Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die dritte Spur.

Selbstverständlich hatte Leon nunmehr nichts Eiligeres zu thun, als direkt nach Wien zu fahren.

Die lokalen Eindrücke äußerten eine wunderbare Wirkung auf sein Gemüth. Vor Kurzem hatte er sich aus dem Paradiese der Aufregungen und Genüsse, aus der Weltstadt an der Seine, unvermittelt in die Waldeinsamkeit der Rézalja versetzt gefunden und nunmehr sah er sich aus der stillen, lautlosen Einöde mit einem Male wieder wie hineingeschneit in eine große Stadt, in der Jedermann sein liebes Bischen eigenen Verstandes verloren hatte und durch Straßen und Gassen lief, um irgendwie das eines Andern wegzukriegen. Niemand wollte von etwas Anderem reden oder hören als vom Kriege. In den Gast- und Kaffeehäusern aßen und tranken die Leute Krieg; auf den Straßen bot man Kriegsnachrichten feil, entsetzliche Zeitungen mit Karrikaturen von Fürsten und Fürstinnen. Ein Gang durch die Stadt war eine unausstehliche Tortur. Auf Schritt und Tritt hören zu müssen: so und so viele tausend Deutsche, so und so viele tausend Franzosen sind gefallen! Das Publikum war trunken von Menschenblut! Leon war nachgerade die ganze Welt verhaßt geworden.

Er hatte in der ungarischen Hofkanzlei zu thun und nahm den Weg dahin durch den Stadtpark, um die Straße zu vermeiden, wo man sich allenthalben durch dichte Menschenknäuel hindurchwinden mußte und Niemand von Anderem zu reden wußte, als von Kanonen und Mitrailleusen.

Leon hatte sich vorgenommen, Niemandem ins Gesicht zu schauen. Selbst nach den Frauen sah er sich nicht um.

Gleichwohl aber zwang ihn plötzlich ein Zufall, seinem Vorsatze asketischer Weltentsagung untreu zu werden. Hart an ihm huschte in großer Eile eine Dame mit einem winzigen Hündchen vorbei. In Wien herrscht die preiswürdige Ordnung, daß Hunde auf der Gasse an Leinen geführt werden müssen. Das ebenerwähnte Schooßhündchen hatte es offenbar nicht so eilig, wie seine Herrin; der kleine Kläffer nahm sich Zeit zu einer Nebenexcursion und dadurch geschah es, daß die Leine gerade vor Leon quer über den Weg gespannt wurde. »Pamina!« erklang die Stimme der Dame. Das Hündchen kam auf den Ruf zwar gehorsam zu seiner Herrin zurückgelaufen, allein um Leon herum, so zwar, daß sich die Leitschnur um des Letzteren Beine legte, so daß er plötzlich gefangen war.

»Ah Madame, das ist ja Bauernfängerei!« sprach Leon und wandte sich nach der Fremden um; kaum hatte er aber trotz des dichten Schleiers die Züge der Dame erkannt, als er hocherfreut ausrief: »Ah – Madame Corysande! La chère Madame Corysande!«

Die Dame war sichtlich in nicht geringe Verlegenheit gerathen und bemühte sich, dieselbe dadurch zu maskiren, daß sie sich angelegentlich mit ihrem Hündchen zu schaffen machte. Der Löwe in Miniatur erschrak jedoch plötzlich vor dem baumlangen Fremden, retirirte hinter seine Herrin, verwickelte auch sie in die Leine und beging allerlei Indiscretionen mit ihrer Toilette. Endlich flüchtete er unter den Jupon seiner Dame, streckte den Kopf hervor und verspürte nun mit einem Male so riesige Courage, daß er Leon wacker anzubellen begann. »Aber Pamina! Pfui Pamina! So sei doch nicht unartig!«

Leon löste endlich die Verwicklung dadurch, daß er niederkauerte und dem kleinen Ungeheuer so lange schmeichelte, bis er es glücklich an sich gelockt hatte. »Ach du herziger kleiner Kerl du! Ei so komm doch her, du putziges Thierchen, du allerliebstes Ungethümchen, komm!« Als er ihn dann schließlich am Felle zu kriegen vermochte, nahm er ihn auf den Arm und hatte sich damit Madame Corysanden ganz und gar botmäßig gemacht; er hielt nunmehr ein Faustpfand in seiner Gewalt. »Ich will den Kleinen tragen und Sie, Madame Corysande, nehmen gefälligst meinen Arm, nicht wahr?«

