besondere Art der Heizung in den Schlafzimmern, die darin besteht, daß man den Ofen im Bett hat, nämlich Flaschen mit heißem Wasser gefüllt. Der wird wohl miserabel daran sein, der nicht mehr so viel Wärme hat, daß er sein Kleid anziehen kann, ohne es vorher zu erwärmen! Und ist das Bett schließlich etwas Anderes als das Nachtkleid? Gerade durch das Erwärmen des Bettes mit heißen Flaschen wird nicht nur verhindert, daß sich neue Naturwärme bildet, sondern die Füße werden noch mehr verweichlicht. Diese künstliche Wärme trocknet auch die Füße zu sehr aus. Und wie will man den Wechsel von dieser künstlichen Bettwärme und der herrschenden Temperatur im Freien, besonders wenn es recht kalt ist, ertragen? Wie also die Heizung der Schlafzimmer sehr nachtheilig auf den ganzen Körper einwirkt, so wird diese künstliche Bettwärme im Besondern noch schädlich für die Füße sein. Man wird auf solche Weise gebrechlich und will doch nicht glauben, daß man selbst schuld daran ist.

Es entsteht nun die Frage: Wenn das Heizen der Schlafzimmer und das Erwärmen des Bettes nachtheilig ist, soll dann der schroffeste Gegensatz angewendet und am Ende gar zur Winterszeit das Fenster im Schlafzimmer geöffnet werden? Man sagt doch allgemein, die Nachtluft sei schädlich. Hierauf ist zu antworten: Wenn die Nachtluft wirklich schädlich wäre, dann hätte der Schöpfer bei der Erschaffung und Regierung der Welt einen Fehler gemacht. Es ist sicher die freie, reine Luft die beste. Man denke überdieß an die alten Hütten, wie es deren noch vor einem halben Jahrhundert so viele gab; dieselben waren häufig nur aus Balkenholz zusammengefügt und durch manche Ritzen hätten selbst die Sonnenstrahlen scheinen können. Wie gleichgültig ging man ferner mit dem Fensterverschluß um! Es gefror Alles in den Schlafzimmern, was nur gefrieren konnte. Es war darin dieselbe Temperatur und Luft, wie im Freien, nur etwas ruhiger. Hat das den Leuten geschadet? Nicht im Mindesten! Damals habe ich auch nirgends eine Bettflasche gesehen oder einen Ofen im Schlafzimmer. Jeder war im Stande, sein Nachtkleid, das Bett selbst zu erwärmen – ein Beweis, wie abgehärtet und ausdauernd die Leute damals noch waren. Niemand klagte über Nachtkälte oder schlechte Nachtluft. Ich habe Wochen hindurch selbst bei 12 und 15 Grad Kälte immer ein Fenster meines Schlafzimmers offen gehabt, und ich habe mich nie frischer und wohler gefühlt, als zu dieser Zeit. Deßhalb aber rathe ich nicht, man solle alle Fenster öffnen und solle auf einmal, nachdem man sich verweichlicht hat, sich der kalten Temperatur aussetzen. Das hieße freveln. Aber wenn die menschliche Natur durch das kalte Wasser nach und nach vernünftig abgehärtet wird, dann könnte es Jeder dazu bringen, bei offenem Fenster zu schlafen. Durch Abhärtung und eine entsprechende nahrhafte Kost muß die Blutarmuth vorerst gehoben und die widerstandsunfähige Natur kräftig und ausdauernd gemacht werden. Was der Mensch ertragen kann, beweisen uns die vielen in Wagen herumziehenden Leute, die zu jeder Zeit im Freien leben und ruhen, sei es Winter oder Sommer. Sie sind immer für die herrschende Jahreszeit abgehärtet und brauchen am wenigsten Arzt und Apotheke. Was halten ferner die Thiere des Waldes aus, die im Sommer wie im Winter Nacht und Tag im Freien zubringen und nur durch einen dichteren Pelz im Winter gegen die Kälte geschützt sind! Will sich Jemand abhärten und auch Nachts frische Luft einathmen, so muß dafür große Sorge getragen werden, daß durch das offenstehende Fenster nicht der Wind hineinkommt, der einer Zugluft gleich dem ruhig Schlafenden in der ersten Nacht schon einen ordentlichen Katarrh bringen würde. Es ist auch keine Nothwendigkeit, daß ein Fenster im Schlafzimmer ganz geöffnet sei; es reicht aus, wenn nur irgendwie gute Luft in dasselbe eindringen kann, so daß die Luft in demselben frisch und gesund bleibt. Man öffne aber, wenn es möglich ist, nicht den unteren, sondern den oberen Theil des Fensters. Hätte ich das Glück, durch diese Worte recht Viele zu überzeugen, wie schädlich die Verweichlichung ist und wie glücklich die Abhärtungen machen, und würden sie dann anfangen, vernünftig sich abzuhärten und womöglich nur gute, gesunde Luft einzuathmen bei Tage wie zur Nachtzeit: wie viele Tausende würden frei werden von Kränklichkeit und Siechthum und sich wieder ihres Lebens freuen können! Es leben in der That viele Menschen, denen durch die Armseligkeit ihres Körpers das Leben eine große Qual ist; wenn diese dann durch Verweichlichung und Mediziniren ihr Heil suchen wollen, so finden sie nur um so leichter ihren Todtensarg.

