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Einleitung und Vorwort.

Wenn ich einen Blick auf das Leben und Treiben der Menschen werfe, so sehe ich, wie die meisten derselben in dem von Gott ihnen angewiesenen Stande und Berufe angestrengt arbeiten und sich abmühen müssen, um sich und den Ihrigen die nöthigen Mittel zum Lebensunterhalte zu verschaffen, wie sie thatsächlich im Schweiße ihres Angesichtes ihr Brod verdienen. Es lehren mich auch die Ankunft des Menschen auf Erden, seine Wanderung hienieden, sowie sein Weggang aus dieser Welt, daß der Mensch seinen unsterblichen Geist in einem zwar wunderbar gebauten, aber sehr gebrechlichen Gefäße trägt. Mannigfaltige Leiden des Geistes und Körpers erschweren dem Menschen die Erfüllung seiner Berufspflichten, und »ein schweres Joch liegt auf den Kindern Adams von dem Tage, da sie hervorgehen aus ihrer Mutter Schooß, bis zu dem Tage, da sie in die Erde wieder zurückkehren, welche die Mutter Aller ist«.

Daß es so nicht immer gewesen sein kann, lehrt uns schon die Vernunft, da der Mensch durch seinen unsterblichen, willensfreien Geist ein Ebenbild seines allmächtigen, allgütigen und allweisen Schöpfers ist. Durch den Glauben wissen wir, daß die ganze Schöpfung unter dem Fluche der Erbschuld und ihrer Strafe seufzt, und der gerechte Gott verlangt von dem Menschen, daß er dieses sein Geschick in Geduld ertrage und auch zum Tode bereit sei, wann und wo Er ihn ruft. Aber Er, der gesagt hat: »Rufe mich an in der Noth, und Ich will dich erretten!« – Er verlängert auch, durch unser demüthiges Bitten bewogen, die Tage unserer irdischen Pilgerfahrt und zieht den strafenden Arm zurück, der schon erhoben war, uns mit der Ruthe der Gebrechen und Mühsale zu züchtigen. Doch soll der Mensch nicht bloß zu seinem Schöpfer flehen um Gesundheit und langes Leben, sondern er soll auch seinen Geist gebrauchen, um die Schätze zu finden und zu heben, welche der allgütige Vater in die Natur hineingelegt hat als Heilmittel für die vielfachen Übel dieses Lebens. Auch hier gilt das Sprüchwort: »Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!«

Von jeher hat es Männer gegeben, welche es sich zur Lebensaufgabe machten, die Mittel und Wege zu erforschen, wodurch die mancherlei Krankheiten geheilt werden könnten. Wie viele Bücher existieren, die uns Kunde geben von der Heilkraft mancher Kräuter, von der heilsamen Wirkung mineralischer Stoffe! Andere wieder lehren, wie man dieses oder jenes Übel durch Schneiden, Brennen u. dgl. zu entfernen habe.

Ich selbst wurde schon in meiner Kindheit darauf aufmerksam, wie dieses und jenes Kräutlein von den älteren Leuten aufgesucht und bei mancherlei Leibesgebrechen angewendet wurde. Sie betrachteten die erschaffene Welt mit viel sinnigeren Augen, als Dieses heutzutage geschieht, und dankbar erhoben sie nach Erlangung der Gesundheit ihren Blick zum Himmel, von dem alle Heilung und Rettung kommt. Diese Kräutlein, welche bei den Alten in so hohem Ansehen standen, sind heute theils verachtet, theils vergessen; nur noch einzelne werden von den einfachsten Leuten als sogenannte Hausmittel gesucht und gebraucht. Es ist mit diesen Kräutern gegangen wie mit der alten Mode. Das Gute, Brauchbare, überaus Einfache und doch so Schöne ist verschwunden, und das Geschmacklose, das durchaus Unschöne, das Schädliche, das den Körper zu Grunde Richtende ist an seine Stelle getreten.

Von dem aufrichtigen Streben beseelt, die Leiden meiner Mitmenschen, so viel es in meiner Macht steht, zu lindern, habe ich die alten verlassenen und vergessenen Kräutlein wieder aufgesucht, habe ihre Heilkraft erprobt und Manchen geheilt von schweren und langjährigen Leiden. Wie oft mußte ich da ausrufen: »Wie wunderbar bist Du, o Herr, in Deinen Werken! Was der Mensch nicht achtet, ja was er mit Füßen tritt, das hast Du liebreich vor seinen Augen gepflanzt, damit er dadurch Hilfe in Noth und Elend finde!«

