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Nachtrag.

1. Vom Rauchen.

Zum Schlusse möchte ich noch einige Bemerkungen über Rauchen und Schnupfen machen. Ich bin schon oft gefragt worden, was ich vom Rauchen halte. Meine Meinung hierüber ist diese: Junge Leute, die mit 15 bis 17 Jahren zu rauchen anfangen, setzen sich im Allgemeinen der Gefahr aus, sich sehr zu schaden. Erstens wirkt bei einer jungen Natur das Tabakgift (Nicotin) viel stärker und nachtheiliger ein als in späteren Jahren. Zweitens wird das Rauchen, wenn es früh begonnen wird, leicht zur Leidenschaft. Nicht selten wird auch die vollkommene Entwicklung dadurch behindert, und Krankheit und Siechthum können leicht bei jungen Leuten entstehen. Es gehört nicht viel dazu, daß Lungenleiden, Halsgebrechen, Aufgeregtheit in den Nerven, Herzklopfen und dergleichen entstehen. Solche und ähnliche Übel sind zwar leicht herangelockt, doch nicht mühelos wieder zu entfernen. Ist das im Allgemeinen so, dann ist es noch mehr der Fall, wenn schlechte Stoffe geraucht werden.

Ich traf einst drei junge Burschen von 15 bis 16 Jahren, welche blaß aussahen wie der Tod. Ich fragte sie, was ihnen fehle. Erst auf dringendes Fragen bekam ich zur Antwort: »Wir lernen das Rauchen und haben soeben eine Cigarre geraucht.« Ich forderte sie dann auf, sie sollten einander ruhig in's Gesicht schauen und an sich die Frage stellen: Kann das Rauchen gesund sein, wenn man so schlecht davon aussieht und sich darnach so unbehaglich fühlt? Das Traurigste aber ist, daß man sich das Rauchen leicht dermaßen angewöhnt, daß man nicht mehr ohne dasselbe sein kann und zum Sklaven des Tabaks wird. Ziemt sich das für einen Menschen, bei dem doch die Vernunft die Herrschaft führen sollte?

Vielleicht fragst du, ob ich nicht selbst rauche. Ich will darauf ganz der Wahrheit gemäß antworten. Bis zum 45. Jahre habe ich nicht geraucht. Da ich aber die Bienenzucht gründlich erlernen wollte und der Cigarrenrauch ein vorzügliches Mittel ist, mit den Bienen fertig zu werden, so habe ich das Rauchen angefangen. Es hat mich große Überwindung gekostet, mich daran zu gewöhnen. Ich rauche auch jetzt noch eine oder zwei Cigarren, wenn ich in Gesellschaft bin. Rauche ich aber gar nicht, so entbehre ich deßhalb nichts. Mein Urtheil über das Rauchen geht überhaupt dahin: Wer gar nicht raucht, thut am besten, weil er seiner Natur keine nachtheiligen Stoffe zuführt und zugleich nicht wenig Geld erspart, das er sonst recht gut verwerthen kann. Wenn aber ein gesunder Mann in einer freien Stunde, besonders bei einer Unterhaltung, eine Cigarre oder Pfeife raucht, so wird es ihm nicht schaden. Aber man möge ja nicht zu viel und besonders nicht während der Arbeit rauchen. Denn erstens wird man viel bei der Arbeit dadurch gestört, und zweitens kommt es zu theuer. – Ich fuhr einst auf der Eisenbahn, und im Laufe des Gespräches sagte Jemand, er habe schon für mehr als 3000 Gulden Cigarren geraucht. Alle lachten darüber und glaubten, er wolle uns einen Bären aufbinden. Der Reisende aber gab die Zahl der Cigarren an, die er in einem Tage rauche, und die Jahre, während welcher er geraucht habe. Nun wurde zusammengerechnet, und es ergab sich, daß er reichlich 4000 Gulden verraucht hatte. – Wie viel kosten die Cigarren, die in einem Jahre in einem Lande geraucht werden! Trotz der großen Summe, die man dafür ausgibt, hat die menschliche Natur nicht den mindesten Nutzen davon gehabt.