Ein anderer großer Fehler ist es, daß die Ruhestätte selbst in unserer Zeit vielfach ein Werkzeug zur Verweichlichung ist. Früher schliefen Tausende auf dem Strohsack; denn sie hatten nicht die Mittel, sich ein weiches Bett anschaffen zu können. Ich erinnere mich noch recht gut, wie man von Krieg, Theuerung und Kriegsschulden erzählte, die das Land drückten, und wie deßhalb die ganze Hauseinrichtung und Lebensweise recht armselig war. Arme Leute lagen auf ihrem Strohsack, hatten unter dem Haupt ein Strohpolster und ein einziges Kopfkissen und zum Bedecken ein einfaches Oberbett. Trotzdem waren Ruhe und Schlaf süß. Nichts ist schädlicher, als auf einem weichen Federbett zu liegen, weil dieses außerordentlich viel Hitze entwickelt und die Natur verweichlicht und schlaff macht. Die Oberbetten sind gewöhnlich mit Flaumfedern gefüllt und häufig mit so vielen, daß sich eine viel zu große Wärme entwickelt. Muß dann der Mensch aus dieser Wärme hinausgehen in die frische, kalte Luft, so zieht er sich leicht einen Katarrh zu. Hat aber Jemand außer einem solchen übertrieben dicken Oberbett noch einen warmen Ofen im Schlafzimmer, so ist Alles geschehen, um der Gesundheit zu schaden. Heut zu Tage taucht auch noch eine andere schöne Mode auf, nämlich Betttücher aus Schafwolle herzustellen. Es war nicht genug der Verweichlichung, ein Oberbett mit viel zu viel Flaumfedern zu haben, dazu noch Wolldecken, die allein zum Zudecken ausgereicht hätten: man sucht jetzt auch noch durch wollene Betttücher die Wärme zu erhöhen. Dadurch verweichlicht man sich nur noch mehr und macht sich noch mehr unfähig, schädlichen Einflüssen zu widerstehen. Man darf sich ferner nicht wundern, daß so viele Leute über Kopfweh und über Blutandrang zum Kopf klagen, wenn zwei bis drei Kopfkissen mit Flaumfedern gefüllt für den Kopf recht viele Hitze entwickeln. Kommt dann der Kopf aus der Kopfkissenwärme in eine kalte Luft, so wird Frösteln und Erkältung nicht verhütet werden können.

Willst du dir nun, lieber Leser, ein recht geeignetes Nachtlager bereiten, so möchte ich dir Folgendes rathen. Lege auf deinen Strohsack eine feste Matraze und ein festes Kopfpolster, über letzteres nur ein einziges Federkissen. Wenn du eine Wolldecke zum Überdecken willst, so habe ich nichts dagegen, falls du ein Leintuch darüber nähst. Gebrauchst du aber ein Oberbett, so habe dieses recht wenig Federn oder Flaumen, damit sich nicht zu viel Wärme entwickle, wie bereits oben gesagt ist. Die Verweichlichung, welche vielfach durch die Kleidung verursacht wird, führt auch gewiß zur Verweichlichung durch das Bett und umgekehrt. Wer durch Lebensweise und Kleidung sich abgehärtet hat, dem kann ein modernes, weiches Bett nicht behagen. Wer hinwiederum anfängt, sich eines verweichlichenden Bettes zu bedienen, der wird sich auch bald mit einer ausreichenden Kleidung nicht mehr begnügen, sondern eine übermäßig warme gebrauchen. Möchte man sich doch vor beiden hüten und sich in vernünftiger Weise abhärten; denn wer sich verweichlicht durch Kleidung und Bett und schlechte Luft einathmet, der wird sich ein recht übles Loos bereiten.

