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Scrophulöse Zustände.

1.

Eine Frau, fünfundvierzig Jahre alt, hatte oberhalb des Halsringes in Folge einer Operation eine Wunde, mehr als einen Finger lang, die nicht zuheilte. Eine zweite Wunde hatte sie am rechten Arme oberhalb des Ellbogens. Es wurde auch an dieser Stelle ein Geschwür ausgeschnitten. Eine dritte offene Wunde, die ebenfalls nicht heilen wollte, war am rechten Bein, oberhalb des Knie's. Diese Kranke hatte wenig Appetit und, wie sie sagte, keinen guten Magen. Sie sah recht eingefallen und gelb aus und war ohne alle Lebensfrische. Der Gemüthszustand war sehr gedrückt, weil sie mehrere Ärzte Jahre hindurch gehabt und von keinem Hilfe gefunden hatte; in Folge dessen hatte sie ihre letzte Zuflucht zum Wasser genommen.

Hier war ganz klar, was fehlte. Drüsen wurden ausgeschnitten am Halse, und die übrigen Öffnungen kamen ebenfalls von Drüsenanschwellungen her. Die Frau war durch und durch scrophulös, obschon sie ziemlich groß und gut gebaut war:

Die Anwendungen waren folgende: 1) Jeden Tag einen Oberguß, einen Schenkelguß und eine Ganzwaschung zur Nachtzeit, acht Tage lang. 2) Oberguß, Rückenguß, Schenkelguß, in jeder Woche einen kurzen Wickel, so vierzehn Tage lang. 3) Täglich zwei Obergüsse und zwei Halbbäder. – Nach innen wurden dreierlei Thee angewendet: a) Foenum graecum mit etwas Wermuth, b) Salbei, Johanniskraut und Schafgarbe, c) Huflattich, Spitzwegerich und Tausendgüldenkraut.

In vier Wochen war diese Person vollständig geheilt. Die Wunden eiterten aus und heilten von selber zu. Auf die Wunden selbst kam nichts als etwas Baumwolle. Die Kranke mußte viel Schleim ausspucken, und so gesundete die Natur im Innern.

Die Kost war einfache Hausmannskost.

Wirkungen:

a) Foenum graecum mit Wermuth wirkt auflösend und den Magen stärkend. – b) Salbei verbessert die Säfte und wirkt reinigend; Johanniskraut wirkt günstig auf Verbesserung des Blutes und Blutumlaufes; Schafgarbe wirkt auf gute Säfte und lösend. c) Huflattich wirkt reinigend, aufsaugend; Spitzwegerich ebenso; Tausendgüldenkraut wirkt günstig auf die stete Verdauung und Kräftigung des Magens.

Die Obergüsse stärkten den obern Körper und reinigten die einzelnen Theile von allem ungesunden Stoff. Die Schenkelgüsse bewirkten in der untern Körperhälfte, was die Güsse oben ausrichteten. Die Ganzwaschung zur Nachtzeit bewirkte eine kräftige Ausdünstung und steigerte die Naturwärme. Der kurze Wickel wirkte auflösend und aufsaugend. Der Rückenguß wirkte stärkend auf die Wirbelsäule. Die Halbbäder machten den Schluß zur allgemeinen Kräftigung und neuen Thätigkeit; so wurde die Person geheilt und alle kranken Stoffe nach dem allgemeinen Grundsatze beseitigt: die kranken Stoffe auflösen, ausleiten und die Natur stärken.

2.

Ein Knabe von 9 Jahren wurde hergebracht in folgendem Zustande: Das erbarmungswürdige Kind hatte drei Löcher mit großer Beule im Fuß, zwei Löcher im Ober- und Unterarm, aus denen viel Unrath geflossen war. Der Hals war steif und etwas angelaufen. Das Aussehen war blaß und theilweise glänzend wie Porzellan, Appetit zu mehr ungesunden als kräftigen Speisen. Er konnte nur mit Noth kleine Strecken gehen und war von Kindheit an nie recht gesund; aber je älter, um so armseliger wurde er. Seine Geschwister waren gesund, und die Mutter behauptet, das Leiden habe begonnen nach der Impfung.

Bei diesem Kinde wurde Folgendes angewendet:

1) In der Woche dreimal ein Hemd anziehen, in Wasser getaucht, in welchem Haferstroh gesotten wurde, warm anzulegen, 1½-2 Stunden lang.

2) Jeden Tag eine Ganzwaschung mit kaltem Wasser und etwas Essig daran gemischt, aber erst vier bis fünf Stunden nach der Anwendung unter 1).

3) Die Beulen mit Wunden wurden jeden Tag mit angeschwellten Heublumen umwunden, zwei Stunden lang.

Nährweise. Jeden Morgen bekam der kranke Knabe Malzkaffee mit Milch, in welchem Fenchel gesotten wurde. Jeden Nachmittag mußte er eine altgebackene Semmel essen, jeden Abend eine Kraftsuppe, den einen Tag mit Milch gekocht, den andern Tag mit Fleischbrühe, am Mittag ganz gewöhnliche, recht nahrhafte Hausmannskost. Derselbe durfte kein Bier, keinen Wein, auch nicht Bohnenkaffee trinken. So wurde vier Wochen fortgemacht. Die Öffnungen waren bis auf eine geheilt. So schwer es den Jungen ankam, sich mit dieser Kost zu begnügen, so sah er doch gut genährt aus. Die Naturwärme hatte viel zugenommen. Das Kind wurde auch heiter und kräftiger.

Weitere Anwendungen: Täglich ein Halbbad, eine halbe Minute lang, und während desselben den obern Körper waschen. Jeden Tag wurde auch der Körper mit Wasser und Essig gewaschen. Jeden Morgen bekam er kräftige Brodsuppe. Am Abend Kraftsuppe mit einer einfachen nahrhaften Nebenspeise. Jeden Tag mußte er auch sechs Wachholderbeeren essen. Diese Anwendungen wurden wieder vier Wochen fortgesetzt. Der ganze Zustand hatte sich so wesentlich gebessert, daß der Knabe täglich die Schule besuchen konnte, und wie der Körper sich erholte, so gewannen auch die Geisteskräfte. Alle Geschwüre waren geheilt. Weiter war nichts mehr nothwendig als bei gesunder, einfacher, nahrhafter Kost zu bleiben und jeden Tag oder jeden zweiten Tag ein Halbbad zu nehmen.

Der in der Natur angesammelte Krankheitsstoff bildete sich zu Geschwüren und kam sicher vom schlechten Blute her, das auch nicht anders sein konnte, weil der Knabe nur solche Speisen genoß, die nur wenig und schlechtes Blut hervorbrachten. Der Knabe trank am liebsten Bier, auch Wein, nahm gerne süße Speisen und natürlich Kaffee. Die umgetauschte Nahrung brachte anderes und besseres Blut, mithin auch bessere Ernährung des ganzen Körpers. Die Einwicklungen lösten alle Anstauungen und schieden die krankhaften Stoffe aus, die Waschungen und Halbbäder kräftigten und erwärmten den Körper und brachten ihn in größere Thätigkeit. Dieser Knabe ist ein Bild davon, was verkehrte Ernährungsweise für traurige Folgen hat.



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