»Fällt mir nicht ein! Was sollten meine Bekannten von mir denken, die mich sähen?«

»Je nun, sie würden denken, ich sei Ihr Papa. Ach liebe gute Corysande, Sie können gar nicht glauben, wie mich dieses Wiedersehen freut!«

»Doch doch, ich glaube Ihnen. Auch mich freut es ganz außerordentlich. Aber für jetzt habe ich eben einen dringenden Gang; Sie haben, wie ich sehe, ebenfalls Eile; also Gott befohlen.« Damit hätte sie ihr Hündchen gern von Leons Arme gezogen.

»Oh ich habe ganz und gar nichts Dringendes zu thun; ich bin »vagirend«; ich habe mein Ministerium entlassen. Sie sind hier unbekannt. – Ich will Sie überall hingeleiten. Ich will Ihr ›Führer durch die Stadt‹ sein; befehlen Sie über mich.«

»Ich danke recht sehr. Ich habe keine Gänge zu machen. Ich gehe direkt nach Hause.

»Ei, dahin will ich Sie besonders mit vielem Vergnügen begleiten.«

»Ich fühle mich dadurch in der That nicht wenig geehrt, mein Herr, muß aber gleichwohl auch das mit bestem Danke ablehnen. Eine Dame, die allein wohnt, kann keinen Herrenbesuch empfangen.«

In dieser Aeußerung war ein entschiedener Protest gegen jeden weitern Verkehr nicht mehr zu verkennen. Leon blieb stehen und Madame Corysande mußte wohl oder übel dasselbe thun; er hatte ja ihr Hündchen im Arme.

»Liebe Corysande!« sprach er und heftete die bezaubernd schönen Augen, vor deren Blicken sie vergeblich den Schleier dichter um das Gesicht zog, fest auf sie. – »Sie wohnen nicht allein.«

Madame Corysande stampfte mit dem Fuße auf den Boden, was bei ihr immer ein Zeichen war, daß sie einen großen Entschluß gefaßt habe. Sie zog den Schleier ganz vom Gesicht, um den Kampf gleich zu gestalten. »Sie wollen mich beleidigen?«

»Madame Corysande kennt viel zu wohl meine timide Natur, als daß sie voraussetzen sollte, daß ich Derartiges wagen würde.«

»Was wollten Sie also damit sagen? Mit wem wohne ich zusammen?«

»Mit einem anderen Fräulein.« Madame Corysande schüttelte verwundert den Kopf und begann mit der Spitze ihres Sonnenschirmes unverständliche Charaktere in den Sand des Weges zu zeichnen.

»Das geht doch nimmermehr mit rechten Dingen zu!« platzte sie endlich heraus und ließ sich, anstatt weiter zu gehen, auf eine Gartenbank nieder. »Haben Sie sich von der Lenormand die Karten legen lassen? Oder hat Ihnen eine table moving geplaudert? Wer hat Sie auf ihre Spur geleitet?«

»Sie ist also wirklich bei Ihnen!« rief Leon hastig aus und bevor Madame Corysande es zu hindern vermochte, hatte er ihr in höchster Erregung die Hand geküßt.

»Nun ja. – Aber wie haben Sie ihre Spur aufgefunden?«

»O sagen Sie mir: wie geht es ihr? Wie lebt sie? Was thut – was leidet sie?«

»Seien Sie darüber ganz beruhigt. Sie ist wohl und den ganzen Tag über beschäftigt; sie lebt von ihrer Arbeit und – sie klagt nicht.«

»Sie lebt von ihrer Arbeit? Und welcher Art ist diese Arbeit?«

»Auch das kann ich Ihnen sagen. Handarbeit, die sehr anständig bezahlt wird. Sie leidet keine Noth. Sie hat bei mir wohlfeile Unterkunft, – denn selbst die Wohnung mag sie nicht unentgeltlich annehmen. Worin ich ihr gefällig sein kann, ist einzig und allein das, daß ich in der Stadt von Geschäft zu Geschäft gehe, um ihr Arbeit zu suchen.«