Wie in den genannten Stücken im Allgemeinen viel gefehlt wird, so auch sehr häufig in der Herrichtung des Bettes. Wenn man in 15 bis 20 Häuser gehen und die Betten mit einander vergleichen würde, so fände man fast in jedem Hause etwas Anderes, und in vielen Betten würde man zu einem wahren Krüppel gemacht, wenn man sich hineinlegen würde. Es ist sehr häufig Mode, daß man statt eines Strohsackes Federmatrazen hat; legt man sich darauf, dann werden die Federn zusammengepreßt, und es gibt dort eine große Vertiefung, wo die Schwere des Körpers drückt. Dann liegen die Füße hoch, der mittlere Theil des Körpers liegt in einer Vertiefung, dem Oberkörper werden drei bis vier Kissen zur Unterlage gegeben, und so befindet sich der Ruhende in einer ganz ungesunden Lage im Bett. Wer gut schlafen und sich eine erquickende Nachtruhe verschaffen will, der soll sein Bett horizontal machen, und die Erhöhung, worauf der Kopf ruht, soll nicht mehr betragen, als die Entfernung von der Schulter zum Kopf. Man soll auch beim Schlafen die Füße nicht einziehen und die Kniee nicht krümmen, weil dadurch der Blutlauf behindert wird und recht leicht Blutanstauungen gebildet werden. Wer für den Körper, insbesondere für den Blutumlauf, am vortheilhaftesten liegen will, der halte die Beine ziemlich ausgestreckt. Auch die Hände sollen nicht gebogen sein, gleichfalls um den Blutlauf zu begünstigen und um Blutanstauungen zu verhindern. Auf der linken Seite zu liegen ist nicht bei Allen rathsam und bei Vielen gar nicht möglich, weil bei dieser Lage das Herz zu viel belastet wird. Das Beste ist, halb auf der rechten Seite und halb auf dem Rücken zu liegen und dabei die Arme und Beine ziemlich gerade zu halten, so daß am ganzen Körper keine besonderen Krümmungen sich finden. Dann geht der Blutlauf am leichtesten von statten. Das Ruhebett soll ferner nicht zu schmal, noch auch zu kurz sein, mit einem Worte, man soll recht bequem darin liegen können. Die Bedeckung sei ebenfalls breit und lang, damit nicht bei etwaiger Bewegung im Schlaf kalte Luft eindringt, wodurch recht leicht in wenigen Minuten ein Rheumatismus sich einstellen kann. Viele gibt es, die selbst zur Nachtzeit an den Leib festanschließende Unterbeinkleider tragen und auf diese Weise auch den Blutlauf stören. Das soll man nicht thun. Auch der Hemdkragen soll, ebenso wie die vorderen Enden der Ärmel nicht geschlossen sein. Schließt sich ersterer fest an den Hals, so kann im Schlafe leicht eine Spannung eintreten; diese bewirkt Blutstauung am Halse und so eine höhere Wärme. Wird dann kalte Luft eingeathmet, so kann recht leicht Jemand in der Nacht einen ordentlichen Katarrh bekommen. Es gibt auch Leute, welche, um warme Füße zu bekommen, in der Nacht Strümpfe anhaben und diese mit Strumpfbändern festbinden. Gerade die Strumpfbänder bewirken gern Störungen im Blutlauf. Ein großer Theil Derjenigen, die Krampfadern an den Füßen haben, haben sich dieses Elend selbst zuzuschreiben durch das zu feste Binden. Die verschiedenen Kleider nun, wie Unterhosen, Strümpfe u. s. w., welche man zur Nachtzeit am Leibe trägt, bewirken aber nicht nur Störungen im Blutlauf, sondern auch eine ungleichmäßige Körperwärme, und auch dadurch wird der regelmäßige Blutlauf beeinträchtigt. Die Nachthaube ist gleichfalls verwerflich, weil sie die gehörige Abhärtung hindert und durch die Wärme das Blut mehr in den Kopf zieht. Durch Beides können leicht Katarrhe entstehen.