2. Vom Schnupfen.

Über das Schnupfen bemerke ich Folgendes. Daß der Schöpfer dem Menschen deßhalb eine Nase anerschaffen hat, damit er schnupfen könne oder solle, glaube ich nicht und bin daher weit davon entfernt, dasselbe für nothwendig zu halten. Ich will jedoch das Schnupfen nicht durchaus verwerfen. Wird es aber so stark betrieben, daß man nicht mehr arbeiten kann oder sich nicht mehr behaglich fühlt, wenn man nicht schnupft, so ist dieses doch nicht mehr in der Ordnung. Überdieß findet man bei einem starken Schnupfer sehr oft keine besondere Sorge für Reinlichkeit. Der Schnupftabak gelangt auch bei einem solchen Schnupfer leicht in den Hals, selbst bis in den Magen, und Gutes wird er nirgends stiften, aber sicher kann er viel Unheil anrichten. Zudem kostet der Schnupftabak auch nicht wenig Geld. Daher ist mein Urtheil dieses: Man soll nichts zur Leidenschaft werden lassen, also auch das Schnupfen nicht. Von Zeit zu Zeit eine Prise nehmen erzeugt ein kleines Gewitter und leitet aus dem Kopfe durch die Nase Manches aus. Wer sich aber ganz an das Schnupfen gewöhnt hat, darf vorsichtig sein, wenn er sich dasselbe abgewöhnen will, daß er dieß nicht auf einmal thut; denn durch das oftmalige Schnupfen ist die Natur daran gewöhnt, daß die Flüssigkeit aus dem Kopfe nur mehr durch Anwendung des Schnupftabaks ausgeleitet werden kann.


3. Wasseranwendungen im Alter.

Zum Schluß will ich noch die Frage beantworten, ob auch das Greisenalter Wasseranwendungen machen könne. Wenn ein Haus lange steht und viel ausgenützt worden ist, wird es nach und nach theilweise oder im Ganzen baufällig. Deßhalb wird aber das Haus nicht gleich eingerissen, sondern die Schäden werden ausgebessert, und so kann es noch eine geraume Zeit stehen und bewohnt werden. In ähnlicher Weise wird auch der Mensch hinfällig und schwach, wenn das Alter herankommt. Diesem Übelstande muß man vorzubeugen und den Verfall der Kräfte möglichst zu verhindern suchen. Hierzu dient ganz besonders wiederum das Wasser. Vom Gebrauch desselben ist kein Alter ausgeschlossen. Wie schon das kleine Kind dasselbe mit Nutzen gebraucht, so kann es der Mensch auch im Alter noch mit Vortheil anwenden. Wäscht dieser ja auch seine Hände und sein Gesicht noch und wird dadurch aufgefrischt und gekräftigt, warum sollte eine ähnliche Wohlthat nicht auch dem übrigen Körper durch das Wasser zu Theil werden können?

Ich kenne einen Herrn von 90 Jahren, der ganz gesund an Geist und Körper ist. Derselbe wäscht jeden Tag den ganzen Körper mit kaltem Wasser. – Es können also auch im hohen Alter noch Abhärtungen vorgenommen werden. Ganzwaschungen und selbst Halbbäder von fünf bis sechs Sekunden werden auch dem Hochbetagten noch gut bekommen. Nicht bloß äußerlich, auch innerlich kann das Wasser recht viel nützen. Ich mache aber hier ganz besonders darauf aufmerksam, daß man nicht viel auf einmal nehmen soll. Es kann nicht genug empfohlen werden, vier- bis fünfmal täglich nur einen einzigen Löffel voll Wasser zu nehmen, oder, wenn man etwas unwohl ist, stündlich einen Löffel voll.

Man soll aber der Schwäche des Alters nicht bloß durch Anwendung einer gelinden Wasserkur zu Hülfe kommen, sondern auch durch eine recht einfache Kost, die nicht viel Reiz übt, aber recht viele Nährstoffe enthält. – Ich habe eine große Anzahl hochbetagter Leute ausgefragt, wie sie gelebt haben, und gewöhnlich hieß es: Ich habe nie viel auf Bier und Wein gehalten, lebte recht mäßig und genoß recht einfache Kost. Viele derselben hatten zum großen Theil von gekochter Brodsuppe gelebt. Diese ist sehr nahrhaft, kann genossen werden ohne Zähne, und die Natur, welche während des früheren Lebens an diese Kost gewöhnt ist, kann sie auch am leichtesten ertragen. Ich will noch bemerken, daß man auch in späteren Jahren die Natur noch an Manches gewöhnen kann, was ihr früher fremd gewesen ist. Nur muß man vorsichtig verfahren und die Angewöhnung nicht zu rasch vornehmen. Wer z. B. keinen Teller voll von irgend einer Suppe zu verdauen im Stande ist, kann oft ein bis zwei Löffel voll leicht ertragen und bekommt auf diese Weise Nährstoffe genug für eine Zeit lang; nach Verlauf derselben nehme er von Neuem eine solche Portion. – Was dem Alter gewöhnlich abgeht und viele Gebrechen nach sich zieht, ist der Mangel an gehöriger Naturwärme. Diese aber wird am leichtesten und sichersten vermehrt und erhalten durch Anwendungen mit Wasser.