»O der Himmel segne Sie dafür, liebe Corysande! Sie wollen mir also nicht erlauben, sie zu sehen?«

»Natürlich nicht, Sie wissen doch, was vorangegangen ist, sie hat es Ihnen ja geschrieben. Auch das dürfte Ihnen nicht unbekannt sein, daß ich von der fürstlichen Familie ein Gnadengehalt beziehe. Wenn man erführe, daß ich dem Flüchtling Zuflucht gewähre, so könnte es leicht geschehen, daß man mir die Rente entzöge. Sie kennen Prinzessin Raphaela's rachsüchtiges Naturell nicht. Verletzter Stolz ist grausamer als der Löwe, der Blut gerochen hat.«

»Liebe gute Corysande, ich bitte Sie recht sehr, traktiren Sie mich doch nicht mit Phrasen aus Lemoutons Grammaire, an die Sie selbst nicht glauben. Sie kennen die Prinzessin ganz gut. Sie wissen ganz wohl, daß sie Alles aufbietet, um das Loos ihres verschwundenen Lieblings erträglicher zu gestalten. Rachsüchtig sind die Engel, wie die Bibel sie schildert; Raphaela aber ist besser als die Engel. Ihretwegen hat sie keinen Grund, sich zu verbergen.«

»Nun denn, ohne Umschweife: es geschieht auch nicht der Engel, sondern der Teufel wegen.«

»Zu welch Letzteren wohl auch ich zu zählen bin?«

»Ganz insbesonders Ihretwegen ist es nothwendig ...«

»Madame Corysande, ich komme in durchaus reeller Absicht.«

»Wohl, wohl! Genau dasselbe haben Sie auch jenen anderen drei Mädchen gesagt, als Sie ihnen den falschen Schnurrbart aus Zea mais havanensis gaben. Unbesorgt, damit wird kein Mann anheben: »Fräulein, ich komme nicht in ernster Absicht; es ist Alles nur zum Scherze!« Und darum bitte ich Sie nun, geben Sie mir meinen Hund wieder. Sehen Sie doch, dort geht eine wunderhübsche Blondine. – Sie verschlingt Sie fast mit den Augen. – Laufen Sie ihr doch nach.«

»Madame Corysande! Ich bin dermalen eben in einer Stimmung, daß ich den Säugling in der Wiege nicht verschone, wenn Sie mich böse machen! Wenn Sie mir nicht sagen, wo Sie wohnen, und mir nicht gestatten, hinzukommen, so kriege ich Ihre Pamina am Pelze und werfe sie in die Donau!«

»Ach gehen Sie doch! Sie sind und bleiben ein Narr; Ihr Leben lang! Selbst in den feierlichsten Momenten vermögen Sie Ihren Uebermuth nicht zu zügeln. Lassen Sie den Hund los, sonst weine ich.«

»Nun denn, vernünftig gesprochen: darf ich an Livia schreiben?«

»Aber zu welchem Zwecke wollen Sie sie denn wissen lassen, daß Sie hier sind?«

»Ich wiederhole Ihnen: in der ernsthaftesten Absicht von der Welt. Ich will sie zur Frau nehmen. Bei meiner Ehre.«

