Ferdinand Gregorovius
Gedichte
Ferdinand Gregorovius

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Vôcero
auf den Tod des Giovanni von Vescovato.

(Eine Frau singt:)
          Bin ein Vogel aus dem Busch,
Schlimme Mähre komm' ich sagen;
Steiget schnell herab zur Kammer,
Müsset schnell den Tisch aufschlagen.
(Santia des Verstorbenen Weib singt:)
Aufgeschlagen ist die Tola
Für fünfhundert Speisegäste;
Herr Juvanni läßt euch bitten,
Daß ihr alle kommt zum Feste.

Eine Tafel also kostbar,
Froh die Gäste und unverdrossen –
O Juvà, Juvà, was hast du
Mir ein solches Leid beschlossen,
Einen Pfeil mir in die Seele
Mitten durch das Herz geschossen!

Nein! nach oben laßt uns gehen,
Dies ist ja das Fremdenzimmer,
Und du weißt es wol, Juvanni,
Hier verweilet sind wir nimmer.
Wie ist doch dein Haus gefallen,
Hingesunken so in Trümmer!

Ach! daß du kein Wort sollst sagen,
Wer Juvà hat's dich geheißen?
Aus dem Leibe will mein Herz ich
Mir mit allen Wurzeln reißen,
Weil du solche Jammertage
Hinzuleben mich geheißen.

Nimm den Ring zurück von Demant,
Den du mir zum Pfand gegeben.
Weißt du nicht, daß ich dein Weib bin,
Du mit mir als Mann sollst leben?
Ach! du warst wie Nebelwolken,
Die in blauer Luft verschweben.

Willst im Dorf du nicht mehr wohnen,
Kannst du nach Bastia gehen,
Und dort wird an deiner Seite
Deine Annunziata stehen,
Denn vielleicht bist du mir böse,
Willst dein Weib nicht gerne sehen.

Wo sind Felix und Lilina,
Unsre Kinder hingetragen?
Will das Herz in meinem Leibe
Mit der eignen Hand zerschlagen,
Wenn es wahr ist, was die Leute
In dem Dorfe von dir sagen.

(Eine Frau von Venzolasca fällt ein:)
Gebt zufrieden euch, Signora,
Herrn Juvà Ade zu sagen,
Und das Volk von Vescovato
Wird ihn ewiglich beklagen.
Wollen ihn nach Venzolasca
Heute früh hinübertragen.
(Santia nimmt den Gesang auf:)
Doch ich glaube Vescovato
Läßt ihn nicht von dannen tragen.
Ach! drei Dörfer sind gekommen,
Daß sie dich zur Gruft geleiten;
Ach! Juvà, willst du nicht sehen,
Wie sie Stricke um dich breiten?

O ihr Herren von Venzolasca,
O ihr Sieger nun, ihr großen,
Habt genommen mir Juvanni,
Mich in Einsamkeit gestoßen.

Abthun will ich meinen Schleier,
Will in der Faldetta wandern,
Und so will ich weiter gehen,
Wie die Armen gehn, die andern.


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