Ein ganz besonderes Heilmittel aber für zahlreiche Gebrechen der armen gefallenen Menschennatur hat die wohlthätige Hand des Allerhöchsten der Menschheit gegeben, welches man überall auf Erden findet. Es ist dieß das Wasser. Dieses große Geschenk des allgütigen Vaters stillt nicht bloß den Durst des Menschen und der Thiere, sondern es ist auch das allererste, vorzüglichste und allgemeinste Heilmittel für den menschlichen Körper. Weist nicht die Natur selbst den Menschen mit tausend Fingerzeigen darauf hin, daß an ihm das Wasser als Heilmittel angewendet werden soll! Wie fühlt er sich neubelebt und gestärkt, wenn er nach harter Tagesarbeit oder des Morgens nach dem Aufstehen Gesicht und Hände, auch wohl Hals und Brust mit Wasser abwäscht! Sieht er nicht, wenn anders er die Natur nicht im Vorübergehen anzuschauen gewohnt ist, wie die Thiere in krankem Zustande das Wasser aufsuchen als ein Heilmittel für ihre Leiden? Der mit Vernunft begabte Mensch aber zeigt sich hier leider oft unvernünftiger als das vernunftlose Geschöpf!

Das Wasser weckt, wenn es im Frühling und Sommer zur Erde niederfällt, überall Leben und Gedeihen, regt in der Pflanzenwelt alle Organe zu neuem Leben, zu erhöhter Thätigkeit an. Es erfrischt und belebt auch die Körpertheile, welche alle civilisirten Menschen täglich zu reinigen gewohnt sind. Sollte das nicht alles ein Fingerzeig für den Menschen sein, daß das Wasser ebenso geeignet sein dürfte, die krankhaften Stoffe aus dem menschlichen Körper auszuleiten und auszuwaschen, den Körper in seiner Gesammtheit zu erfrischen, zu beleben und zu stärken, den gesunden wie den kranken! – Doch auch hier geht es wie in gar vielen Dingen. Das Einfache, das Naturgemäße, das Vernünftige wird aufgegeben und die Heilung da gesucht, wo sie nicht zu finden ist, in dem Unnatürlichen, ja Widernatürlichen. Man kann fast sagen: Je absonderlicher eine auftauchende Heilmethode ist, desto mehr Freunde und Anhänger gewinnt sie, bis endlich die leichtgläubige Menge einsieht, daß sie betrogen ist und der Heilkünstler sich die Taschen gefüllt hat. Was die heilige Schrift von dem übernatürlichen Wasser der Gnade sagt, das gilt vielfach auch vom natürlichen Wasser: »Die Quellen des lebendigen (d. h. des Leben gebenden und erhaltenden) Wassers haben sie verlassen und sich Cisternen gegraben, welche kein Wasser (und darum kein, Leben) haben.«

Das gilt insbesondere auch von der modernen Art und Weise zu leben. Wenn man die Lebensweise mancher Menschen mitansieht, wenn man die Verkehrtheiten betrachtet, welche besonders in der körperlichen Erziehung der Kinder gemacht werden, so möchte man fast an dem gesunden Sinne der Menschheit und an ihrem logischen Denken zweifeln. Gehe man doch bei den Vorfahren in die Schule! Diese haben seit Jahrhunderten das Wasser benützt nicht bloß zur Reinigung des Körpers, sondern auch zur Erhaltung der Gesundheit, indem sie durch Anwendung von Bädern und Kaltwaschungen schon den Körper der Kinder widerstandsfähiger machten gegen alle möglichen schädlichen Einflüsse des Klimas und der Witterung. Ja wir dürfen noch weiter zurückgehen. Haben nicht die Römer selbst auf ihren Kriegszügen überall da, wo sie feste Lager bezogen, sofort Bäder eingerichtet, in denen sie, nachdem der Körper durch Natur oder durch Kunst zur Transspiration gekommen war, diesen mit frischem Wasser begossen? Diese Alten, von denen wir noch Vieles lernen könnten, haben die Wasseranwendung so hoch geschätzt, daß man in Rom das Sprüchwort hatte: Gesegnet sei, der das Bad erfand. Das hohe Alter unserer Altvorderen, ihre oft riesige Körperkraft verdankten sie neben ihrer einfachen Lebensweise vorwiegend der vernünftigen Anwendung des Wassers.

In späteren Jahrhunderten hat es immer Männer gegeben, welche sich bemühten, der Lebensweise der Alten wieder mehr Eingang bei der Menschheit zu verschaffen, sie zu deren einfachen und vernünftigen Lebensregeln zurückzuführen. Ich erinnere nur an die großen Ordensstifter, wie sie in den von ihnen entworfenen Ordensregeln den allgemein eingerissenen Verkehrtheiten der verweichlichten Menschheit den Krieg erklärten und ihre Ordensmitglieder dadurch fähig machten, die Pflichten ihres oft sehr schweren Berufes zu erfüllen und doch dabei gesund zu bleiben und ein hohes Alter zu erreichen. Auch die Männer der Wissenschaft, die Ärzte, haben vielfach dem Wasser zu seinem Rechte verholfen und auf diese große Kraft zur Heilung menschlicher Gebrechen hingewiesen. Von den Neueren will ich nur Hufeland und Priesnitz nennen.

