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Blutstauungen.

1.

Eine Hausfrau, 52 Jahre alt, erzählt: »Seit vier Jahren werde ich ganz auffallend stark. Ich glaube oft mit Grund fürchten zu müssen, mich treffe in Bälde ein Schlag. Auch hat der Arzt gesagt, zweimal habe eine Berührung von Schlag stattgefunden. Mir steigt von Zeit zu Zeit auf der linken Seite das Blut so stark in den Kopf, daß mir ganz schwindlig wird und ich kaum mehr weiß, was ich thue. Ich habe dann solche Hitze im Kopfe, daß mir der Schweiß von der Stirne rinnt. Darauf geht aber alles Blut und alle Hitze vom Kopf in den Unterleib, und nicht selten schießt es mir in den linken Fuß wie ein Pfeil, und ich bin dann arbeitsunfähig. Dagegen ist mir der rechte Fuß und die ganze Seite immer kalt, und ich kann oft zwei bis drei Stunden im Bette liegen, ohne erwärmt zu werden. Was ich dagegen gebraucht habe, hat mir höchstens eine Linderung auf kurze Zeit gebracht, immer blieb das alte Übel. Wenn ich den Schmerz recht im Unterleib habe, habe ich starken Reiz zum Erbrechen, zum wirklichen Erbrechen kommt es jedoch selten. Wenn ich nicht bald Hülfe bekomme, bin ich verloren und möchte doch noch recht gern auf längere Zeit mein Hauswesen leiten.«

Anwendungen: 1) In der Woche zweimal 1½ bis 2 Stunden lang einen Wickel von unter den Armen ganz hinunter, das Tuch in warmes Wasser getaucht, in welchem Heublumen gesotten wurden. 2) Jede Woche 1½ Stunden lang zwei kurze Wickel, ebenfalls in warmes Heublumenwasser getaucht. 3) Jede Woche zwei- bis dreimal den ganzen Körper waschen, am besten Nachts vom Bette aus und dann gleich wieder ins Bett. An das Wasser den vierten Theil Essig zu mischen. 4) Täglich eine Tasse Thee trinken von zehn zerstoßenen Wachholderbeeren und Zinnkraut, zehn Minuten lang gesotten. Derselbe ist in drei Portionen während des Tages zu trinken.

Nach drei Wochen erzählte die Frau: »Mir ging es recht gut, mein aufgetriebener Leib ist ganz zusammengefallen, das Blut stieg mir nie mehr so in den Kopf; ich habe seit dieser Zeit nur selten Kopfschmerzen gehabt, und diese waren nicht stark. Meine Füße sind warm, und ich freue mich, wieder meine Berufsarbeiten verrichten zu können.« Nun die Frage: Wo hat es hier gefehlt? Antwort: Vor Allem am geregelten Blutlauf. Weil die rechte Seite kalt war, ist auf Blutlaufstörung zu schließen und auf Anstauungen im Unterleib. Daher Schmerzen bald im Kopf, bald im Unterleib u. s. w. Die Anwendungen wirkten wie folgt: Die Wickel lösten die Anstauungen im Unterleib auf und verschafften dem Blute geregelten Gang. Die Waschungen belebten und kräftigten die ganze Natur, der Thee reinigte den Magen und die Nieren, und was sich dort Verlegenes und Ungesundes aufhielt, wurde entfernt. Um die Natur in dieser Ordnung zu erhalten, ist nothwendig, in der Woche zwei Halbbäder, einen Oberguß und Knieguß und zweimal eine Tasse genannten Thee's zu nehmen.

2.

