Ferdinand Gregorovius
Gedichte
Ferdinand Gregorovius

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Vôcero
der Maria Felice von Calacuccia auf den Tod des Bruders.

(Dialekt von Niolo.)
(Die Schwester singt:)
            Als ich spann an meiner Spindel,
Hört' ich einen Donner erschallen,
War's ein Schuß aus einer Flinte.
Thät durchs Herz mir wiederhallen,
War mir's doch, als ob er sagte:
Lauf', dein Bruder ist gefallen.

Auf die Kammer bin ich gesprungen,
An das Fenster, das stand offen.
Hab' im Herzen den Schuß empfangen,
Schrie: er fiel zu Tod getroffen.
Starb ich da nicht auf der Stelle,
War es um ein einziges Hoffen.

Will mir kaufen eine Pistole,
Will in Hosen mich verkleiden,
Zeigen will ich nun dein Bluthemd.
Weil mir doch zu diesen Leiden
Niemand blieb, der seinen Bart sich
Nach der Rache könnte schneiden.

Sprich, wen willst du dir erwählen,
Deine Vendetta zu ererben?
Deine Mutter? Die liegt am Tode;
Schwester Mari? Die will sie erwerben.
Läge Lariu nicht im Grabe,
Würd' er ohne Blut nicht sterben.

Dir ist blieben vom großen Stamme
Eine einzige Schwester nur Eine,
Ohne Vettern leiblichen Blutes,
Eine Waise, Arme und Kleine.
Aber deine Vendetta zu nehmen,
Sei ruhig, genügt auch die Eine.


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