»Lieber Leon! Wie können Sie doch nur so reden? Sie sind doch ein so verständiger Mann! Bedenken Sie denn gar nicht, was Sie aussprechen? Das ist es ja eben, was zu den Unmöglichkeiten gehört. Der Fürst war Livien ein Wohlthäter gewesen von ihrer zartesten Jugend an, Ihnen aber Ihr einziger, wahrhaftiger Gönner auf Erden. Der Fürst wußte kein Wort, er hatte nicht einmal eine Ahnung davon, daß Ihr einander liebtet. Er hielt dafür: Livia sei ein Kind, ihre Seele sei von keinem Ideal erfüllt. Es war edel und hochherzig von ihm, dem verlassenen, verwaisten Kinde seine Hand anzubieten. Wäre Livia eine gemeine Seele gewesen, als welche die Männer sich uns Frauen so gerne vorzustellen pflegen, so würde sie sich gesagt haben: Sei's darum. Der kranke Mann lebt ohnehin nicht mehr lange, dann kehrt die junge Wittwe reich zu ihrem alten Ideal zurück. Oder wäre sie ein Weib noch mehr nach Eurem Geschmack, so hätte sie sich selbst diese Schranke nicht ziehen müssen, – man kann ja den Gatten auch bei seinen Lebzeiten betrügen. Das müssen Sie wohl am besten wissen, – Sie that aber nicht so. Sie verließ das Haus des Fürsten, wo sie die hohe Stellung der Frau und Gebieterin hätte einnehmen sollen. Und dieses Mädchen glauben Sie nun bereden zu können, wenn Sie ihm sagen: Komm' Liebchen, wir wollen uns trauen lassen und dann Arm in Arm vor unsern Wohlthäter hintreten und ihm sagen, daß wir Komödie gespielt haben mit seiner ehrwürdigen Erscheinung, daß wir hinter seinem Rücken eine Intrigue gesponnen, daß wir ihn zum Gelächter seiner Verwandtschaft werden ließen, deren Wohlmeinung er sich erbat, bevor er noch Livia's Herzensmeinung erkundet hatte, und ihm dann erst zu verstehen gaben, daß dieses Herz nicht mehr frei sei! Wären Sie denn im Stande, mit Livia als Ihrer Gattin am Arme dem Fürsten vor die Augen zu treten? – Nein, nein, mein Herr; Sie können Livien nicht heirathen, so lange der Fürst lebt!«

»Das ist ja aber ein ganz ungeheuerlicher Gedanke; das heißt ja eine Lage als bestehend annehmen, in welcher ich in die Versuchung gerathen müßte, um den Tod meines Wohlthäters zu beten!«

»Sie werden das nicht thun, sondern Sie werden sich in Geduld fassen. Denken Sie sich, Sie hätten irgend ein großes Verbrechen begangen und wären nun dafür zu so und so viel Jahren Gefängniß verurtheilt. Und Sie haben in der That auch eine schwere Sünde begangen und dafür diese Strafe verdient. Das Komödienspielen war Ihre Sünde: Sie haben wahre Liebe derart verhehlt, durch absichtlich zur Schau getragenen Flattersinn derart maskirt, daß Sie damit alle Welt täuschten. Hätten Sie den Fürsten nur durch ein einziges, hingeworfenes Wort Ihre Liebe ahnen lassen, – oder hätten Sie ihm, der Vaterstelle an Ihnen vertrat, geradezu offen bekannt, daß Sie Livien lieben, daß Sie sich mit ihr verlobt haben, – hätten Sie ihr auch nur eine einzige geschriebene Zeile in die Hand gegeben, deren sie sich vor Raphaela im Vertrauen und in Ehren hätte rühmen können, – die Lage würde sich nimmermehr so desperat gestaltet haben.«

Leon schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »O diese Soirée! diese Soirée!« (Er gedachte jener Nacht, die er damals in Baden zugebracht hatte. Damals war er eben daran gewesen, an Livien zu schreiben und seinen Gefühlen für sie offen und unumwunden Ausdruck zu geben. Und anstatt dessen – was hatte er gethan?! Hier war der Punkt, an dem er sein ganzes Leben verfehlt hatte.)

»Daß die Dinge so und nicht anders gekommen sind, daran ist einzig und allein die Rolle schuld, die Sie sich selber gewählt haben. Ich anerkenne, daß Ihre Handlungsweise eine kluge, mit überaus feinem Takte berechnete war. Es gereicht einem jungen Manne, der seinen Weg in der Welt machen, und zwar rasch machen will, der sich ein hohes Ziel vorgesetzt hat, nicht zum Vortheile, wenn er merken läßt, daß sein Herz bereits gebunden sei, vollends in dem Falle nicht, wenn er es mit einem armen, unbedeutenden Mädchen getauscht hat. Selbst eine Gattin ist dem emporstrebenden Manne bei weitem nicht so hinderlich, als eine anerkannte Verlobte. Ich begreife und billige es sonach, daß Ihr Eure Liebe geheim hieltet. Nunmehr müssen Sie aber Ihre Rolle auch durchführen. Sie müssen auch fernerhin geheim halten, daß Sie lieben, um höher und höher zu steigen, bis Sie endlich so hoch stehen, daß Sie weiter nichts mehr zu verbergen brauchen.«