Ein Mädchen von 38 Jahren suchte Hülfe für folgende Leiden. »Von Zeit zu Zeit,« so sagte es, »wird mir ein Fuß ganz unempfindlich und kraftlos, ich bekomme dann oberhalb des Kniees eine ziemlich große Geschwulst, die bald kleiner, bald größer wird. Im Halse bekomme ich öfters ein Geschwür, das gewöhnlich aufbricht. Gerade so kommt mir zeitweilig Blut aus der Nase ohne jegliche Veranlassung. Dann werde ich seit einigen Monaten auffallend stark. Ich habe einen schweren Athem und fühle mich meistens recht kraftlos. Was soll ich thun?«

Anwendungen: 1) Jeden Tag einen Oberguß und Schenkelguß. 2) Jeden zweiten Tag einen kurzen Wickel zu nehmen. So 12 Tage lang. Darnach in der Woche drei Halbbäder und zwei Obergüsse. Diese Anwendungen, vier Wochen gebraucht, machten die Unglückliche gesund. Willst du, lieber Leser, erfahren, wie hier die Anwendungen wirkten, so wisse: Hier waren Blutanstauungen vorhanden. Die Geschwulst oberhalb des Kniees enthielt eine solche Blutstauung, und es war viel Blut durch Erweiterung der Adern dort vorhanden. Das zeitweilige Geschwür und das Nasenbluten kamen gleichfalls von Blutstauung her. Das Blut mußte somit besser in Gang gebracht werden. Die Wickel lösten auf, die Gießungen brachten das Blut in Gang und stärkten die Gefäße, wie auch die ganze Natur, hinderten zugleich durch Kräftigung, daß sich neue Blutstauungen bilden konnten.

3.

»Vor acht Monaten,« so erzählte Jemand, »befiel mich ein heftiger, mit, starkem Fieber verbundener Gelenkrheumatismus, der ein Glied nach dem andern ergriff. Zu dessen Heilung wurde viel Salicylpulver von den Ärzten angewendet. Auf diese Anwendungen bekam ich häufig starken Schweiß. Nach einigen Wochen trat eine Entzündung der großen Venen des rechten Beines ein mit Blutandrang nach den Lungen, welche Erscheinungen vom Arzte als äußerst gefährlich bezeichnet wurden. Bei Beobachtung äußerster Ruhe und hoher Lage des Beines wurde das dickangeschwollene Bein nach drei bis vier Wochen allmälig etwas dünner, und es begann, wie der Arzt sagte, das Blut sich wieder zu vertheilen. Nach Monaten konnte ich wieder mittelst eines Stockes mühsam gehen; weil aber eine weitere Besserung nicht mehr eingetreten, möchte ich Hülfe beim Wasser suchen.«

Die Anwendungen waren folgende: Jeden Morgen ein Schenkel- und Oberguß, jeden Nachmittag ein Rückenguß, am Abend Knieguß; so eine Woche lang. In der zweiten Woche jeden Morgen ein Oberguß und Wassergehen, jeden Nachmittag ein Halbbad. Jeden zweiten Tag statt Oberguß in der Frühe ein Rückenguß. Nachdem so 14 Tage fortgemacht war, hatte sich aller Rheumatismus verloren, die Geschwulst ebenfalls, und der ganze Körper war im besten Zustand.

Hier waren nach dem Rheumatismus mehrere Blutanstauungen geblieben, die sich da und dort gebildet hatten und einen Schmerz verursachten, wie wenn einer den Hexenschuß bekommt. Die genannten Anwendungen zusammen hoben sämmtliche Blutanstauungen, indem sie theils auf einzelne Theile des Körpers, theils auf den ganzen Körper einwirkten. Die Obergüsse hoben die Anstauungen auf den Schultern und in den Armen, die Schenkelgüsse die in den Beinen, der Rückenguß und das Halbbad hoben die Stauungen im ganzen Körper und kräftigten denselben.

4.

Ein Herr, circa 48 Jahre alt, hatte oft Kopfschmerzen, so daß er glaubte, er werde wahnsinnig. Alle Ärzte hielten es für Blutandrang zum Kopf. Weil er keine Hülfe weder durch Medikamente noch Bäder gefunden hatte, suchte er Hülfe durch Wasser. Bei den ersten Anwendungen zeigte sich alsbald, daß eine Seite lange nicht dieselbe Wärme hatte, wie die andere, auch nicht die gleiche Kraft wie die andere, und es stellte sich dann wirklich heraus, daß Blutanstauungen vorhanden waren und das Blut nicht gleichmäßig in alle Theile des Körpers dringen konnte.

