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Blutarmuth.

1.

Martha kommt zu mir und jammert: »Ich habe so viele Kopfschmerzen und solche Hitze im Kopf, daß ich oft meine, der Kopf zerplatze mir, habe aber beständig kalte Füße, und auch meine Hände sind selten warm; wenn ich mich noch so gut ankleide, friere ich doch, bin ohne Kraft und Lebenslust, obgleich erst 24 Jahre alt.«

Martha hat zu viel Blut im Kopf. Ärzte haben schon Blutegel gesetzt, um Blut herauszulassen. Martha aber ist höchst blutarm, und die besten Körpertheile sind viel zu wenig genährt. Das Blut muß aus dem Kopf in die Füße und Hände und in den ganzen Körper geleitet werden, die unthätige Maschine muß in Gang kommen; dann wird der Appetit schon kommen, die Verdauung sich bessern und die Blutarmuth sich heben. Und Dieß geschieht, wie folgt:

1) täglich einmal im Wasser gehen 2 bis 5 Minuten lang,

2) täglich einmal einen Knieguß, noch besser einen Schenkelguß,

3) jede Nacht vom Bett aus ganz waschen, nicht abtrocknen, gleich wieder in's Bett,

4) jeden Morgen und Abend eine Kraftsuppe,

5) vom Frühstück bis Mittag jede Stunde einen Löffel voll Milch; von Mittag bis Abend alle Stunden einen Löffel voll Wasser. So 10 bis 12 Tage lang. Weiterhin

6) den einen Tag einen Oberguß und Knieguß, den andern Tag ein Halbbad ½ Minute lang, den dritten Tag ein Sitzbad. So 14 Tage lang.

Hier ist Überfluß des Blutes im Kopf, und in Händen und Füßen Blutarmuth, was die vorherrschende Kälte beweist; das Blut muß deßhalb nach allen Richtungen hin geleitet werden. Dieses bewirken Ober- und Kniegüsse.

Die Kraftsuppe und Milch bewirken eine bessere Blutbildung, das Wasser weichen Stuhlgang; die Halbbäder im Wechsel mit den Güssen kräftigen den ganzen Körper. – In fünf Wochen war diese Kranke hergestellt.

Zur weiteren Erholung reichen aus in der Woche zwei Ober- und Schenkelgüsse und ein Halbbad, später nur das Halbbad in der Woche ein- bis zweimal.

2.

Ein Mädchen, 19 Jahre alt, hat Drücken auf der Brust und viel Kopfleiden. Hände und Füße sind kalt; Appetit ganz wenig, das Aussehen feurig, Schlaf ganz wenig.

Hier hält sich das Blut mehr auf der Brust und im Kopf auf. Die übrigen Theile des Körpers sind blutarm.

1) Täglich zweimal im Wasser gehen und zweimal die Hände zwei Minuten lang in's Wasser legen, leitet das Blut vom Herzen und Kopf nach außen.

2) In der Nacht eine Ganzwaschung mit Wasser und Essig, bringt mehr Wärme und vertheilt das Blut gleichmäßig. So acht Tage lang. Dann

3) jeden Tag ein Halbbad und jeden zweiten Tag ein Oberguß und Wassergehen bewirkt Kräftigung und erhält das Blut in Ordnung. – Nach vier Wochen war die Heilung erzielt.

3.

Ein Student ward unfähig, weiter zu studiren, und wurde deßhalb aus der Schule entlassen. Früher hatte derselbe ganz gute Fortschritte gemacht und Liebe zum Studium gezeigt. Darum war seine Entlassung um so auffallender und schmerzlicher. Die Ärzte wußten keine Hülfe. Der Junge sah recht krank und abgemagert aus, war zu matt schon zum Gehen, ohne Appetit. Die Haut war so trocken, daß, wenn man mit der Hand fest über den Arm streifte, der Staub davon flog. Mir kam es vor, als ob man diesen Menschen in der freien Luft austrocknen wollte. Auffallend waren die Augen, weil die Augendeckel gefüllt waren wie bei Wassersüchtigen. Auch die Wangen waren im Verhältniß zu andern Gesichtstheilen zu voll.