»Liebe Madame Corysande, ich steige nimmermehr. Ich bin herabgestürzt, ich habe das Ende meiner Laufbahn erreicht. Ich habe fortan nichts mehr zu schaffen mit Fürsten und mit Staatsmännern. Ich bin eine ausgepreßte Citrone. Experimentum in anima vili. Ich habe fürder keinen Wunsch und keine Ambition mehr, und auch keine Aussicht. Wenn ich mich darum bewerben wollte, könnte ich mir allenfalls so ganz insgeheim ein bescheidenes Jahresgehalt aus dem verschwiegenen Dispositionsfonds als Schmerzensgeld erwirken. Wie sehr ich aber die Absicht habe, etwas Derartiges anzustreben, das mögen Sie daraus ermessen, daß ich St. Helena, mein letztes Besitzthum, verkauft habe, um aus dem Erlöse den großen Herren jene Summe zurückerstatten zu können, welche sie mir, als ich noch Diplomat war, zur Durchführung einer Aufgabe anvertraut haben, die ich nicht zu Ende führen konnte, weil mich höhere Pflichten abriefen. Ich habe von Niemandem was zu erwarten, bin aber auch Niemandem irgend etwas schuldig. Ich bin todt ganz und gar und für alle Welt, so vollständig, als nur immer ein verfehltes Leben mit dem Bischen Sterben abgeschlossen werden kann; aber ich bin auch entschlossen, das Leben von Neuem zu beginnen, mich von Neuem zu schaffen. Ich habe ihr nicht Ruhm, nicht Wohlleben, – ich habe ihr nur Mühen und Entbehrung zu bieten.«

»Sie sind ein furchtbarer Verführer! Sie wissen ganz wohl, daß Sie sie mit allen Herrlichkeiten der Welt nimmermehr hervorzulocken vermöchten aus ihrem Verstecke, daß sie aber sofort die Ihrige ist, sobald Sie ihr sagen: ›Sieh', ich habe Dir nichts weiter zu bieten, als ein Stückchen trocken Brod.‹ Gut denn, ich will ihr gleichwohl diese Ihre Botschaft überbringen. – Ich will ihr auch nicht widerrathen, daß sie Ihnen Bescheid gebe. – Aber um Eines will ich Sie bitten: ich brauche Ihnen diesfalls nicht erst Ihr Ehrenwort abzunehmen, ich darf mich wohl ganz und gar auf Ihre Einsicht verlassen. Es ist Ihnen gelungen, Livia's Spur aufzufinden, so sehr sie sich auch Mühe gab, dieselbe aller Welt zu verbergen. Sie konnte eben vor aller Welt verborgen bleiben, nur vor Ihnen nicht. Das ist weiter kein Wunder. Und auch dazu würden Sie nunmehr weiter keine Zauberei nöthig haben, meine Wohnung ausfindig zu machen und so bis an ihr Versteck zu dringen. Allein, bedenken Sie wohl, daß Sie damit nichts weiter erreicht hätten, als daß Sie das arme Kind auch noch aus diesem ihrem letzten bescheidenen Asyle verscheuchen, es hinaustreiben würden in die unwirthliche Welt. – So grausam kann doch selbst die Liebe nicht sein!«

»Ich verspreche Ihnen, daß ich sie nicht aufsuchen will.«

»Dafür will ich Ihnen wieder versprechen, jede Woche an diesem Tage und zu dieser Stunde hierher zu kommen und hier auf dieser Bank zu warten. Wenn Sie dann auch kommen wollen, will ich Ihnen Nachricht geben von Livia. Pamina komm'!«

Damit ließ sie Leon allein.

*


 << zurück weiter >>