Wer möchte aber diese Anstauungen immer finden? Sie können auf den Schultern sein, im Unterleib, in den Gelenken. Man könnte vielleicht sagen: man muß auf's gerathewohl hin einwirken. Das mögen Andere sagen; der Hydropath sagt: Ich treibe alle Lumpen aus dem Körper, seien sie, wo sie wollen. Das vermag eben das Wasser, wie es sich auch an diesem Kranken bewiesen hat.

1) Täglich bekam der Kranke zwei kräftige Obergüsse, ebenso zwei kräftige Schenkelgüsse; so vier Tage lang.

2) Dann jeden Tag einen Rückenguß und ein Halbbad.

Nach 14 Tagen war der gestörte Puls in Ordnung gebracht, das Kopfweh beseitigt, alle Unbehaglichkeit entfernt.

5.

Ein Fräulein hatte besondere Freude am Tanzen und auch die Gelegenheit dazu fleißig benützt; sie hatte sich auch ziemlich nach der Mode gekleidet und ihren Leib stark geschnürt. Die Strafe blieb nicht aus. Sie bekam solchen Blutandrang in den Kopf, daß sie die gräßlichsten Schmerzen litt; die Füße waren meistens kalt; sie wurde dabei so blutleer, daß die kleinste Beschäftigung für sie zu lästig war. Es ist unbegreiflich, wie man eine Lustbarkeit so eifrig üben mag, daß die Gesundheit dabei zu Grunde geht. Viele Tausende werden an ihrem Sterbetag inne geworden sein, daß vom Schöpfer für sie noch eine Reihe von Jahren bestimmt war. Die Leidenschaft aber hatte sie verblendet. Es ist fast unglaublich, wie man Lust zur Schnürsucht bekommen kann, wenn man an die vielen Todesfälle denkt, die in Folge davon bekannt geworden sind. Und wenn auch nicht immer Todesfälle deßhalb eintreten, so verkümmert sie doch den menschlichen Körper. Was man eben gar nicht bedenkt, ist, daß das Blut gar oft den natürlichen Gang nicht mehr einhalten kann, und deßhalb durch die Blutstauungen viele Gebrechen eintreten können.

Kehren wir zu dieser unglücklichen Person zurück. Sie wurde geheilt 1) durch die Entfernung der Schnürgurten, 2) durch Anwendung des Wassers, und zwar Oberguß und Knieguß den einen Tag, den andern Tag Halbbad. Wie die einen Anwendungen belebend einwirken und die Natur in Thätigkeit bringen, so stärken die Bäder die ganze Natur.

6.

Ein Herr von Stand hatte Jahre hindurch am linken Oberschenkel von Zeit zu Zeit Schmerzen, die nicht besonders lästig waren; daß aber der linke Fuß nicht recht war, merkte er gut. Man glaubte, es sei Rheumatismus und hatte noch mehrere Ursachen angegeben, woher dieses Leiden kommen könne. Der Herr war ziemlich korpulent, im Übrigen hatte er in seinem Leben nie eine Medizin eingenommen. Er zählte 60 Jahre und konnte mit Leichtigkeit seinen Berufspflichten nachkommen. Eines Tages, kurz nachdem er sein Berufsgeschäft vollendet, traf ihn ein Schlaganfall mit Lähmung der einen Körperhälfte; er erholte sich indeß wieder vollständig. Mit diesem Schlaganfall verschwand auch das kleinste Unbehagen in dem leidenden Fuß, und dadurch war auch der klarste Beweis gegeben, daß in demselben nichts Anderes als eine Blutstauung war. Nachdem der Schlag geheilt und durch die Kur das Blut in den rechten Gang geleitet war, hat sich auch das Fußübel nicht mehr eingestellt.

Wenn solche Fälle öfter vorkommen, so soll man so ein allerdings leicht erträgliches Unbehagen ja nicht gleichgültig hinnehmen. Denn Blutstauungen können die übelsten Folgen haben. Es kam mir noch ein zweiter Fall vor, wie der beschriebene.