Dieser Student hat fast kein Blut mehr und nur dünnes; der Herzschlag ist kaum vernehmbar. Die Haut ist so eingetrocknet, weil keine Säfte vorhanden sind und die innere Thätigkeit bereits eingestellt ist.

Dieser Knabe bekommt:

1) Täglich einen Oberguß und Knieguß, und zwar am Morgen und Nachmittag, vier Tage lang.

Später:

2) Jeden Tag ein Halbbad, drei bis vier Sekunden lang.

3) Täglich einen Oberguß. Endlich

4) die meiste Zeit des Tages Barfußgehen.

Der Wein, den die Ärzte streng befohlen, wurde ihm verboten, ebenso das Bier; dafür durfte er Milch in kleineren Portionen nehmen, so viel er wollte, und gute Hausmannskost genießen.

In drei Wochen war der Junge hergestellt; er bekam eine ungewöhnliche Heiterkeit, hüpfte und sprang. Auch die Lust, seine Studien fortzusetzen, lebte wieder in ihm auf. – Zur Nachkur brauchte derselbe nur noch

1) in der Woche drei bis fünf Halbbäder zu nehmen,

2) Abhärtungen zu üben durch Barfußgehen etc. und bei einfacher Kost zu bleiben.

Der Ober- und Knie-Guß trieben die Maschine in Gang, weichten die vertrocknete Haut auf und regten die Transpiration an. Die Hausmannskost brachte gutes Blut, und so ward die junge Maschine wieder hergestellt.

4.

Eine Mutter bringt drei Töchter, Bertha, Aloisia und Martha, alle drei krank. Die älteste Tochter, 14 Jahre alt, sieht blaß aus, fast wie der Tod, und ist so mager, als ob sie fast nichts zu essen bekomme. Wie die Jugendfarbe verschwunden ist, so auch alle Heiterkeit; sie ist ohne Kraft und ohne Appetit. Am liebsten trinkt sie Kaffee, etwas Bier und ein wenig Wein, was ihr besonders vom Arzt verordnet wurde, um Blut zu bekommen. – Sie trägt auf dem Leib Wollkleider, ist überhaupt weichlich angezogen und doch voll Frost. – Die Mutter selbst ist ziemlich groß und stark, auf dem Lande erzogen und hat sich in einer Stadt verheirathet.

Wo fehlt es hier? Die Nahrung reicht zur Entwicklung des Körpers nicht aus. Die hitzigen Getränke erzeugen scharfes Blut. Die Wollkleidung verweichlicht die Natur und macht diese jedem Elend zugänglich. Der Kaffee, welcher als ein Abführmittel zu betrachten ist, geht halbverdaut mit Milch und Brod aus dem Magen; wie kann da ein Kind gedeihen, wenn ihm so schonungslos die Nahrung entzogen wird? Wein gibt gar kein Blut; er ist bloß ein Feuer im Körper.

Bertha soll gebrauchen:

1) Jede Nacht vom Bett aus ganz waschen, dann wieder ins Bett.

2) Jeden Tag drei- bis viermal Barfußgehen, eine halbe Stunde lang. (Es war nämlich Frühlingszeit.)

3) Jeden zweiten Tag ein Halbbad.

So 14 Tage lang, dann

1) In der Woche zweimal in der Nacht waschen mit Wasser und Essig;

2) in der Woche zweimal ein Halbbad;

3) in der Woche zweimal ein Oberguß und Knieguß;

4) täglich Barfußgehen.

Nach weitern 14 Tagen

1) in der Woche zwei bis drei Halbbäder,

2) in der Woche zweimal Oberguß und Schenkelguß.

Die Kost betreffend, mußte die Kranke jeden Morgen und Abend Kraftsuppe essen; vom Frühstück an bis Mittag jede Stunde einen Löffel Milch, von Mittag bis Abend jede Stunde einen Löffel frischen Wassers trinken. Das Mittag- und Abendessen war gewöhnliche Hausmannskost.