Mich hat nicht der Beruf oder die Vorliebe für das Medizinieren dazu gebracht, die heilsamen Wirkungen des Wassers zu erproben, sondern die bittere Noth. Noth lehrt beten und seinen Verstand gebrauchen! Nach dem Urtheile zweier vorzüglicher Ärzte war ich im Jahre 1847 am Rande des Grabes; beide hielten mich für verloren; durch die Hilfe des Wassers allein lebe ich heute noch und bin munter und guter Dinge.

Allerdings hat Letzteres nicht das Wasser allein zuwege gebracht; ich habe meinen vorzüglichen Gesundheitszustand gewiß auch meiner einfachen, von der Gewohnheit gar vieler Menschen allerdings etwas abweichenden Lebensweise zu verdanken.

Was aber mir zur Gesundheit verholfen hat, als ich ein Candidat des Todes war, das dürfte doch wohl auch Andere zu heilen geeignet sein. Dieses war einzig und allein das Wasser. Beweis dafür sind die von mir nur durch Anwendung meiner Wasserkur Geheilten, welche bereits nach Hunderten gezählt werden müssen. Neben den fortgesetzten Wasseranwendungen war es, wie gesagt, die Art und Weise, wie ich mich nähre, wie ich wohne, schlafe und mich kleide, was mir meine vortreffliche Gesundheit bereits durch mehr als 40 Jahre erhalten hat.

Darum drängten mich meine Freunde, welche die Herausgabe meiner »Wasserkur« veranlaßten, auf's Neue, daß ich doch auch meine Erfahrungen in Betreff einer vernünftigen und dem menschlichen Körper durchaus angemessenen und zuträglichen Lebensweise schriftlich niederlegen möge. Nur schwer konnte ich mich dazu entschließen. Die Pflichten meines priesterlichen Amtes machen vor Allem Anspruch an meine Körperkräfte; dazu kommt die große Anzahl Derer, welche in ihren mannigfaltigen Leiden bei mir Hilfe suchen; dieses Jahr sind es deren schon weit über tausend! Endlich stehe ich bereits im 69. Jahre meines Lebens, hätte also Ruhe und Schonung wohl nöthig. So mußte ich mir die Zeit, welche zur Abfassung dieses Buches nöthig war, förmlich abringen; Das, was es enthält, ist stückweise, wie es meinem Gedächtnisse sich gerade darbot, oder auf Grund von Notizen, die ich mir bei sehr wichtigen Fällen gemacht hatte, niedergeschrieben worden. Darum möge man ein Nachsehen haben, wenn in diesem Buche Manches vorkommen sollte, was schon in meiner »Wasserkur« gesagt wurde. Ist es gut, – und nach dem Erfolge dieses Buches scheint es so, – dann darf es auch zweimal gesagt werden; man behält es so besser.

Vieles, was in diesem Buche gesagt ist, wird vielleicht nicht die Billigung der akademisch gebildeten Ärzte finden, sie werden es mit dem sogenannten heutigen Standpunkte ihrer Wissenschaft nicht vereinbar finden. Das kann mich aber nicht abhalten, es niederzuschreiben, denn der Erfolg ist der beste Lehrmeister der Wahrheit; was dem Menschen hilft, was ihn gesund macht, das ist gut für ihn. Wenn er aber noch so regelrecht behandelt und dadurch zu Grunde gerichtet worden ist, so kann ihm die Thatsache, daß er ganz den Resultaten der Wissenschaft gemäß behandelt wurde, wohl kaum einen Trost in seinem Elend gewähren. Ich habe noch Niemand eingeladen, zu mir zu kommen, damit ich ihn heile. Auch pflege ich in wichtigen Fällen stets den Kranken erst an einen studierten und tüchtigen Arzt zu weisen, damit dieser ihn untersuche und ihm sage, wo der Sitz seines Übels sei. Dann erst schicke ich mich an, ihn zu heilen. Auch gehe ich durchaus nicht darauf aus, der wissenschaftlichen Medicin Concurrenz zu machen; ich erkenne das Gute gerne an, wo ich es finde. Aber ich muß auch der Wahrheit Zeugniß geben und das als verkehrt Erkannte als solches bezeichnen. Mich leitet ja kein irdisches Interesse; nur das Mitleid mit meinen leidenden Mitmenschen hat mich veranlaßt und bewegt mich auch noch heute, ihnen, wo ich kann, hilfreich zur Seite zu stehen.