Darum möge jeder Mensch von der Wiege bis zum Sarge das Wasser in Ehren halten, dem Schöpfer für diese Gabe dankbar sein und sie vernünftig gebrauchen. Dann wird sich der Mensch unter einem besonderen Schutze des Allerhöchsten zur vollsten Kraft und Stärke entwickeln und seine Gesundheit erhalten können. Dann wird er vielen Krankheiten und Miseren entgehen, und viel Elend und Jammer wird aus der ohnehin schon mühevollen Welt verbannt werden. Dann wird die Last des Lebens erleichtert, und selbst die Gebrechen des Alters werden erträglicher gemacht.


4. Der Essig.

Der Essig ist sicher eines der ältesten Hausmittel, durch welches unsere Vorfahren in Hunderten von Fällen sich zu helfen wußten. Ich kann mich selbst noch erinnern aus meiner Jugendzeit, wie oft Essigwaschungen und Essigüberschläge angewandt wurden. Der Essig hatte aber nicht bloß als Hausmittel eine hohe Bedeutung, sondern wurde und wird heute noch verwendet zur Zubereitung der Nahrungsmittel; und es ist gut, wenn man weiß, welchen Werth er in jeder Beziehung hat.

Der Essig wurde früher gewöhnlich aus Wein bereitet, indem die Weinsäure in Essigsäure umgewandelt wurde. Dieser Essig wurde für den besten gehalten und war natürlich auch theurer. – Ein anderer Essig, den gewöhnlich das Landvolk gebrauchte, wurde meistens aus Weißbier bereitet. Die Maß solchen Essigs kostete gewöhnlich 3-4 Kreuzer, und es war nicht leicht ein Haus zu finden, wo man nicht solchen Essig verwendete zu verschiedenen Speisen.

Heutzutage wird aus allen möglichen Sachen Essig hergestellt. Es geht mit dem Essig, wie mit vielen andern Artikeln; Fälschungen bleiben nicht aus. Wie verschiedene Pflanzen, so werden auch verschiedene Mineralien zur Essigfabrikation gebraucht. Ich habe vor zwei Jahren ein Rezept gelesen zu einem recht wohlfeilen und schwachen Essig. Unter Anderm waren 25 Pfund Vitriol verzeichnet. Um Gottes willen, dachte ich, welch schwachen Essig wird Dieses geben, und was wird das Vitriol für eine Wirkung im Körper haben, und wie wird es dem Magen ergehen, der mit den Speisen öfters solchen Essig aufnehmen muß!

Wie Vitriol, so wird auch oftmals zur Essigbereitung Schwefel- und Salzsäure verwendet. Auch verschiedene Holzgattungen werden dazu gebraucht. Der Kukuk weiß, was heutzutage Alles zur Essigbereitung verwendet wird, und es ist kein Zweifel, daß viele tausend Menschen gerade durch den Essig nicht bloß Nachtheile an ihrer Gesundheit erleiden, sondern die Gesundheit selbst verlieren, und daß ihnen das Leben durch den Essig abgekürzt wird. Darum sei man doch recht vorsichtig beim Ankauf von Essig. Man wird gar häufig gefälschten Essig einkaufen und hat dann für sein Geld nur etwas seiner Gesundheit Schädliches gekauft.

Der beste Essig wäre wohl der, welchen die Hausfrau selbst bereitet, und zwar von Obst oder von sogenanntem Weißbier aus Gersten- oder Waizenmalz.

Ich will ein Rezept zur Bereitung eines gesunden Essigs beifügen.