Die Kleidung mußte geändert werden; statt des Wollhemdes ein leinenes Hemd; im Übrigen eine einfache Kleidung, Hals und Kopf ziemlich frei.

In sechs Wochen war Bertha wie umgewandelt, bekam eine kräftige Stimme, frisches Aussehen, und die einfache Kost schmeckte ihr vorzüglich.

Die Ganzwaschungen bewirkten Belebung, Kräftigung und Abhärtung des ganzen Körpers. Das Halbbad vermehrte die Kräftigung und machte den Körper widerstandsfähiger gegen Erkältung und Verweichlichung. Das Barfußgehen bewirkte Abhärtung und Ableitung des Blutes vom Kopf in die äußern Theile und wirkte besonders auf ein heiteres Gemüth und vorzüglich auf die Sprachorgane. (Durch Barfußgehen allein schon kann man seine Stimme um Vieles verbessern.) Die Kraftsuppe wollte Anfangs nicht munden, weil die Natur an Derartiges nicht gewöhnt war. Mit der Zeit gewöhnte sich dieselbe jedoch so daran, daß die Kraftsuppe eine Lieblingsspeise wurde. Der Löffel voll Milch nach dem Frühstück ist ganz besonders günstig zur Blutbildung. Recht schwache Leute können nicht viel Milch essen. Dieselbe stockt oder wird sauer im Magen. Ein Löffel voll dagegen wird ertragen und gibt Nahrung. Der Löffel voll Wasser wirkt günstig auf geregelten Stuhlgang, nimmt alle innere Hitze und verdünnt die Säfte zur Verdauung. Alle Stunden nur ein Löffel voll Wasser ist besser als ein Glas voll.

Ähnlich wie Bertha wurden auch die übrigen Schwestern behandelt. Nun aber die Frage: Warum sind die Töchter einer kräftigen und gesunden Mutter so armselig? Die Mutter ist auf dem Lande geboren, genoß nur einfache ländliche Kost ohne starke Gewürze und geistige Getränke; sie wurde gekräftigt durch schwere Landarbeit, trug ländliche Kleidung und genoß frische Luft. Weil sie talentvoll und für's Hauswesen gut herangebildet war, wurde sie, deren große Aussteuer besonders anzog, für ein Stadtgeschäft ausgesucht, dem sie auch gut vorstand. Nun änderte sich aber die ganze Lebensweise: in der Früh und Mittags den besten Kaffee, das beste Bier und theuren Wein – statt Wasser und Milch. Statt einfacher ländlicher Mehlspeisen – einen feinen Tisch. So wurde die Natur, statt erhalten, nur verkümmert durch den Wechsel der Kleidung, der Speisen und Getränke und der Luft, und das mußten die armen Kinder büßen.

5.

Ein Fräulein, 18 Jahre alt, ziemlich groß, gut gewachsen, aber so schwächlich, daß sie nur kurze Strecken gehen kann, klagt über zeitweiliges starkes Kopfweh, Kältegefühl, Mangel an Appetit. Kaffee sage ihr noch am besten zu, weniger Bier und Wein.

Hier ist große Blutarmuth vorherrschend, die Kräfte sind heruntergekommen, große Unthätigkeit ist im ganzen Körper, eine kleine Mühle ohne treibendes Wasser; sonst sind die Organe gesund.

Die Anwendungen sind folgende: 1) Jeden Tag zweimal Oberguß und zweimal Knieguß, so sechs Tage hindurch; dann 2) täglich einen Oberguß und Knieguß und täglich ein Halbbad, natürlich auch täglich Barfußgehen. Diese Anwendungen 10 Tage lang. 3) Dazu diese 10 Tage täglich Rückenguß und Halbbad.

Nach innen: täglich dreimal, jedesmal 2 Löffel voll, Wermuththee; täglich 6-8 Wachholderbeeren; gewöhnliche Hausmannskost essen.

Wirkungen: Die Ober- und Kniegüsse wirken auf Kräftigung des ganzen Körpers. Der Wermuththee bewirkt gute Verdauung. Die Wachholderbeeren kräftigen den Magen. Die Halbbäder heben die Kräfte noch mehr und vermehren auch die Naturwärme.