Sollte mir aber gesagt werden, es sei doch nicht mein Beruf, die Leute zu kurieren, so sage ich darauf: Der Samaritan war auch kein studierter Doktor und kurierte doch den, der unter die Räuber gefallen und von diesen halbtodt geschlagen worden war, und es genierte ihn gar nicht, daß seine Landsleute ihn vielleicht tadeln würden wegen seiner barmherzigen Liebe.

Übelwollende Kritik dieses meines Buches fürchte ich nicht, ja beachte sie nicht einmal, möge sie auch noch so sehr mit dem Mantel der sogenannten Wissenschaftlichkeit sich umhüllen. Wenn ein Arzt über mein erstes Buch sich ausgesprochen: »Das Buch wäre schon recht, wenn es nur nicht von einem Pfaffen wäre,« so kennzeichnet eine solche Äußerung den geistigen Standpunkt dieses privilegierten Menschenretters ausreichend. Ich aber entgegne darauf ganz ruhig: »Die Soldaten haben das Pulver auch nicht erfunden und schießen doch recht fleißig.« Ich verzichte auf jeden Ruhm und jede Ehre; ein Vater unser, welches ein von mir Geheilter für mich verrichtet, ist mir mehr werth als alle Ehrendiplome von Seiten Derjenigen, welche da meinen, sich als Vertreter und Retter der Wissenschaft aufspielen zu müssen.

Denjenigen aber, die sich dafür interessieren, will ich verrathen, daß »Meine Wasserkur« bereits in zehnter Auflage gedruckt ist; es sind noch nicht drei Jahre verflossen, seitdem dieses Buch seine Wanderung angetreten, und schon ist kein Landstrich deutscher Zunge mehr, wo es nicht gekannt ist und sich als Hausfreund eingebürgert hat. Ja bereits weit über unser Vaterland hinaus hat es seinen Weg gefunden und sich Freunde erworben. So darf ich denn wohl die bescheidene Hoffnung hegen, daß auch dieses neue Buch, welches meinen Mitmenschen sagen will, wie sie leben sollen, wenn sie selbst gesund und kräftig werden und bleiben und ein ebensolches Geschlecht heranziehen wollen, nicht ohne Segen für die Menschheit bleiben werde. Wenn »Meine Wasserkur« ihren Lesern sagen wollte, wie sie durch Anwendung des Wassers und einfacher Kräuter die verlorene Gesundheit wieder gewinnen könnten, so will dieses neue Buch sie belehren, wie sie sich nähren, wie sie wohnen, schlafen und sich kleiden sollen u. s. w., wenn sie ihre Gesundheit erhalten und den Krankheiten vorbeugen wollen. Das will der erste Theil.

Im zweiten Theile habe ich auf dringenden Wunsch meiner Freunde eine Anzahl von Krankheitsfällen aufgeführt, welche theils sehr interessant sind, theils eine Ergänzung des in meiner »Wasserkur« Niedergelegten sein sollen. Dabei habe ich nicht bloß die gemachten Anwendungen, sondern auch die dabei von mir beabsichtigte Wirkung im Einzelnen angegeben, um so dem Laien, welcher nicht immer und überall gleich einen Arzt zur Hand hat, Anleitung zu geben, wie er, ohne den geringsten Schaden für die Gesundheit befürchten zu müssen, selbst Wasseranwendungen machen kann, bis die Hilfe des Arztes kommt.

So trete denn auch du, mein zweites Buch, unter dem Schutze des Allerhöchsten deine Wanderung an! Gehe zunächst zu Denen, welche durch »Meine Wasserkur« bereits veranlaßt worden sind, mit dem Wasser Freundschaft zu schließen, und sich dieses mächtigen und wohlwollenden Freundes als eines Helfers in der Noth bedienen. Ihnen wirst du auch sagen, was sie weiter wissen müssen als Ergänzung und Vervollständigung meines ersten Werkchens. Solltest du auch so viele Gönner dir erwerben wie dieses, so würde meine Freude groß und zwar deßhalb, weil ich dann die Überzeugung hegen dürfte, zum Wohle meiner Mitmenschen ein neues Schärflein beigetragen zu haben. Für mich selbst will ich Nichts weiter, als daß die durch mich Geheilten und die, welche durch meine beiden Bücher bewogen worden sind, mehr der Gesundheit gemäß zu leben und dadurch ihr Lebensglück und die Zeit ihres Verdienstes auf Erden zu verlängern, meiner zuweilen im Gebete gedenken. Das gebe Gott!

Wörishofen, 15. September 1889.
Der Verfasser.

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