Man nimmt das geringere Obst vom Baume, wenn es auch nicht ganz reif ist, zerschneidet dieses oder zerstampft es im Mörser, bringt das Ganze in einen irdenen Hafen oder in ein Glas, gießt ein wenig Essig daran, füllt es mit Wasser auf, überbindet die Oeffnung mit einem festen Papier und sticht mit einer Stricknadel mehrere kleine Löcher hinein, daß etwas Luft eindringen kann. Darauf stellt man das Gefäß an die Sonne oder sonst einen warmen Ort. Nach 2-4 Tagen rührt man den Inhalt durcheinander. Ob er früher oder später brauchbar wird, kommt auf die Wärme an. Es darf aber das Gefäß nicht heiß werden. Ist das Aufgegossene ganz hell, so ist die Gährung vollendet und der Essig brauchbar. Dieser wird dann abgegossen, und es kann nochmals Wasser aufgegossen werden. Die Aepfel, welche gekocht werden, werden meistens geschält. Gerade die Schalen haben die meiste Schärfe und bewirken, in der angegebenen Weise behandelt, den besten Essig.

Will man aus weißem Bier, wie es für die Arbeiter bereitet wird, Essig machen, so thut man dieses ebenfalls in ein Gefäß, verschließt es oben und stellt es warm. Auch mit diesem Essig kann noch Obst vermischt werden. Solcher Essig ist nicht theuer und sehr gesund.

Der Essig, bemerkte ich oben, war stets ein gutes Hausmittel und ist es auch jetzt noch für den Kenner. Der Essig übt einen großen Reiz. Ein Beweis dafür ist, daß, wenn es Jemand übel wird und man ihm das Gesicht oder die Lippen damit wäscht, er schnell wieder zu sich kommt. Auch auf die Haut übt er einen großen Reiz, wenn man den ganzen Körper oder einen Theil des Körpers wäscht mit einem Theil Essig und zwei oder drei Theilen Wasser. Der Essig übt dann einen wohlthuenden Reiz aus, befördert die Hautthätigkeit und vermehrt die Körperwärme.

Der Essig wirkt auch zusammenziehend, und deßhalb wird er verwendet bei Geschwülsten, die durch Stoß, Schlag und Zerquetschung entstanden sind. Er hindert die Fäulniß, deßhalb wird oft Fleisch in Essig gebeizt. Damit neue und ältere Verwundungen nicht rasch in Fäulniß übergehen sollten, wurden sie häufig in früheren Zeiten mit Essig ausgewaschen. Die Heilung ging dann um so rascher vor sich. Das Waschen mit Essig löst ferner das Blut auf, welches sich durch Schlag, Quetschung etc. gesammelt hat. Zusammengestautes Blut wird also durch Essig aufgelöst und ausgeleitet. – Essig bewirkt sogar, daß die Gebeine weicher und mürber werden. Die größten Quetschungen wurden schon oft durch Ueberschläge von Essig geheilt. Wenn bei einem Beinbruch Geschwulst und Blutunterlaufung stattgefunden hat, leistet der Essig die besten Dienste. Die Geschwulst löst sich, und das angestaute Blut wird abgeleitet. Aus dem Gesagten erhellt hinreichend, daß sehr viele Gebrechen des menschlichen Körpers durch Essig gehoben werden können.

Wie der Wein und Branntwein nicht zu den Nährmitteln gehören, so enthält auch der Essig keine Nährstoffe; er übt bloß einen Reiz im Innern oder wirkt zersetzend. Die Speisen, an welche man Essig gethan hat, sind reizender, als sie es ohne Essig wären. Er wirkt aber auch zerstörend. Kommt der Essig mit den Speisen in den Magen und empfängt das Blut seine Nahrung aus den Speisen, so kann die Natur den Essig nicht fernhalten, sondern er gelangt mit in das Blut wie der Schnaps. Ist nun der Essig im Stand, bei Quetschungen das Blut aufzulösen, so muß man auch annehmen, daß er wenigstens im Kleinen Störungen bewirkt, wenn er in's Blut gelangt. – Wenn dieß beim Essig im Allgemeinen anzunehmen ist, welche Zerstörungen kann dann erst ein verfälschter Essig hervorbringen, besonders wenn scharfe Mineralsäuren zu dessen Bereitung verwendet wurden. So kann Mancher mit dem säuerlich angenehmen Geschmack ein böses Uebel in sich aufnehmen und sich selbst ein Zerstörungsmittel wählen. – In den Säften wirkt Essig zusammenziehend, mithin kann auch im Innern ein Nachtheil für die Natur dadurch entstehen, daß die Transspiration geschwächt wird. – Nach innen hat also der Essig nur Bedeutung für den Geschmack. Ich will nicht sagen, daß man nichts Saures essen darf; aber es gibt Leute, denen weder eine Speise sauer genug noch genug Essig am Salat ist. Daß solche Leute sich sehr schaden, daran ist kein Zweifel, besonders wenn der Essig gefälscht ist. Wem also seine Gesundheit lieb ist, der esse nie stark gesäuerte Sachen und sei recht vorsichtig in der Auswahl des Essigs. Wie man übermäßig an das Salz sich gewöhnen kann und dann nie genug von demselben an den Speisen hat, so ist es auch mit dem Essig.