Nach sechs Wochen schaute die Person ganz blühend aus und war vollkommen gesund. Im Anfang der Kur wurde das Mädchen allerdings vier Tage hindurch außerordentlich geschwächt, doch ließ die Schwäche bald nach. Das Kopfweh kehrte öfters wieder, aber immer schwächer und nicht andauernd; besonders traten öfters Verstopfungen ein. Die Kranke bekam aber hiergegen nichts weiter als jede Stunde einen Löffel voll Wasser.

6.

Ein Mädchen, 19 Jahre alt, erzählt: »Ich habe vor dreiviertel Jahren so stark aus der Nase geblutet, daß man glaubte, ich würde sterben. Das Bluten habe ich seitdem nur von Zeit zu Zeit und immer nur wenig; gewöhnlich habe ich, bevor das Bluten kommt, starkes Kopfweh. Früher war ich ganz gesund, jetzt bin ich armselig und gebrechlich, kraftlos, leicht fröstelnd und appetitlos. Auch kann ich wenig ertragen, bin leicht mißgestimmt und zum Weinen geneigt.«

Durch das Bluten ist Blutarmuth eingetreten; wenn auch das Blut rasch wieder ersetzt wurde, so ist dasselbe doch nur schwach und dünn. Deßhalb fehlt dem Körper die gehörige Wärme, die gehörige Ernährung und somit auch die volle Kraft.

Anwendungen:

1) Täglich zweimal ein Knieguß oder ein Schenkelguß und eine halbe Stunde Barfußgehen.

2) Jeden zweiten Tag einen Oberguß.

3) In der Woche zwei bis drei Halbbäder.

4) Wo möglich vom Frühstück bis Mittag stündlich einen Löffel voll Milch, von Mittag bis Abend 5 Löffel voll Wermuththee. Im Übrigen einfache, nahrhafte Kost.

Dieses Mädchen hat durch den Blutverlust sich eine große Schwäche zugezogen. Blut bildet sich schnell, und in ganz kurzer Zeit ist das verlorene Blut wieder ersetzt; aber das neue Blut ist nur schwach und kann nur nach und nach zu gutem Blut werden, oft gar nicht mehr. Bei jedem Blutverlust geht Blutbildungs stoff verloren, und je öfter Blutverlust eintritt, um so geringer und schwächer wird der Blutbildungsstoff. Deßhalb muß vor Allem auf Kräftigung des Körpers durch recht gute Nahrung gewirkt werden. Der Knieguß leitet das Blut in die Füße, damit diese nicht blutleer werden: deßhalb der Knieguß so oft. Der Oberguß stärkt und kräftigt den Oberkörper und bewirkt Thätigkeit im Athmen etc. Das Halbbad wirkt stärkend und erwärmend auf den ganzen Körper, es macht den welken Körper kräftig. Die Milch in kleinen Portionen ist vorzüglich zur Blutvermehrung. Der Wermuththee dient zur Verbesserung der Magensäfte, damit die Kost leichter verdaut werden kann.

Diese Anwendungen, fünf Wochen fortgesetzt, hatten die besten Folgen. Es war weiter nichts mehr nothwendig, als den Körper zu unterstützen durch drei bis fünf Halbbäder in der Woche.

7.

Ein Bauernsohn, 23 Jahre alt, macht folgende Angaben: »Vor zwei Jahren habe ich eine Magenblutung gehabt, bei der ich nahezu zwei Liter Blut verlor. Seit dieser Zeit bin ich so kraftlos, daß ich fast gar nichts arbeiten kann. Appetit habe ich höchst selten und nur zu solchen Sachen, welche mir keine Kraft geben. Man hat mir schon oft gesagt, ich werde wohl noch die Auszehrung bekommen.«

Hier ist sicher die Blutarmuth das Hauptleiden; alle andern Gebrechen rühren davon her; die Schwäche der Organe und deren geringe Thätigkeit lassen wohl keine Blutbildung zu. Es ist eine Mühle, auf die wieder Wasser gelangen muß.

