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Verkehrte Ernährungsart (Folgen derselben).

1.

Eine Mutter bringt ihren achtjährigen Sohn. Der arme Knabe sieht traurig d'rein, ohne Muth, ohne Leben, ohne Freude, ohne Gedeihen. Auf die Frage, wie dieser Knabe genährt werde, lautete die Antwort: »In der Frühe bekommt er Kaffee, am Abend ebenfalls, am Mittag ganz wenig Fleisch, etwas Gemüse und ein Gläschen Bier. Er mag weder Suppe noch Milch oder sonst eine Hausmannskost. Er wächst nicht recht, hat oft ganz rothe, entzündete Augen und klagt auch häufig über Kopfweh.« Dieser Knabe ist zu wenig genährt. Was derselbe genießt in der Frühe und am Abend, geht mehr oder weniger nicht ausgenützt ab, und die arme Natur hat bloß den Reiz des Kaffees. Das Glas Bier zur Mittagszeit enthält fast keinen Stickstoff, thut dem armen Kinde wohl, aber nährt nicht hinlänglich. Wie wird eine so schwache Natur, bei so armen Säften, das Fleisch verdauen können!

Der Knabe mußte Folgendes gebrauchen: Von Morgen bis Mittag jede Stunde einen Löffel voll Milch; zum Frühstück etwas Brodsuppe, wenn auch nur fünf bis sechs Löffel voll. Zum Mittagessen eine nahrhafte Hausmannskost, nicht hitzig, und wenn auch Fleisch, so doch wenigstens ein recht nahrhaftes Gemüse, als Erbsenbrei, Bohnen u. s. w., dazu. Ferner von Mittag bis Abend jede zweite Stunde einen Löffel voll Wasser und noch besser halb Wasser und halb Milch zusammengemischt trinken. Zum Abendessen eine Kraftsuppe.

Anwendungen: Täglich einmal den ganzen Körper mit Wasser, mit etwas Essig vermischt, waschen. Jeden dritten Tag soll das Kind ein Hemd anziehen, in warmes Wasser und etwas Essig eingetaucht, und dann, in eine Decke gut eingewickelt, in's Bett gelegt werden. Nach drei Wochen hatte sich der Junge an die Kost gewöhnt, die Farbe war geändert, und der Knabe wurde heiter und munter. Was unterstützte die Anwendungen? Die Milch brachte viele Nährstoffe, einen Löffel voll konnte der Junge ertragen. Die Morgensuppe und Abendsuppe brachten ihm auch gute Nahrung. Auch die Mittagskost diente zur Kräftigung und gab reichliche Nahrung. Der Löffel voll Wasser und Milch wirkte kühlend und nährend und vermehrte die Magensäfte.

Wirkung der Anwendungen: Das Waschen bewirkte Kräftigung, brachte Leben und Thätigkeit. Das Hemd leitete die krankhaften Stoffe aus dem Körper, öffnete die Poren und unterstützte und bewirkte gleichmäßige Transspiration. Nach drei Wochen ertrug der Junge jeden Morgen und jeden Abend eine Kraftsuppe, die er auch bekam; während des Tages schmeckte ihm recht gut ein kräftiges Hausbrod. Die Mittagskost durfte einfache Hausmannskost sein. Den einen Tag mußte er ganz gewaschen werden, den andern Tag bekam er ein Halbbad, eine halbe Minute lang. Sechs Wochen in dieser Lebensweise machten den Knaben wie umgewandelt. Geist und Körper waren so, wie es bei einem Knaben von acht Jahren sein soll.

2.

Eine Mutter, 36 Jahre alt, erzählt Folgendes: »Ich bin recht kraftlos, habe ganz wenig Schlaf; am Morgen bin ich müder als am Abend. Ich habe häufig Unterleibsleiden, Drücken auf den Magen. Kaffee kann ich gar nicht nehmen, kräftige Kost auch nicht. Nur das Bier schmeckt mir. Ein Glas Bier macht mich munter und nimmt mir meine Übelkeiten. Wenigstens viermal muß ich einen Schoppen Bier trinken, sonst würde das Gehen aufhören. An's Bier wurde ich von Jugend auf gewöhnt, hatte aber gar nie einen ordentlichen Appetit zum Essen wie andere Leute. Ich lebte somit meistentheils vom Bier, habe es jedoch nie unmäßig getrunken.«

Hier wurde der Körper mit stickstoffarmen Nährstoffen ernährt. Deßhalb kam auch der Körper nie zu seiner vollen Kraft. Und wie einzelne Theile des Körpers mehr verkümmert waren, so fehlte auch dem allgemeinen Organismus Kraft und Wohlbefinden. Die Aufgabe ist also, die Nahrung zu wechseln, und zwar recht vernünftig. Man beginne mit kleinen Portionen und wähle besonders recht wenig fette Nährstoffe. Deßhalb zum Frühstück eine kleine Portion Kraftsuppe und zwar mit Milch gekocht. Am Abend Kraftsuppe in Fleischbrühe oder Wasser gekocht, Mittags etwas Fleisch und Gemüse von Hülsenfrüchten. Während des Tages, wenn Appetit vorhanden, eine recht kleine Portion Milch und Brod oder bloß Wasser und Brod.

Wasseranwendungen: In der Woche dreimal ganz waschen und zwei- bis dreimal ein Halbbad. Um die Verdauung zu stärken, ist noch gut, täglich zwei- oder dreimal, jedesmal zwei bis drei Löffel voll, Thee von Wermuth und Salbei zu nehmen. Diese Nährmittel bringen insgesammt gute und reichliche Nährstoffe. Das Halbbad wirkt stärkend, die Waschungen bewirken gleiche Transspiration und sind stärkend. Der Thee dient zur guten Verdauung und Besserung der Säfte. Innerhalb sechs Wochen war die Kranke vollständig gesund, und wenn es auch noch an ausdauernder Kraft fehlte, so war diese recht leicht zu erreichen durch vernünftige Lebensweise.



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