Leute, die recht viel Neigung zum Salz haben und dasselbe gern essen, bekommen Anlage zur Schwindsucht; gerade so geht es Denen, welche große Vorliebe für Essig haben. Es ist daher zu bedauern, wenn Manche solche Neigung zum Essig haben, daß sie ein Stück Brod in Essig tauchen und dasselbe lieber essen als ein Stück Fleisch.

Somit verwerfe ich es nicht, an die Kost ein wenig Säure zu bringen, eine kräftige Natur wird hiervon nichts zu fürchten haben. Ich warne aber vor stark gesäuerten Speisen und besonders vor dem Essigtrinken. Ich habe selbst Leute kennen gelernt, die Solches thaten, aber alle sind nicht alt geworden. Recht sauer essen ist ja doch nur Angewöhnung, und der Magen verlangt das gewiß nicht. Dieser würde sich sträuben, wenn er könnte, gegen den ihm aufgebürdeten Essig.


5. Toppen-Käse.

Was der Mensch oft so wenig beachtet, weil's nicht theuer ist und er daran gewöhnt ist, das ist doch oft von großem Werth.

In jedem Haushalte, wo man Ökonomie treibt, ist Toppen-Käse leicht zu bereiten, der von einem großen Werth ist nicht bloß als Nährmittel, sondern auch als Heilmittel. Hat Jemand entzündete Augen, sei es infolge von Erkältung oder Verletzung durch Schlag oder Stoß, so lege man ungefähr einen Löffel voll fein gerührten Toppen-Käse auf das Auge und darüber eine Binde; auf diese Weise wird in wirksamer Weise die Hitze ausgeleitet, und die vorgekommenen Störungen werden gehoben werden.

Bekommt Jemand eine Entzündung, sei es Lungen-, Brust- oder Bauchfell-Entzündung, und mag die Hitze noch so groß sein, der Schmerz mit der Entzündung fortwährend zunehmen, so wird doch ein aufgelegtes Pflaster von fein gerührtem Toppen-Käse ganz auffallend alles Stechen und Brennen heben, und recht bald wird die Entzündung gefahrlos sein. Ich kenne kein Mittel, das bei Entzündungen eine solche auffallende Wirkung hervorbringt, wie dieses. – Wie der Toppen-Käs bei Entzündungen die Hitze nimmt, so ist er auch heilsam bei offenen Geschwüren, wo er nicht bloß die Hitze entfernt, sondern auch die kranken Stoffe auszieht. Ich habe schon mehrere Lupus-Fälle kurirt, und kaum hat mir ein Mittel bessere Dienste geleistet, als das wiederholte Auflegen dieses Toppen-Käses, der auch in einigen Gegenden Zieger genannt wird. Bei Geschwulsten, die zu Geschwüren werden wollen, zieht er nicht bloß die Hitze beim Beginne ganz aus, sondern auch die kranken Stoffe, welche die Entzündung verursachten, falls er wiederholt aufgelegt wird, was nothwendig ist, wenn er ganz trocken und steif geworden ist. Geschwülste, die dem Anscheine nach nicht mehr erweicht werden können, löst dieser Toppen-Käse nach und nach recht gut auf. Es ist also der Toppen-Käse zur Ausleitung der Hitze und zum Heilen bösartiger Geschwüre ein vorzügliches Hausmittel, das nicht genug empfohlen werden kann. Ganz besonders wirkt er bei recht giftigen, krebsähnlichen Geschwüren, wo weder Salbe, noch sonst etwas wirken will. Soll der Toppen-Käs als Hausmittel angewendet werden, so muß er gut abgerührt und mit Toppen-Wasser verdünnt werden, bis er zur feinsten Salbe geworden ist; je feiner er abgerührt wird, um so besser ist es.

Wie viel Gutes kann eine Hausfrau mit diesem einzigen Hausmittel erreichen! Hat Jemand zu große Hitze im Kopfe, röthet sich die Stirne vor Hitze, so werden eine oder zwei Auflagen das Übel beseitigen. Ich möchte also den Hausmüttern dieses einfache Hausmittel aufs Wärmste empfehlen.