1) Der Kranke soll jeden Tag einen Oberguß und einen Knieguß nehmen, damit in die obern und untern Theile Leben und Kraft komme.

2) Jede Nacht ein Sitzbad, eine Minute lang. So drei Tage.

3) Täglich Oberguß und Schenkelguß.

4) Jeden zweiten Tag ein Halbbad, eine halbe Minute lang.

5) In der Woche zweimal Ober- und Unteraufschläger, drei Viertel-Stunden lang.

Nach innen: 1) Täglich dreimal, jedesmal zwei Löffel voll, Wermuththee, 8 Tage lang. Dann 2) zehn Wachholderbeeren zerstoßen, mit etwas Zinnkraut, 10 Minuten lang gesotten, in drei Portionen trinken.

Zum Frühstück und am Abend eine gut verkochte Brodsuppe. Sonst eine recht einfache Kost, weder Kaffee noch Bier oder Wein.

In sechs Wochen war der Kranke vollständig genesen. Kräftiges, gutes Aussehen und Appetit und recht heiteres Gemüth stellten sich ein. Wie die Güsse auf Ober- und Unterkörper wirken, so wirkt das Sitzbad stärkend auf den Unterkörper. Der Thee wirkt auf den Magen und kräftigt die innern Körpertheile.

8.

Ein armer Taglöhnerssohn bekam so starkes Nasenbluten, daß man befürchtete, er möchte sich verbluten. Was angewendet wurde, hat zwar das Blut gestillt; aber es blieb eine große Schwäche zurück, und so oft der junge Mensch etwas aufgeregt wurde, zeigten sich Spuren von Nasenbluten.

Hier ist wieder der Beweis, wie sich das Blut unverhältnißmäßig im obern Stock aufhalten kann, und wie dann der ganze Körper herunterkommt, wenn er nicht gehörig genährt wird. Deßhalb ist auch wieder die erste Einwirkung, das Blut abwärts zu leiten und den ganzen Körper zu kräftigen, was geschah durch folgende Anwendungen:

1) der Oberguß, der täglich vorgenommen ward, mußte den ganzen obern Stock kräftigen,

2) der Schenkelguß, wieder alle Tage, das Blut abwärts leiten;

3) jeden zweiten Tag ein Halbbad kräftigte und belebte den ganzen Körper.

4) Täglich mußte der Kranke Absud von Zinnkraut durch die Nase so hinaufziehen, daß wenigstens ein Theil beim Mund herauskam.

Zinnkraut zieht zusammen, stärkt und reinigt; die Kost war einfache Naturkost, und es trat bald großer Appetit ein. Nach vier Wochen hatte der Kranke nur den Wunsch, daß es so bleiben möchte.

9.

Eine Hausmutter, 48 Jahre alt, hatte so heftige Blutflüsse, daß man innerhalb vier Jahren öfters das Ende erwartete. Alles, was sie angewendet, half nichts, die vielen Medizinen so wenig, wie der Gebrauch vieler Bäder. Wenn auch die Blutungen geheilt wurden, so traten sie in Bälde wieder ein. Die Frau suchte zuletzt, was sie am meisten gescheut, beim Wasser Hülfe. Das so sehr geschwächte Weib nahm

1) den ersten Tag einen Unter-, den andern Tag einen Ober-Aufschläger, jeden dreiviertel Stunden lang mit ganz kaltem Wasser.

2) Nach innen täglich viermal, jedesmal drei Löffel voll, Zinnkrautthee. Statt Bier und Wein, was sie vorher viel trinken sollte, um, wie man sagte, Blut und Kraft zu bekommen, genoß sie Milch in ganz kleinen Portionen; sonst einfache Hausmannskost.

Nach 14 Tagen bekam sie den ersten Tag Oberguß und Schenkelguß, den andern ein Halbbad. In sechs Wochen war die Frau gesund.

10.

