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Epilepsie.

1.

Es gibt eine fürchterliche Krankheit, die den Menschen recht unglücklich macht, Fallsucht oder Epilepsie genannt. Hat diese Krankheit einmal sich vollständig ausgebildet, so scheitert jedes Heilmittel. Es kommt aber recht oft vor, besonders unter jungen Leuten, daß ähnliche krankhafte Zustände glauben machen, es sei hier die Fallsucht. In solchen Fällen ist meistens Hülfe möglich, manchmal sogar ziemlich rasch, mitunter aber geht es recht langsam.

Eine Beamtenfamilie bringt einen Knaben, der zwei Jahre hindurch, Anfangs nach längeren Fristen, später in einem Tag oft sechs-, acht- und zehnmal einen Anfall bekam; er fing gewöhnlich mit einem Schrei an, und wie im Flug war er von den Krämpfen erfaßt. Der Anfall dauerte 2 bis 10 und mehr Minuten. Zur Heilung wurde Folgendes gethan:

1) Weil Frühlingszeit war, ging der Knabe meistentheils baarfuß.

2) Wurde er jeden Tag mit Wasser und Essig gewaschen.

3) Nach einigen Tagen ging der Junge täglich drei- bis viermal im Wasser bis über die Waden, 3 bis 5 Minuten lang. Die Waschungen wurden fortgesetzt.

4) Nach 3 Wochen bekam er Halbbäder, machte Fußpartieen, und weil viel Leben eingetreten, so trieb der Junge, wie den jungen Leuten zusteht, eine ordentliche Gymnastik. Die Anfälle wurden immer schwächer und kürzer und hörten zuletzt ganz auf.

Unstreitig sind ökonomische Arbeiten für solche Kinder das Beste, weil dadurch der ganze Körper gekräftigt und abgehärtet wird vor Allem aber sollten solche Leute recht einfache Kost bekommen, wie sie die Landleute haben, und weder Bier noch Wein trinken. Kaffee ließe ich solchen auch nicht geben, dafür die einfache Kost unserer Vorfahren: Brennsuppe oder Brodsuppe, oder die im Buche bezeichnete Kraftsuppe.

2.

Ein Mädchen, 13 Jahre alt, hatte Anfälle ähnlich der Epilepsie, regelmäßig nur in der Nacht. Das Kind wird dann ganz starr, stößt unartikulirte Laute aus, ist ganz bewußtlos; nach 3 bis 5 Minuten verliert sich das Ganze wieder. Es können einige Tage vorübergehen, bis ein Anfall kommt; oft aber kommen zwei bis vier Anfälle in einer Nacht. Seit diesen Anfällen hat das Kind den rechten Humor nicht mehr, sondern eine traurige, düstere Stimmung, und die Kraft ist dem Alter nicht entsprechend. Das Kind bekommt täglich zweimal Kaffee. Es hat wenig Appetit, mag insbesondere keine kräftige Kost, besonders keine Milch, dagegen liebt es Braunbier. Hände und Füße sind meistens kalt. Dieses Kind ist weder recht genährt, noch gesund und bedarf einer gründlichen Kur; diese besteht 1) in guter Nahrung, 2) in Kräftigung des Körpers und 3) in Vermehrung der Naturwärme.

Dazu verhelfen folgende Anwendungen:

1) Täglich fleißig barfußgehen, um den ganzen Körper abzuhärten.

2) Täglich zweimal bei warmer Temperatur im Wasser gehen.

3) Jede Nacht oder in der Frühe beim Aufstehen den ganzen Körper waschen mit Wasser und Essig, damit die Kraft vermehrt und gleiche Wärme und Transspiration erzielt werde.

4) Jeden Tag, wenn die Witterung warm, ein Halbbad; ist die Witterung kühl, jeden zweiten Tag ein Halbbad.

Der Kaffee muß vermieden werden, dafür jeden Morgen und Abend Kraftsuppe. Weder Bier noch Wein darf das Kind genießen; dafür kräftige einfache Hausmannskost. – Recht bald hatte das Kind das Barfußgehen liebgewonnen und fühlte Erleichterung im Kopf. Die Waschungen brachten ihm neues Leben und viel Wärme. Am liebsten nahm es das Halbbad, weil es Stärkung fühlte. Die ungewohnte Kost war bald gewöhnt, es trat großer Hunger ein, und dem Hunger ist gut kochen. In sechs Wochen hatte es sich herausgestellt, daß das Kind eine verkehrte Lebensweise geführt hatte; aber Anwendung des Wassers und geeignete Kost hatten es vollständig hergestellt.

Wenn doch nur die Jugend an eine recht einfache und nahrhafte Kost gewöhnt würde! Ich möchte bei diesem Beispiel jedem Vater und jeder Mutter zurufen: »Nähret doch eure Kinder mit guter Kost und haltet fern Alles, was die Kinder verweichlicht!«

3.

Ein Bauernsohn, 26 Jahre alt, erzählt: »Seit einem Jahr habe ich, wie andere Leute sagen, öfters Anfälle, so daß ich besinnungslos dastehe, zu zittern anfange, ganz bewußtlos bin und dann in ½ bis 1 Minute wieder zurecht komme. Manchmal, aber nicht oft, sinke ich auch auf den Boden. Dann soll es 4 bis 5 Minuten andauern, bis ich wieder ganz recht bin. Ich war schon bei drei Ärzten. Einer hat mir Laxir verordnet, ein anderer Mineralwasser und ein dritter Etwas zum Einnehmen gegeben. Es ist aber doch Alles ganz gleich geblieben. Meine Kraft hat abgenommen, und ich bin von Zeit zu Zeit schwermüthig. Früher hat mich Alles gefreut, jetzt ist mir oft Alles verleidet. Gibt's für mich noch eine Hülfe? Ich trage auch wollene Kleider, die mir der Arzt angerathen; aber anstatt mich warm zu fühlen, fühle ich mich immer kalt.«

Hier hat wieder die Verweichlichung ihr Unwesen getrieben, und der Körper ist nicht genährt, wie er es sein sollte. Deßhalb ist auch die gehörige Kraft nicht vorhanden, und da läßt sich nimmer gut leben. Somit ist eine gründliche Kur nöthig.

1) Täglich öfter, weil Sommerszeit, barfußgehen im Freien, je länger desto besser.

2) Täglich einen Oberguß und Schenkelguß.

3) Täglich ein Halbbad.

4) Morgens und Abends Kraftsuppe und recht kräftige Kost; geistige Getränke sind zu meiden.

Arbeit entsprechend der Naturkraft. In sechs Wochen erklärte der Geheilte: »Jetzt lebe ich wieder und freue mich meines Daseins. Mein Beruf ist mir nicht mehr lästig, nachdem ich meinem Elend entkommen bin.« Wie verkehrt bleibt doch der Mensch! Wenn doch eine solche Sprache die Jugend rechtzeitig hören und auffassen würde!



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