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Was war das Ende?

Lange rieth alle Welt hin und her, um das Geheimniß zu lüften, welches Leons Verschwinden umhüllte. Jedermann gab eine andere Erklärung.

Oktavian Nornenstein erzählte in vertrauten Kreisen, sein Alienor habe mit Leon ein amerikanisches Duell gehabt. Alienor selber wußte diese Erzählung zwar in überaus gewandter Weise in Abrede zu stellen, nichtsdestoweniger aber stand es fest, daß nur er das Verschwinden Zarkany's verursacht habe. Er hatte sich entweder getödtet, oder war aus der Welt geflohen, so daß ihn Niemand wieder aufzufinden vermochte.

Alienor seinerseits faßte die Sache gerade in entgegengesetzter Weise auf. Er hegte den Verdacht, Leon habe gerade ihm einen Streich gespielt, und habe Raphaela und seine Obergespanswürde eigens deshalb im Stich gelassen, um nach Paris zu Pompeja zu entfliehen. Er war nunmehr der Ueberzeugung, die erfreulichen Briefe Pompeja's seien das Ergebniß einer zwischen Beiden abgekarteten Intrigue. Seine Desperation dauerte bis zum Friedensschlusse. Er war der Erste, der auf die Nachricht von der Beendigung des Krieges nach dem befreiten Paris eilte, mit der entschiedenen Absicht, Pompeja zu tödten. Daselbst angelangt, verfiel er aber aus der Verzweiflung mit einem Male wieder in die Ekstase der Vaterfreuden. Er schrieb von Paris aus an seinen Vater, Pompeja sei dennoch ein Engel! Er lasse eben heute seinen Erstgebornen taufen, und zwar dem Großvater zu Ehren auf den Namen Oktavian. Fürst Oktavian antwortete auf das Schreiben mit dem bekannten Spruche:

»Den Lauf des Schiffes auf der See, den Flug des Vogels in den Lüften, u. s. w., u. s. w. – wer vermöchte sie zu ermessen! Weshalb sollte übrigens der Coeur-König nicht dem Glauben leben dürfen, er sei der wahre Herr und Meister seiner Coeur-Dame, trotzdem er wohl weiß, daß sich in jedem Spiele Karten auch ein Coeur-Unter findet?« (Es war das eine zarte Anspielung auf Pompeja's Kartensilhouetten, um die alle Welt wußte, nur Alienor nicht.)

Leon war also auch in Paris nicht wieder zum Vorschein gekommen.

Nur drei Personen waren es, die von dem eigentlichen Sachverhalte eine Ahnung hatten. Die eine war Prinzessin Raphaela. Die zweite Madame Corysande. Die dritte der Eisenkakadu. Diese drei Menschen suchten indessen niemals einander auf, um ihre Gedanken auszutauschen. Alles was auch sie in Erfahrung brachten, war, daß zugleich mit Leon auch Livia verschwunden sei. Was aus ihnen geworden? das blieb ein unaufgeklärtes Geheimniß.

*


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