Ein Priester, 56 Jahre alt, klagt über starken Blutandrang gegen den Kopf; er merke recht gut, wie das Blut aufwärts dringe, einen starken Druck auf das Gehirn übe und zeitweilig Schwindel verursache. Die Geisteskräfte nehmen immer mehr ab, besonders das Gedächtniß, und das ganze Gemüth habe sehr gelitten. Wenn er auch die Füße noch so warm zu halten sich bemühe, so seien sie doch regelmäßig kalt. Der Schlaf sei gut, aber er stärke nicht.

Hier ist sicher der Andrang des Blutes nicht der Beweis, daß Blutreichthum vorhanden, der Puls deutet vielmehr auf Blutarmuth, ebenso die kalten Füße. Bemerkt muß noch werden, daß die Füße auffallend dünn waren im Vergleich zum ganzen Körper. Um einem Schlaganfall vorzubeugen, war es nothwendig, folgende Anwendungen vorzunehmen:

1) Das Wassergehen, täglich drei bis fünf Minuten, leitete das Blut abwärts und vermehrte die Blutwärme.

2) Ein täglicher Oberguß erfrischte, belebte und kräftigte den Oberkörper.

3) Täglich ein Sitzbad leitete wieder das Blut abwärts.

4) Jeden zweiten Tag ein Rückenguß stärkte den ganzen Körper.

Nach innen: Täglich eine Tasse Thee von Schafgarbe, Johanniskraut und Wachholderbeeren bewirkte gute Verdauung und Ausscheidung verdorbener Stoffe.

Nach 14 Tagen begann die zweite Kur:

1) jeden Tag einen Oberguß und Schenkelguß,

2) jeden zweiten Tag ein Halbbad.

Der Erfolg war, daß nach sechs Wochen der ganze Körper umgewandelt war; alle Steifheit war entfernt, ein guter Appetit vorhanden und die Geisteskräfte wieder in Ordnung. Die Angst vor Schlaganfall war beseitigt, und das Berufsleben wurde auf's neue fortgesetzt.

11.

Ein Mädchen, 22 Jahre alt, hat solch starken Blutandrang nach dem Kopf, daß sie oft fast besinnungslos wird. Sie hat fast immer mehr oder weniger heftige Kopfschmerzen, hat beständig kalte Füße und von Zeit zu Zeit solche Leibschmerzen, daß sie gewöhnlich sechs bis acht Tage im Bette liegen muß. Sie hat eine schöne Summe Geld an Ärzte und Apotheker ausgegeben, aber das Leiden blieb.

In diesem Falle ist klar, daß die Blutarmuth groß ist und das Blut zu sehr in den Kopf dringt. Daher die allseitigen Schmerzen, bald da, bald dort. Dieses Übel wird am leichtesten dadurch gehoben, daß die ganze menschliche Maschine aus dieser Schwäche herauskomme und gestärkt werde.

1) Täglich einmal ein Schenkelguß und einmal ein Knieguß.

2) Jeden Tag ein Oberguß.

3) Jede zweite Nacht ein Sitzbad.

4) Jeden Morgen und Abend statt des bisherigen Kaffees eine Kraftsuppe.

5) Täglich dreimal, jedesmal zwei Löffel voll, Wermuththee.

So drei Wochen lang. Dann weiter:

1) Täglich ein Halbbad und Oberguß.

2) Täglich eine Tasse Thee von Johanniskraut, Schafgarbe und Salbei.

Nach sechs Wochen war diese Kranke geheilt, der ganze Körper hatte seine Naturwärme, die großen Schmerzen waren verschwunden, die Kraftsuppe war lieb gewonnen. Die Natur konnte wieder kräftige Kost ertragen. Mit einem Wort: die Kranke war gesund.

Die große Verweichlichung wurde gehoben durch die Begießungen, wodurch auch der ganze Körper gestärkt wurde. Das Blut wurde abgeleitet von oben nach unten; und wie sich Appetit einstellte durch Wermuth, konnte auch bessere Kost ertragen werden. Die Bäder stärkten den Gesammtkörper, und so wurden diese verschiedenen Krankheitszustände entfernt und das trübselige Leben in ein fröhliches umgewandelt.



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