Ferdinand Gregorovius
Gedichte
Ferdinand Gregorovius

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Auf einen Teppich.

                Deinen Teppich will ich loben,
Freundin, kluge Schirasmädchen
Haben wie mit Purpurfädchen
Schöneres Gewirk gewoben.

Nicht aus Silber hier und Golde
Hast du Rätsel drein gewunden,
Noch nach Perserart verbunden
Vogel, Thier und Blumendolde.

Nein des strengen Nordens Sohne
Ziemt der Schmuck vom deutschen Baume;
Schön entfaltet sich am Saume
Eine Eichenblätterkrone.

Hingebreitet meiner Sole
Liegt aus heimischem Reviere
Nicht das Fell vom Pantherthiere,
Nein, des Wolfs vom rauhen Pole.

Ruh' ich drauf mit stolzen Füßen,
Seh' ich plötzlich Forste dunkeln,
Und des Wolfes Augen funkeln,
Wintermärchen mich umsprießen.

Stürme hör' ich mächtig sausen,
Und den Fichtenwald erklirren,
Um die Haide Raben schwirren,
Und die Ströme talwärts brausen.

O wie groß dann, wie erschein' ich,
Tief vermummt im Wolfpelzkragen,
Auf mein Ahnenschloß zu jagen,
Durch den Wald im Schlitten mein' ich.

So wie Hussein, Freundin, wahrlich
Jener fabelhaft Beglückte,
Durch die Luft im Nu entrückte,
Auf dem Zauberteppich fahr' ich.

Und noch eh' du's wirst gewahren,
Bei des Wintermondes Schimmer
Komm' ich lachend in dein Zimmer
Als ein Prinz hereingefahren.

Rom, 20. Sept. 1865.

 << zurück weiter >>