Der betreffende Herr wurde mit folgenden Anwendungen geheilt:

1. Jede Nacht, oder wenigstens jede zweite Nacht vom Bett ganz waschen, damit eine gleiche Wärme im ganzen Körper erzielt, der Blutlauf angeregt und der Schlaffheit vorgebeugt werde.

2. In der Woche zwei Halbbäder; durch diese wurde der ganze Körper gestärkt und abgehärtet, und so war das Übel in kurzer Zeit gehoben.

7.

Ein Mädchen, 23 Jahre alt, ist durch starken Regen durchnäßt worden und kam in einen großen Frost. Es mußte einige Wochen im Bette zubringen und bekam heftigen Blutandrang in den Kopf, dadurch beständige Kopfschmerzen, so daß es oft fast besinnungslos wurde. Immer hatte es kalte Füße, keinen Appetit und Schmerzen im Unterleib oder auf der Brust. Die weitere Folge war, daß Gemüthsleiden eintrat und Kleinmuth und Verzagtheit statt Heiterkeit und Fröhlichkeit. Es suchte mehrfach ärztliche Hülfe, aber gänzlich ohne Erfolg.

Folgende Anwendungen wurden gemacht: 1) Täglich eine Tasse Thee von Johanniskraut in drei Portionen. 2) Jeden Abend ein warmes Fußbad mit Asche und Salz. 3) Jede Nacht vom Bett aus ganz waschen und ohne abzutrocknen wieder ins Bett. So 14 Tage lang. Dann jeden Tag einen Knieguß, jeden zweiten Tag einen Oberguß, jeden dritten Tag eine Tasse Thee von Schafgarbe und etwas Wermuth. So drei Wochen lang. Nach fünf Wochen war das Mädchen gesund. Das Kopfweh war verschwunden, der Blutlauf wieder in Ordnung, die Unterleibsschmerzen waren weg. Das Mädchen fühlte wieder eine heitere Stimmung.

Wirkungen: Die Fußbäder leiteten das Blut vom Kopf abwärts und brachten dadurch den Füßen Wärme. Die Waschungen brachten das Blut in geregelten Umlauf. Der Thee von Johanniskraut regelte aufs Beste die Störungen im Blutlauf. Der Knieguß und Oberguß kräftigten wie die Natur, so auch den Blutlauf. Die Ganzwaschungen brachten gleichmäßige Wärme und Kräftigung. Der Thee von Schafgarbe und Wermuth bewirkte gute Verdauung und Verbesserung der Säfte.

8.

»Vor sechs Jahren«, so erzählt Jemand, »habe ich durch einen Sturz einen Fall erlitten; so daß man glaubte, ich sei verloren. Seit dieser Zeit habe ich auf einer Seite ganz wenig Kraft, oft will mich mein Fuß gar nicht tragen. Ich merke, daß die Schwäche immer mehr die ganze Seite einnimmt. Es bleibt mir an dieser Seite der Fuß oft die ganze Nacht kalt.« – Der Unglücksfall hat hier sicher eine starke Störung im Blutlauf bewirkt, die gehoben werden muß. Der Kranke muß dazu:

1) Jede Nacht vom Bett aus sich ganz waschen, aber nur vier Tage lang, dann jeden dritten Tag. Dieß bewirkt Anregung des Blutlaufes, Vermehrung der Wärme und Kräftigung.

2) Die ersten vier Tage ein Oberguß und Schenkelguß; Dieß wirkt stärkend und erzeugt eine kräftigere Vertheilung des Blutes.

Nach acht Tagen

3) Jeden Tag ein Rückenguß und Halbbad. Diese bewirken die stärkste Vertheilung des Blutes und kräftigen den Körper.

Nach vier Wochen hatte der Körper eine allgemeine gleiche Wärme, mithin war der Blutlauf in Ordnung. Die schwache Seite war um Vieles gekräftigt. Um die volle Kraft und Vermehrung des Blutes zu erlangen, reichten in der Woche zwei Obergüsse und Schenkelgüsse und ein- bis zweimal ein Halbbad aus. Dazu war nothwendig gesunde kräftige Kost.


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