Ich werde vielleicht wegen solcher Regeln für die Gesundheit von Manchem ausgelacht werden, und mancher Haubenträger wird sagen: Ich fühle mich wohl in meiner Haube und bleibe dabei. Und die, welche Strümpfe und andere Kleidungsgegenstände im Bette tragen, werden Dasselbe sagen. Allen Diesen entgegne ich: Thu' Jeder, wie er mag! Sollte er auch jetzt noch über nichts zu klagen haben, so ist es doch noch lange nicht sicher, daß er später nicht viel Ursache zu Klagen haben wird. Bei gar vielen Leiden liegt zu klar am Tage, daß sie in dem Angegebenen ihren Ursprung haben.

Ich wurde schon öfters gefragt, ob man vor dem Schlafengehen ein anderes Hemd anziehen solle wegen des Schweißes, oder ob man das Tageshemd auch in der Nacht anbehalten solle. Ich glaube, es ist hier nur ein kleiner oder gar kein Unterschied für die Gesundheit. Man soll überhaupt in der Nacht nicht schwitzen, und wenn das doch häufig geschieht, so ist sicher das Bett nicht in Ordnung. Wie Jemand, wenn er irgendwo sitzt, nicht in Schweiß kommt, so soll auch während der Nachtruhe ein solcher nicht eintreten. Der dennoch eintretende Schweiß ist selbstverschuldet, wofern Jemand nicht krank ist.


Krankenstube.

Ist bisher von der Wohnung im Allgemeinen die Rede gewesen, so soll nun noch ein Wort über Kranken-Häuser und -Zimmer gesprochen werden. Kommt man in ein Spital, das von guten Vorstehern geleitet ist, und überblickt dessen innere Einrichtung, dann thut es einem wahrhaft wohl, wenn man Alles so den Bedürfnissen und dem Zustande der Kranken angemessen findet. Kommt man aber in die Krankenzimmer bei manchen Familien, so möchte man mit den Kranken ein doppeltes Mitleid haben, einmal weil sie leidend sind, und dann, weil sie nicht die entsprechende Pflege haben. Allererst wird regelmäßig zu viel eingeheizt, wodurch die kranke Natur noch mehr verweichlicht wird. Dabei wird die frische Luft aufs Sorgfältigste abgesperrt, und was ist dem Kranken nothwendiger als eine gesunde Luft? Wenn schon jedes Athmen die Luft mehr verdirbt als verbessert, so thut das der Athem des Kranken in weit höherem Maße. Was für eine Luft wird also ein Kranker in sich aufnehmen, in dessen Zimmer keine frische, gesunde Luft eindringen kann? Es soll daher gesorgt werden, daß keine Verweichlichung durch zu große Wärme stattfindet, und daß durch Zugang gesunder, reiner Luft der Kranke die erforderlichen Stoffe aus der Luft recht reichlich einathmen kann. Wie jeder Ofen einen Kamin haben muß, so soll jedes Krankenzimmer eine Öffnung haben, durch welche die schlechte Luft aus- und die frische Luft einzieht, ohne daß dem Kranken dieser Wechsel schaden kann. Es soll also das Krankenzimmer wohl kühl, aber nicht zu kühl sein; 11 bis 14° R. werden im Allgemeinen die beste Temperatur für die Kranken bilden; wenn dieselbe aber auf eine Höhe von 16 bis 24 Grad steigt, wie ich's häufig angetroffen habe, dann hat man sicher dem Kranken durch die zu große Hitze noch ein neues Leiden dazu geschaffen. Besondere Nachtheile hat zu große Zimmerwärme bei Fieberkranken und namentlich bei Lungenleidenden, die bei entsprechender Wärme fast ohne Husten sind, aber, wenn tüchtig geheizt wird, den stärksten Krampfhusten bekommen können, hauptsächlich dann, wenn ein rascher Wechsel von Hitze und Kälte eintritt. Wenn man Mitleiden mit den Kranken haben und ihr Loos möglichst erleichtern will, so vermeide man große Hitze und Kälte im Krankenzimmer.

Wenn ferner jedes Schlafzimmer trocken sein soll und frische Luft und Licht gehörigen Zugang zu demselben haben sollen, so ist dieß um so mehr geboten für die Krankenzimmer. Wird hiergegen gefehlt, so kann das Krankenzimmer selbst die Ursache sein, daß der Kranke noch kränker wird. In Bezug auf das Bett des Kranken gelte als erster Grundsatz: Sorgfältigste Reinlichkeit, und dann sei es recht bequem und gut eingerichtet, weil eine unpassende Lage im Bette hier doppelt nachtheilig wirkt.


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