Es ist der Toppen-Käse aber nicht bloß ein Hausmittel, welches äußerlich angewendet werden kann, sondern auch ein vorzügliches Heilmittel im Innern der Natur. Wenn der Toppen-Käse Hitze aus den äußeren Körpertheilen entfernt, warum sollte er nicht auch die Hitze im Magen fortnehmen, wenn dieser entzündet ist? Man nehme täglich vier- bis sechsmal einen Löffel voll Toppen-Käse ein; die Wirkung bleibt gewiß nicht aus. Wenn ferner der Toppen-Käse äußere Geschwüre heilt und giftige Stoffe aus der Natur leitet, warum soll er nicht auch Magen-Geschwüre heilen können, wenn von Zeit zu Zeit ein Löffel voll genommen wird? Und wenn bei Krebs oder krebsartigen Geschwüren äußerlich oft recht Vieles erreicht wird, warum soll er nicht eine ähnliche Wirkung hervorbringen, wenn Magenkrebs sich bilden will? Aber nicht bloß bei Magen-Krankheiten, sondern auch bei Entzündungen anderer Theile des inneren Körpers wirkt er stets kühlend, lösend und heilend und kann somit auch als inneres Mittel recht gut angewendet werden.

Einen ganz besonders großen Werth hat der Toppen-Käse als Nahrung; er gehört zu den besten Nahrungsmitteln, wird leicht verdaut, kann recht gut ertragen werden und übertrifft in mancher Beziehung die beste Milch. Den Kindern ist er ein vortreffliches Nahrungsmittel, das vielen anderen vorzuziehen ist und von ihnen gern gegessen wird. Wie die Kinder reicherer Eltern von diesen ein Stück Brod und Butter darauf gestrichen bekamen, so erhielten einst die ärmeren Kinder ein Stück schwarzes Brod, auf welches Toppen-Käse gestrichen war, und das schmeckte ihnen nicht bloß recht gut, sondern sie gediehen auch sehr gut dabei wegen der vielen Nährstoffe und der leichten Verdaulichkeit dieser Speise. Es ist ganz sicher, daß die ärmeren Kinder viel besser daran gewesen sind als die reichen, weil die Butter gar keinen Stickstoff hat, der Toppen-Käse aber stickstoffreich ist. So ein mit Toppen-Käse bestrichenes Stück Brod schmeckt auch denen recht gut, die schwere Arbeiten haben; ganz besonders ist es denen zu empfehlen, die im Alter weit vorangeschritten sind, wegen Nahrhaftigkeit, leichter Verdaulichkeit, und auch weil das Kauen leicht ist. Es kann also dieser für Jung und Alt nicht genug empfohlen werden, und es ist nur zu bedauern, daß dieses Nahrungsmittel besonders für die heranwachsende Jugend nicht mehr so vielfältig im Gebrauche ist. Besonders sollten es blutarme Menschen oft genießen. Um den Toppen-Käs recht schmackhaft zu machen, wird er kräftig gerührt, etwas gute Milch daran gegossen, ein klein wenig Salz, aber ja nicht viel, hinein gethan und etwas Kümmel- oder Fenchelsamen daran gerührt.

Daß dieser Toppen-Käse zu recht vielen Mehlspeisen paßt, und gerade die Mehlspeisen dadurch viel kräftiger und schmackhafter werden, ist jeder gewandten Hausfrau wohl bekannt, die nicht in einem vornehmen Pensionat ausgebildet worden ist.

Das möge über die Bedeutung des Toppen-Käses genügen.

Die Bereitung des Toppenkäses geschieht auf folgende Weise. Man läßt süße Milch, je nach der Jahreszeit, ein bis zwei Tage lang stehen. Dieselbe wird dann dick, und der Rahm liegt oben auf. Dieser Rahm wird dann fortgenommen, und die Milch in ein irdenes Geschirr oder in ein Blechgeschirr gethan und auf den warmen Herd gesetzt bis sie ganz zusammengeronnen ist, und das sogenannte Toppenwasser sich ausgeschieden hat. Die dicke feste Masse wird nun herausgenommen und in ein irdenes Sieb gethan, damit das Toppenwasser vollständig abläuft. Dann bleibt der fertige Toppenkäse im Siebe zurück. Will man denselben als Speise genießen, so empfiehlt es sich, ihn mit Milch oder Rahm zu mischen.


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